Nach dem Historiendrama „Anonymus“ meldete sich Roland Emmerich wieder an der krawalligen Blockbusterfront zurück, nach diversen Zerstörungs- und Weltuntergangsepen allerdings eher am klassischen Actionkino orientiert.
Ganz kleine Brötchen backt allerdings auch „White House Down“ nicht, denn das Angriffsziel sind hier immerhin das Weiße Haus, der Präsident und die Führungsriege der USA. James Sawyer (Jamie Foxx) ist unschwer als idealisiertes Spiegelbild Obamas zu erkennen: Ein Familienmensch, der für Frieden eintritt und gerne seine coole Ader im Politzirkus zeigt, wenn er sich extratief über Washington fliegen lässt. „The thing“, wie Special Agent Carol Finnerty (Maggie Gyllenhall) das Flugmanöver bezeichnet. Und natürlich weiß der Air-Jordans-Fan unter den Präsidenten auch, dass es schwer ist etwas zu bewegen, wenn man an die Wiederwahl denken muss. Der Traum des liberalen Amerikaners, den „White House Down“ eher anspricht als den politischen Rechtsausleger.
Doch bevor sich die Terroristen rühren, betritt der potentielle Held der Stunde: Ex-Militär John Cale (Channing Tatum), Bodyguard des Speakers Eli Raphelson (Richard Jenkins), der sich um einen Job als Leibwächter des Präsidenten bewirbt, in Scheidung lebt und seiner Tochter Emily (Joey King) gerne seine Zuneigung beweisen will, obwohl er immer wieder Termine verpasst. Der klassische Cop-Held des Actionkinos, neu ist allerdings das politische Interesse des mit neuen Medien vertrauten Nachwuchses, der sich eher für Politik als für Barbies und Klamotten interessiert und darüber bloggt, wobei Emmerich und Drehbuchautor James Vanderbilt zum Glück nicht den Fehler begehen die Tochterfigur zu nervig-neunmalklug zu zeichnen.
Das Sawyer-verehrende Töchterlein ist natürlich hin und weg, als Daddy sie mit ins Weiße Haus nimmt, wo er das Bewerbungsgespräch hat. Da wird er abgelehnt, nimmt seine Tochter aber mit auf eine Tour durchs Weiße Haus. Als genau in diesem Moment Terroristen das Gebäude einnehmen, kann Cale als einziger entkommen und den Kampf gegen die Besetzer starten…
„Stirb langsam“ im Weißen Haus zum Zweiten. Antoine Fuquas „Olympus Has Fallen“ wurde früher fertig und sahnte vielleicht deshalb mehr an der US-Kinokasse ab, interessanterweise ähneln sich die Filme in einigen Punkten, während sie sich in anderen unterscheiden. Unterschiedlich ist die politische Ausrichtung, denn wo in „Olympus Has Fallen“ das Böse aus Nordkorea kam und hemmungslos ausgemerzt werden musste, da kommen die Angreifer in „White House Down“ aus dem Inneren, sind rechte Gewalttäter, denen der Präsident zu liberal ist. Emmerichs Film attackiert den militärisch-industriellen Komplex, zeigt kritisches Potential, aber auch Patriotismus. Gedämpfter und weniger aufdringlich als „Olympus Has Fallen“, aber stolz ist der Film auf Ideal-USA unter einem Ideal-Obama, auch wenn daran noch gearbeitet werden muss.
Was beiden Konkurrenzfilmen dagegen gemein ist, ist das 1990er-Jahre-Flair, das Gefühl jener Epoche, in der die „Die Hard“-Klone boomten. Wo „Olympus Has Fallen“ allerdings den brutalen, humorlosen Reißern der Ära nacheifert, da steht „White House Down“ im Zeichen des familienfreundlicheren Eventkinos, das ironisch gebrochen daherkommt. So arbeiten Sawyer und Cale über weite Strecken als Buddy-Duo zusammen, klopfen auch im Kampfgeschehen noch Oneliner und sorgen für komische Einlagen, etwa wenn Sawyer vor dem Abfeuern einer Waffe noch seine Brille aufsetzen muss oder ungelenk mit einem Raketenwerfer hantiert. „White House Down“ nimmt sich kein Stück ernst, was angesichts von so mancher Unglaubwürdigkeit keine schlechte Idee ist, übertreibt es aber gelegentlich mit dem Hang zur Komik und bietet zuviel des Guten, etwa in der Mischung aus Autojagd und Ballerei mit großen Kalibern, die um das Weiße Haus herum stattfindet.
