Anno 1982 hatte John Carpenter mit seiner Version von „Das Ding aus einer anderen Welt“ noch bewiesen, dass Remakes (bzw. Neuverfilmungen einer Buchvorlage) dem Vorgänger neue Facetten abgewinnen und ihn sogar verbessern können. Mit seiner 1995er Variante von „Das Dorf der Verdammten“ konnte er allerdings keinen derartigen Coup landen.
In der modernen US-Neuauflage werden Handlungsort und -zeit geändert, vom Großbritannien des Jahres 1960 geht es ins Amerika der Gegenwart, genauer gesagt ins Kleinstädtchen Midwich an der kalifornischen Küste. Man sieht diversen Figuren beim Tagewerk zu: Der Arzt Alan Chaffee (Christopher Reeve) wünscht seiner Frau, der Maklerin Barbara (Karen Kahn), einen schönen Tag, Jill McGowan (Linda Kozlowski) ist nervös, weil sie zur Schulleiterin befördert wurde, wird aber von ihrem Mann Frank (Michael Paré) aufgebaut, während Reverend George (Mark Hamill) die Leute zum Gemeindefest begrüßt. Ein Panoptikum typischer Kleinstadtfiguren, das von einem Moment auf den anderen in eine Ohnmacht fällt, die im Raum Midwich Mensch und Tier befällt.
Das Ganze ist lokal, betrifft aber jeden, der die Stadtgrenze überquert, wie das herbeigerufene Militär unter der Leitung der Wissenschaftlerin Dr. Susan Verner (Kirstie Alley) feststellt. Mit den Hazmat-Anzügen und der Suche nach biologischen oder chemischen Ursachen springt die Angst vor Seuchen und Viren in den 1990ern ins Auge (im gleichen Jahr wie „Das Dorf der Verdammten“ erschien auch „Outbreak“). Doch keine gängige Erklärung greift, zumal alle einige Stunden nach dem Blackout ohne erkennbare Schäden aufwachen – also zumindest jene, die währenddessen nicht gerade Auto fuhren oder am Grill standen, was Carpenter für einige Schock- und Spektakelszenen im Zusammenhang mit der Ohnmacht nutzt.
Zehn Frauen sind nach dem Vorfall jedoch aus ungeklärten Gründen schwanger, darunter auch die jungfräuliche Melanie Roberts (Meredith Salenger). Unter Beobachtung der Regierung werden die Kinder geboren (minus eine Totgeburt) und wachsen in Midwich auf, doch schon im Kindesalter zeigen sie übersinnliche Fähigkeiten des Gedankenlesens und der Willensbeeinflussung…
Dass der eigene Nachwuchs des Teufels oder außerirdischer Natur sein könnte, gehört zu den Standardtopoi des Horrorgenres. „Das Dorf der Verdammten“ von 1960 setzte da noch Maßstäbe, „Das Dorf der Verdammten“ von 1995 beschreitet ausgetretene Pfade. Er ist auch weniger ein John-Carpenter-Film, mehr eine Auftragsarbeit, auch wenn der Film zumindest ansatzweise das Carpenter-Trademark der kleinen Gruppe an einem mehr oder minder abgezirkelten Ort bedient. Und Carpenter inszeniert „Das Dorf der Verdammten“ auch mehr als solide, gerade wenn die Horrorgemeinde mit Schock- und Todesszenen bedient wird: Eine Mutter wird für das Anrichten von zu heißem Essen damit bestraft, dass das Kind sie dazu zwingt die Hand in kochendes Wasser zu stecken, eine Figur muss sich entleiben, indem sie eine Autopsie an sich selbst vornimmt, und wenn die Kiddies herbeigeeilte Polizisten und Soldaten aufeinander ballern lassen, dann ist zwischendurch für oberflächliche Schauwerte gesorgt.
