Berdugo, The Executioner, einer der letzten Versuche von Augusto Salvador, an die Großtaten des Philippinischen Actionkinos nur wenige Jahre zuvor anzuknüpfen, mit nicht dem schlechtesten Ansatz und darauffolgend einigen überzeugend guten Versuchen in die richtige Richtung immerhin. Dass das Bemühen nicht gänzlich glückt, liegt am fortgeschrittenen Alter des Regisseurs, der sowieso müder von Jahr zu Jahr werden schien, als auch an der Ära der Herkunft und dem erwählten Projekt selber, dass sich in der Identifikation eine Nummer zu erhöht wählt. Die Inspiration und Meßlatte heißt A Better Tomorrow (1986), was schlichtweg den Vergleich zum Original nur herausfordern und da trotz aller Borstigkeit auch nur verlieren kann:
Der im Auftrag der Geldfälscherbande von Mr. Lopez [ Lito Legaspi ] als Mann für alle Fälle tätige Enrico [ Phillip Salvador ] bekommt neben Freund und Kollegen Jimmy [ Joel Torre ] bei einer Transaktion außerhalb den Neuzugang Brix [ Ricardo Cepeda ] an seine Seite gesetzt. Die Übergabe entpuppt sich als Verrat, Enrico landet für drei Jahre im Gefängnis, während der daheim gebliebene Jimmy bei einem gleichzeitig abgelaufenen Attentat am Bein schwer verletzt und fortan zum Krüppel wird. Auch Enricos Familie greifen die ehemaligen Gangsterkollegen an, nur sein kleiner Bruder Joselito [ Romnick Sarmenta ], ein frisch aus der Polizeiakademie in den Dienst Entlassener kann Schlimmeres verhindern. Bei seiner Rückkehr aus dem Gefängnis findet Enrico auch arg veränderte Verhältnisse vor, seine Freundin Claudia [ Ina Raymundo ] verdient sich mehr schlecht als recht das Geld beim Tanz im schummrigen Bars, während Joselito mit viel Wut und Brutalität die polizeilichen Razzien leidet. Und Brix ist ganz nach oben aufgestiegen.
Zu seiner Zeit der Entstehung, Mitte der Achtziger war auch der Woo bereits mehr als ein Achtungserfolg, ein durchschlagender Klassiker, der ein ganzen Genre mit begründete und unzählige Nachfolger, mehr oder minder direkt in den Fußstapfen, teilweise auch mehrere offizielle und inoffizielle Kopien nach sind zog. An das Vorbild ist nicht zu gelangen, auch wenn es durchaus ähnlich gelungene Heroic Bloodshed Vertreter, nur eben nicht mit diesem Einfluss und der Aura gibt. Autor Humilde 'Meek' Roxas, seit den Siebzigern im Geschäft und mit über 100 Werken in Story und/oder Screenplay seitdem vertreten, tut gut daran, die bekannte Geschichte nicht gänzlich loyal nachzuerzählen, bleibt aber dennoch, vor allem in den Details im Ursprung vertreten. [Siehe auch Willy Milans '92er Dalawa Man Ang Buhay Mo, Pagsasabayin Ko, der gleich die Fortsetzung A Better Tomorrow II mit in einem Abwasch vereint.] So haben einige Figuren etwas andere Funktionen oder bekommen mehr screentime und Einsätze als ihre Schauspielerkollegen aus HK ab, was sich dennoch als bessere Nachbildung äußert und die Vorrede nicht vergessen macht.
Auch hier wird sich im Aufbau in einem nicht ganz lösbaren Dilemma der Verteilung bewegt, am Anfang und am Ende die Action, mittig das Drama, in dem die Schuld und die Sühne geäußert, um Verzeihung gebeten und die Vorwürfe verteilt werden. Die Voraussetzungen dieses Erkennens liegen im Einsehen des Verrates, Der Eine hat seine Freunde und Familie nicht mit Vorsatz, aber mit Fahrlässigkeit in Gefahr gebracht, Der Andere hat aktiv gehandelt und muss nun mit den Folgen rechnen. Konsequenzen haben Beide zu tragen, werden auch hier erst geredet und dann mit den Waffen, zumeist die Pumpgun und das Maschinengewehr agiert.
Die Produktion selber kann und/oder will sich nicht mehr den Gestus noch der früheren Arbeiten Salvadors geben, sondern verharrt nach raschen Start auch merklich auf dem Territorium der Gespräche und der anklagenden bzw. traurigen Blicke. Da die Reihenfolge der Aktionen nicht gänzlich mit dem Woo übereinstimmt, sondern in ihrem Auftreten, so auch der Deutung und dem Rang der Bedeutung durchaus durcheinander und so anders als gewohnt gesetzt sind, ergibt sich der Eindruck einer gewürfelten, etwas grobschlächtigen, im Robusten vereinenden Reproduktion. Bekanntes vermischt sich mit Neuem – das Attentat mit den Pistolen im Blumentopf findet nicht in einem Restaurant statt, sondern im Hotelschwimmbad und dessen Vorhalle. Der Gefängnisaufenthalt ist wesentlich mehr in Augenschein genommen. Die Rolle von Chow Yun-fat wird recht gekürzt und auf die damalige Figur des Ti LUng großteils mit subsumiert etc. – , was eine relativ gekonnte Abweichung vom Schema und mehr als nur das bloße Abhaken bisheriger Erkenntnisse ergibt.
Die seelische Verfassung der Personen bleibt dennoch gleich, was sich leider nachteilig auf den Fluss des Filmes auswirkt, ist das Schauspiel doch etwas steif, die Dialoge vorausgesetzt und die Themen in ihrer treuen Mittäterschaft alles Andere als Neu. Auch ein spezielles Lebensgefühl oder die Setzung an einem anderen Ort und einer anderen Zeit, mit etwaiger frischer Mentalität lässt sich nicht gänzlich als Vorteil heraus empfinden, historische Zusammenhänge sind nicht gegeben und werden auch nicht erweckt. Filmemacher Salvador, der sonst Akzente mit Frage- oder gerne auch mal Ausrufezeichen setzt, bleibt hier in allen Belangen auf dem Weg des Soliden, auch in den Shootouts, die quantitativ schon in Ordnung und zuweilen auch in das Ausufernde oder Explosive gehen, qualitativ weder neue Maßstäbe anlegen noch sonst wie so richtig erwähnenswert, aber natürlich trotzdem dankend angenommen sind.