Nachdem der bis dato völlig unbekannte südafrikanische Regisseur Neill Blomkamp Kritiker wie Zuschauer mit seiner Science-Fiction-Parabel „District 9" gleichermaßen im Sturm erobert hatte und diese das Siebenfache ihrer Kosten einspielte, war es nur eine Frage der Zeit, bis er für Hollywood mit einem ungleich höheren Budget Ähnliches vollbringen sollte.
115 Millionen Dollar müssen sich allerdings erst wieder amortisieren. Die dafür übliche Taktik der Major-Studios besteht darin, möglichst - vor allem auch international - zugkräftige Stars zu engagieren. So auch hier. Matt Damon und Jodie Foster sollen Blomkamps nicht ganz billiges Hollywood-Debut „Elysium" in die Gewinnzone hieven. Durchaus eine clevere Wahl gelten doch beide als seriöse Darsteller, die sich aber auch in klassischen Mainstreamgenres wie Action und Thriller bestens bewährt haben. Schließlich gehört es zu Blomkamps unbedingten Stärken, ernste, gesellschaftspolitische Themen in rasante Popcornunterhaltung zu verpacken und so für ein möglichst breites Publikum verdaubar zu machen.
Und Blomkamp bleibt seinem Ruf bzw. Stil absolut treu. „Elysium" wirkt in vielen Belangen wie eine direkte Fortsetzung von „District 9". Erneut kleidet er gallige Sozialkritik in ein Action-geladenes Science-Fiction-Gewand. Diesmal geht es um Ausbeutung und Unterdrückung unterprivilegierter Bevölkerungsschichten durch eine sich aufgrund ihres Reichtums und ihrer Macht elitär fühlende und gebärdende Minderheit. Erneut drehte Blomkamp in den schlimmsten Armutsvierteln der Erde (diesmal ersetzen die Außenbezirke Mexico-Citys, u.a. auch die weltweit zweitgrößte Müllhalde die Slums um Johannesburg), um den Kontrast zwischen arm und reich möglichst drastisch zu bebildern. Und wieder geht es um einen in die Ecke gedrängten kleinen Mann, der erbarmungslos gegen das unmenschliche System zurückschlägt.
Und es scheint gar nicht mal so weit hergeholt, wie sich Blomkamp die Welt anno 2154 vorstellt. Die Menschheit ist in zwei Klassen aufgeteilt. Die Masse wohnt nach wie vor auf der weitestgehend zerstörten Erde, ihr trister Alltag ist geprägt von Armut, Dreck, Krankheiten und Perspektivlosigkeit. Eine Minderheit der Superreichen lebt dagegen auf der erdnahen, hochtechnisierten Raumstation „Elysium". Dieses gelobte Land im All hält nicht nur jeden erdenklichen Luxus bereit und bietet die Möglichkeit jede Krankheit binnen Sekunden zu heilen, sondern garantiert auch die lebenslange Exklusivität dieser Vorrechte durch eine lückenlose Abschottung vor der Erdbevölkerung. Sollte es doch einmal gelingen das ausgeklügelte Sicherheitssystem zu umgehen, sorgt die rigorose Verteidigungsministerin (Jodie Foster) dafür, dass der Flug zu Elysium ein äußerst unsanftes Ende findet.
So sehr dieses finstere Szenario als Ganzes noch Zukunftsmusik ist, so sehr lassen sich allerdings bereits Tendenzen und Zustände im Hier und Jetzt erkennen, die ein solche Entwicklung befeuern (könnten). Vor allem in der ersten Filmhälfte spielt Blomkamp geschickt mit diesen Themen und macht seinen anklagenden Standpunkt durch ein auf die Spitze getriebenes Bild einer unschönen neuen Welt mehr als deutlich.
Leider verliert sich diese trefflich auf den Punkt gebrachte Gesellschaftskritik immer mehr in einem konventionellen Actionspektakel in dem noch dazu die zuvor angestoßenen Problemfelder eine allzu simple (Auf-)Lösung finden. Wieder einmal liegt die Rettung der Welt in der Hand eines unfreiwilligen Helden - Matt Damon als muskelbepackter Fließbandarbeiter Max De Costa - , dessen persönlicher Einsatz das ganze System zum Einsturz bringen kann. Blomkamp inszeniert auch diesen Part kompetent und durchaus unterhaltsam, kann aber nicht verhindern, dass man als Zuschauer etwas enttäuscht ob der profanen Auflösung der so intelligent begonnenen Dystopie das Kino verlässt.
„Elysium" ist damit vergleichbar mit thematisch ähnlich angelegten Science Fiction-Filmen jüngerer Provinienz wie „In Time", „Surrogates", "Total Recall" oder „Oblivion" und verdeutlicht die Grundmisere des inzwischen wiedererstarkten Genres. Zwar bemüht man sich durchaus ambitioniert um kritische Kommentare zu aktuellen politischen wie sozialen Missständen, denkt diese im Kontext der Filme aber nicht konsequent zu Ende. Häufig wird dieses Manko durch eine beeindruckende Optik sowie durch das spürbare Andrehen der Actionschraube - insbesondere im Finale - mehr oder weniger geschickt übertüncht.
In den späten Siebziger wie auch in den frühen Achtziger Jahren war man da eindeutig mutiger und konsequenter. Die den aktuellen Zeitgeist prägende Political Correctness hat jedenfalls auch vor dem Science Fiction Genre nicht halt gemacht, zumindest im hoch-budgetierten Mainstream-Bereich. So gesehen sagt „Elysium" weit mehr über die heutige Zeit aus, als dass er einen erhellenden Blick in die Zukunft zu entwerfen vermag. Aber vielleicht war das ohnehin immer schon so.