Besagte Actionsequenz kommt zudem etwas sehr überzogen und CGI-lastig daher, was ihren Unterhaltungswert schmälert, während so manche Schießerei (ähnlich wie bei „Olympus Has Fallen“) etwas zu kurz daherkommt – davon hätte man gerne mehr gesehen und weniger klamaukige Autojagd. Gerade die Schusswechsel und Nahkämpfe sind die Szenen, in denen „White House Down“ so richtig punkten kann, etwa bei dem spaßigen Fight auf dem Dach des Weißen Hauses, denn hier in diesen Momenten bietet Emmerich dem Zuschauer schöne klassische Action. Weniger schön dagegen sind die CGI-Animationen, die für einen derart hoch budgetierten Film teilweise sehr unecht aussehen – dem wesentlich weniger teuren „Olympus Has Fallen“ sah man dies eher nach, während man sich bei „White House Down“ an einigen Stellen (Stichwort Delta-Force-Helikopter) fragen muss, ob da nicht mehr drin gewesen wäre. Und obwohl die Action in „White House Down“ trotz des PG-13-Ratings funktioniert, so wäre man über ein R-Rating und größere Härten erfreut gewesen. Etwa wenn Cale einen Fiesling gegen Filmende mit einer Gattling-Gun erschießt, dessen Leichen aber kaum Trefferwunden aufweist, wo eigentlich kaum noch etwas von ihm übrig sein dürfte, da irritiert dies schon etwas.
Ansonsten bietet „White House Down“ kurzweilig-routiniertes Genrekino, das über 130 Minuten erfreulich wenig Längen hat, gleichzeitig aber auch sehr dreist Plotelemente von Vorbildern wie „Stirb langsam“ und „The Rock“ kopiert. Daher ist Emmerichs Knallbonbon passagenweise auch recht vorhersehbar, wobei der Film immerhin dank sympathisch gezeichneter Figuren über die Runden kommt: Cale, der hemdsärmelige Retter mit Familiensinn, Sawyer, der Präsident für alle Fälle, dazu noch eine Horde von Schurken, die allesamt über unterschiedliche, aber nachvollziehbare Motive verfügen. Vor allem Sidekick und Tour-Guide Donnie (Nicolas Wright), der eben nicht nur zur Witzfigur degradiert wird, ist ein gutes Beispiel für das Figureninventar, auf das sich „White House Down“ verlassen kann.
Channing Tatum macht sich dazu als Actionheld, überzeugt in der Rolle des nicht zu perfekten Helden, während Jamie Foxx als Präsi-Buddy geringfügig schwächer agiert. Maggie Gyllenhall hat nur wenige Szenen, in denen sie aber durchaus zu gefallen weiß, während die alten Hasen Richard Jenkins und vor allem James Woods Edelsupport sind. Auch schön sind Jason Clarke, Jimmi Simpson und Kevin Rankin als Fieslinge, die ihre Rollen als Terroristen unterschiedlicher Couleur mit viel Elan spielen. Joey King ist okay, keine neue Hoffnung unter den Kinderdarstellerinnen, aber auch nicht nervig wie manch anderer Kollege im minderjährigen Alter.
Emmerich macht wieder viel kaputt, gibt sich ironisch und hat einige schöne Actionsequenzen in „White House Down“ aufgefahren. Suboptimale CGIs, gelegentliches Abrutschen in ein Zuviel an Komik und die lediglich routinierte Verwendung altbekannter Versatzstücke sind dagegen auf der Negativseite zu nennen. Wie schon der vergleichbare „Olympus Has Fallen“ ein netter Film für die darbenden Fans des klassischen Actionkinos. Der hier hat die besseren Figuren, mehr politische Weitsicht und mehr Selbstironie zu bieten, während die Fuqua-Konkurrenz kompakter, härter und mit der deutlich besseren Erstürmungssequenz daherkam. Beide tun sich nicht viel, ich würde „Olympus Has Fallen“ jedoch knapp den Vorzug geben.