Review

Fast 20 Jahre nach Teil 1 inszeniert Helge Schneider mit „00Schneider
- Im Wendekreis der Eidechse" erstmals eine Fortsetzung. Nicht nur deshalb
bleibt dieser Film, trotz der typisch-absurden Ausschweifungen, Schneiders
zugänglichster Film. Diese pendeln zwischen albernen Kalauern, gelungenen
Alltagsbeobachtungen und parodistischen Elementen. Die chaotische Handlung bezieht ihre Spannung auch daraus, dass der Zuschauer nie sicher sein kann, was als nächstes passieren wird. Dass sich trotzdem einige Längen einstellen, spricht nicht gerade für die Qualität des Films, darüber trösten aber einige tolle Einfälle sowie das liebevolle Setdesign größtenteils hinweg.

Polizeilegende Roy Schneider (Helge Schneider) ist mit seinen Memoiren beschäftigt als eine Verbrechenswelle sein Revier Mülheim an der Ruhr erschüttert. Ein Sexferkel treibt sein Unwesen, wird aber umgehend von
Schneider gestellt. Als ein Tabakladen überfallen und ein Huhn entführt wird,
gerät schnell der Superverbrecher Jean-Claude Pillermann (Rocko Schamoni) ins Visier des erfahrenen Kommissars. Während Schneider die Schlinge um Pillermann im enger zieht, entgeht ihm allerdings ein Verbrechen in seinen eigenen vier Wänden.

„00Schneider - Im Wendekreis der Eidechse" steht mit seinen
Zufallshandlungen und all den gewollten Inkonsistenzen nach wie vor der
Tradition des Antiplot-Films, der seit „Ein andalusicher Hund" (1929) einen
festen Platz in der Kinolandschaft hat. Antiplot-Kino eint das vornehmliche
Interesse, etablierte Erzählkonventionen auf den Kopf zu stellen und damit
seine Zuschauer wahlweise zum Rätseln (Jarmusch), Gruseln (Lynch), zum
Nachdenken (Dali), oder zum Lachen (Dupieux, Zucker) zu bringen. Dabei orientiert sich Schneider allerdings stärker als jemals zuvor an den parodistischen Vertretern dieser Filmgattungen (z.B. „Die nackte Kanone", „Der Wixxer", „Austin Powers", „Tote tragen eine Karos"), denn am klassischen Nonplot-Kino („Inland Empire", „Limits of control"). Dies führt zu mal mehr, mal weniger witzigen Szenen, in denen er bekannte Cop-Krimi-Klischees in einen grotesken Zusammenhang stellt („Make my day"). In manchen Szenen ist das einfach nur platt und unlustig (Running-Gag mit dem Koffer, Endkampf). In seinen besten Momenten werden zahlreiche Handlungselemente oder Gags vorbereitet, deren Auflösung oder Pointe Schneider dann konsequent verweigert und die Handlung stattdessen ins Nirgendwo abdriften lässt. Diese Kluft zwischen Erwartungshaltung und Auflösung führt zu einigen
haarsträubend komischen Situationen, in denen der Kommissar beispielsweise mit seiner internationalen Polizeitruppe einen Kiosküberfall nur scheinbar für eigene Zwecke ausnutzt... und der extra postierte Wachposten ist die Stufen aufs Dach des Nachbarsgebäude auch umsonst gegangen.

Absurde Nebenhandlung, ziellose Szenen, Männer in Frauenfummel und sinnfreien Klamauk durchziehen natürlich auch Helge Schneiders neusten Streich, in dem er wie gewohnt die Hauptrolle, Nebenrolle(n), Drehbuch,
Regie und die musikalische Begleitung in Personalunion übernimmt, um maximale künstlerische Kontrolle zu haben. Gleichwohl ist „00 Schneider - Im Wendekreis der Eidechse" in mehrfacher Hinsicht Schneiders zugänglichster,
konventionellster Film geworden. Nicht nur folgt er der Fortsetzungslogik aktueller Hollywoodproduktionen, „Im Wendekreis der Eidechse" ist sogar als Prequel konzipiert, sieht man doch einige Male eine Art jungen Nihil Baxters durch Bild rennen. Des Weiteren ist mehr als in den Vorgängerfilmen so etwas wie ein ernsthaftes Bemühen einer Genrehommage zu erkennen. Helge Schneider streut so in regelmäßigen Abständen Zitate, Gesten und Plot-Elemente ein, die dem Zuschauer zumindest halbwegs vertraut sind. Für einen Künstler, dessen wesentliche Grundlage seiner Arbeit die Kunst der Improvisation ist, scheint das Medium „Film auf den ersten Blick denkbar unangemessen. Zu planerisch, reglementiert und unspontan muss es  die Talente von Helge Schneider zwangsläufig einengen. Dieses Grunddilemma kann zwar auch in seiner mittlerweile fünften Regiearbeit nicht gänzlich auflösen, konzentriert sich aber stärker als sonst auf die Stärken, die ihm das Medium eröffnet. Er entwirft über die Ausstattung ungleich stilbewusster als in den Vorgänger ein heimeliges Retro -Paralleluniversum und bindet den Zuschauer so in seine absurde Helge-Schneider-Welt ein, die quasi nebenbei die goldene Ära der 60er- und 70er-Jahre-Cop-Filme zitiert. Nicht nur den Namen seiner Titelfigur versteht Schneider als Hommage an andere Filmcharaktere. In willkürlichen Wechseln verleiht er seinem 00Schneider, egomanische, intelligente, sentimentale, nostalgische und brutale Facetten. Sein Kommissar wirkt gewissermaßen wie das verhaltensgestörte Kind von Columbo und Schimanski.

Wer dieser Art von Humor etwas abgewinnen kann und nicht
notwendigerweise eine durchgehende Geschichte für einen gelungenen Filmgenuss benötigt, kann „00Schneider - Im Wendekreis der Eidechse" durchaus sichten. Der Humor pendelt dabei aber recht
unentschlossen zwischen Parodie, absurden Szenen und Kindergeburtstag.

Daran werde ich mich erinnern: 00Schneider konfisziert Zigaretten.

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