Mit der sogar für den Oscar nominierten Low-Budget-Sci-Fi-Produktion „District 9“ hatte sich Neill Blomkamp 2009 einen Namen gemacht und Erwartungen geschürt, an denen sich sein Nachfolgeprojekt „Elysium“ messen lassen musste.
Der kostete dann auch mehr als das Dreifache von „District 9“, schaut in Sachen Schauwerte und Co. dann aber doch nicht wirklich opulenter als Blomkamps Debüt aus. Inhaltlich bewegt man sich ebenfalls auf sehr ähnlichen Pfaden: Das Slum-Los-Angeles der Zukunft von 2154, in dem Held Max De Costa (Matt Damon) als Malocher in einer Roboterfabrik arbeitet, schaut kaum anders aus als die südafrikanischen Sci-Fi-Armenghettos aus „District 9“. Waren dort noch die Aliens die Lebeweisen zweiter Klasse, so hat es in „Elysium“ die Menschheit zwiegespalten: Die meisten schuften auf der Erde und sind teilweise schwerkrank, die oberen Zehntausend leben im Weltallrefugium Elysium unter der Führung von Präsident Patel (Faran Tahir), während Verteidigungsministerin Delacourt (Jodie Foster) ihnen die verarmte Mischpoke mit Hilfe von Söldnern wie Kruger (Sharlto Copley) und Roboterpolizisten vom Leib hält.
Eben diese Robocops schraubt auch Max in einer Fabrik des Rüstungsmagnaten John Carlyle (William Fichtner) zusammen, wo er bei einem Unfall verstrahlt und entlassen wird, da die Folgen ihn in wenigen Tagen dahinraffen werden. Abhilfe könnten nur die Medibänke schaffen, die es in Elysium gibt. Doch wie als Nicht-Begüteter dorthin kommen, nach ganz oben, das ist hier genauso wörtlich zu verstehen wie im ebenfalls begrenzt subtilen „Land of the Dead“, in dem er Kapitalistenoberschurke nebst Gefolgschaft auch ganz oben in einem Hochhaus wohnte.
Also schaut Max beim Widerstand vorbei, die für den zu allem Entschlossenen tatsächlich eine Lösung haben: Einen Exoskelett-Kampfanzug, mit dessen Hilfe er sich gegen Gegner behaupten und die Fähre von Carlyle kapern könnte, der gerade auf Stippvisite auf der Erde ist. Doch Delacourt und ihre Leute sind natürlich erpicht darauf den Widerstand zu stoppen…
„Elysium“ ist als Dystopie über Kapitalismus, Widerstand und Weltenrettung gewöhnliches Futter, erzählt mal wieder die Mär vom tapferen Einzelkämpfer, der tatsächlich den Umschwung bringen kann, der derjenige ist, auf den die Revolutionäre nur gewartet haben. Dagegen stehen die fiesen Kapitalisten, die nicht teilen wollen, und die sadistischen Erfüllungsgehilfen wie Kruger, die Spaß daran haben ihre asozialen Triebe mit staatlicher Legitimation auszuleben. Der Stoff aus dem schon zig andere Science-Fiction-Filme sind, wenig subtil in seinen Parabeln (wenn auch nicht so unsubtil wie etwa „In Time“), aber dafür recht temporeich erzählt. Der Subplot um Max‘ Jugendfreundin und große Liebe Frey (Alice Braga), deren todkrankes Kind noch mal das erhöht, was bei seinem Kampf auf dem Spiel steht, bleibt auch nur ein Subplot, auf allzu großen Kitsch wird verzichtet und die Figuren werden auf knappe, aber präzise Art und Weise gezeichnet.
Das Design mag zwar nur „District 9“ neu auflegen, ist aber immerhin für opulente Bilder verantwortlich, welche die gelb-braunen Töne der tristen Erde mit den satten Farben in Elysium kontrastieren, das so ausschaut wie das Destillat diverser Reisekataloge. Auch für Actionschauwerte ist gesorgt; es rummst nicht übermäßig oft, aber die drei bis vier größeren Actionparts des Films sind gelungen inszeniert, wobei Blomkamps Einsatz von Zeitlupe eigenwillig ist. Doch die Feuergefechte, gerade die bildgewaltigen Shoot-Outs auf der Erde, sind wuchtig inszeniert und schrecken auch vor einigen splattrigen Härten nicht zurück, während der Showdown dann eher Hausmannskost ist.
Doch dann erleidet der Film in den letzten 20 Minuten eine derbe Bruchlandung, wenn Blomkamps nicht innovativer, aber doch recht fetzig umgesetzter Sci-Fi-Actioner zu ziemlichem Kokolores verkommt. *SPOILER* Im achso wertvollen und achso sicheren Elysium können drei einfache Söldner beinahe die Macht übernehmen, von den massenhaft gefertigten Wachrobotern keine Spur. Nachdem sich gerade Söldner und Revoluzzer bekriegt haben und kein Elysianer so richtig weiß, was los ist, dann geht gleich der Präsident selbst mit ein paar Leuten und zwei Robotern los um einen Revoluzzer zu verhaften. Und wenn fürs direkt darauffolgende Happy End mit Massenheilung mehrere Raumschiffe mit zig Medibänken bereitstehen, dann kann man sich das Lachen echt nicht mehr verkneifen. Man kann die Technik transportieren, die Heilung dauert nur Sekunden – warum enthält man sie den Erdmenschen vor und züchtet gefährliche Revoluzzer dadurch heran? *SPOILER ENDE*
Das ist auch insofern schade, dass „Elysium“ nicht nur durchaus kompetent inszeniert, sondern auch gut besetzt ist. Matt Damon ist eine hervorragende Besetzung für den zu Verzweiflungstaten getriebenen Everyman mit Kämpferseele, während Sharlto Copley als herrlich durchgedrehter Bösewicht für Laune in der Bude sorgt. Jodie Fosters Rolle ist überraschend klein, wird aber von ihr mit viel Hingabe gespielt, William Fichtners Auftritte setzen ebenfalls Akzente und Alice Braga ist okay, wird aber mit der eher undankbaren Supportrolle bedacht. Unauffällig dagegen die restliche Besetzung, zu der auch Diego Luna und „Tropa de Elite“-Protagonist Wagner Moura zählen.
Das vollkommene Drehbuchversagen auf der Schlussgeraden von „Elysium“ ist schade, denn bis zum Finale ist der Film wenig innovatives, aber doch recht schickes und temporeiches Sci-Fi-Kino mit überzeugenden Darstellern. Danach ist aber Kopfschütteln angesagt.