Das Drehbuch von David Himmelstein ist da leider nicht auf der Höhe, denn „Das Dorf der Verdammten“ zerfällt in eine Ansammlung von Episoden rund um die Handvoll blasser Charaktere. Gerade einmal Alan und Jill gewinnen im Ansatz so etwas wie ein Profil, während der Rest der Belegschaft meist auf seinen Beruf und/oder eine Charaktereigenschaft heruntergebrochen wird. In kleinen Vignetten müssen diese Pappkameraden dann im Fünf-bis-zehn-Minuten-Rhythmus dran glauben, was manchmal immerhin für Schauwerte sorgt, aber oft nicht besonders vernünftig oder logisch aufgebaut ist. Warum ein versoffener Hausmeister die Kinder trotz bekannten Gefahrenpotentials anranzt und attackiert – kaum erklärbar. Dass der skeptische Pfarrer mit einem Gewehr aus der Ferne auf Kinder-Anführerin Mara (Lindsey Haun) anlegt, um deren Gedankenlesen zu entgehen, ist eigentlich eine schlaue Idee. Doch dies passiert unmotiviert im Anschluss an eine andere Szene, ehe dann noch unmotivierter die anderen Blagen bereitstehen, um den Reverend über den Jordan zu schicken. Manche Figur verstirbt in einer Wegwerfszene oder zwischen zwei Episödchen, weshalb von einer organischen Handlungsentwicklung nicht viel zu merken ist. Und große Empathie kommt für das spärliche charakterisierte Kleinstädterhäuflein dann auch nicht auf.
Da hilft auch die Besetzung mit bekannten Gesichtern aus der zweiten Reihe nicht viel. Michael Paré ist schon bei der Blackout-Szene wieder raus aus dem Film, Mark Hamills Rolle schaut nur sporadisch für ein paar Szenen vorbei. Kirstie Alley als kettenrauchende, toughe Wissenschaftlerin ist solide, wird aber vom Film auch nur sporadisch eingesetzt, während Linda Kozlowski als leidende Mutter des einzigen potentiell reformierbaren Kindes überzeugende Arbeit leistet. Den Löwenanteil trägt aber Christopher Reeve, der als Biedermeier-Lehrer mit gutem Herzen nicht wirklich eine besonders dankbare Rolle hat, aber dessen Drang erst zur Besserung, später zur Auslöschung der Teufelsbälger gut zur Geltung bringt. Die Kinderdarsteller sind überzeugend creepy, wobei in deren Reihen in erster Linie Lindsey Haun und Thomas Dekker etwas herausstechen dürfen.
Die Ursachen des ganzen prä- und postnatalen Budenzaubers werden erst geheim gehalten, gegen Ende dann ohne jede Nachwirkung als außerirdisches Eingreifen enttarnt – aber es hätten genauso gut Dämonen, Teufel oder exzessives Schlagerhören schuld sein können, es würde keinen Unterschied machen. So ist die interessanteste Ebene des Films dann eine, die nur am Rande vorkommt: Der Außenblick durch Regierung und Militär. Die sehen in dem Dorf eine Art riesiges Humanexperiment, während der Zuschauer erfährt, dass es derartige Vorfälle und Orte überall auf der Welt gibt. Dabei bleibt Susan eine ambivalente Figur: Einerseits die klinische beobachtende Wissenschaftlerin, andrerseits durchaus ernsthaft um das Wohlergehen der Einwohner von Midwich besorgt, zumindest dann, als sich die Todesfälle häufen. In diesem Punkt geht Carpenters Version dann etwas weiter als das Original und hätte hier vielleicht auch stärker ansetzen können, um mehr Eigenständigkeit und neue Ideen in diesen Aufguss zu kanalisieren.
So bleibt dann eine versiert inszenierte, aber hakelig geschriebene Neuadaption des Romans von John Wyndham, die mit einigen Spannungspassagen (gerade im starken Finale) und diversen Schauwerten aufwarten kann. Dummerweise wird das Ganze episodisch dargereicht, ohne vernünftigen Flow und ohne irgendwie interessante Figuren, sodass man dem Dezimieren der Protagonisten nach Fahrplan dann doch eher teilnahmslos zuschaut.