Craig (Pat Healy) ist ein Durchschnittstyp: Frau, Heim und Kind. Seine plötzliche Entlassung als Automechaniker stürzt seine ohnehin schon krisengebeutelte familiäre Existenz an den Rand des Abgrundes. Mit seinem ehemaligen, auch finanziell belasteten, Schulfreund Vince (Ethan Embry) trifft er sich, noch bevor er die bittere Wahrheit seiner Frau gesteht, in einer Bar auf ein paar Bier. Dort begegnen sie dem stinkreichen Exzentriker Colin (David Koechner). Dieser bietet den beiden verzweifelten Männern Geld für diverse, mehr oder weniger lustige Wetten. Zunächst bleiben diese bei aller Geschmacklosigkeit noch weitgehend harmlos. Doch mit steigendem Einsatz, sinken auch die Hemmungen sich z.B. für 15. 000 Dollar den kleinen Finger abzuhacken. Das Spiel bleibt stets unter der Kontrolle des ständig koksenden Colin, der es sogar schafft, durch seine passive Position (nur bieten nicht zwingen) in mancher Situation mildtätig zu wirken, und seiner apathisch gelangweilten Frau Violet (Sara Paxton). Aus der leichten, immer durch lange Pausen unterbrochenen, aber konstant gebliebenen Freundschaft zwischen Craig und Vince, entwickelt sich mit Fortdauer eine von Neid und Missgunst zerfressene Feindschaft, die sich ganz in der Logik des „Spiels" in bitterer Konsequent entlädt.
Kein Film der letzten Jahre, ausgenommen vielleicht David Cronenberg's Cosmopolis, hat es so gut verstanden, eine so bitterböse wie kluge Auseinandersetzung mit der wirtschaftskriselnden Welt und ihren Opfern, einer durch hemmungslose Gewinnsucht immer mehr unter die Räder kommenden Mittelschicht, zu gestalten. Durch „Demütigungsshows" im Fernsehen schon einmal vorbereitet auf die eigene Selbstveräußerung und -zerfleischung. Die ständige Bedrohung der Existenz als Motor jener uferlosen Demütigungen, die eine gewissenlose Gesellschaft zum Amüsement nutzt, ihr aber auch zur Vergewisserung der stets lauernden Gefahr dient, selbst Opfer dieses Systems zu werden. Wie im Vorbeigehen greift der Film noch das Thema Bildung auf, als die vermeintliche Chance, seiner sozialen Herkunft oder Klasse nach oben zu entfliehen. Als Craig seinen früheren Freund vorhält, alleine wegen seiner mangelnden Schulerfolge immer schon ein Versager (Loser) gewesen zu sein, kontert dieser, dass Craigs angeblich höhere Bildung letztlich doch auch nur dazu geführt hat, sich für etwas Geld selbst zu verstümmeln und seine Ehefrau zu betrügen. Mit sichtlicher Freude an der Dekonstruktion entlarvt Cheap Thrills den Aufstieg durch Bildung als riesige Lüge. Letztlich begegnen sich der ungebildete Taugenichts und der Collegeabsolvent im selben unwürdigen Existenzkampf, der sie so manche Evolutionsstufe hinunterpurzeln lässt. Komisch, tragisch, bitter und bizarr zugleich, wenn Craig gedemütigt, mit verschwollenem Gesicht, gebrochener Nase und gerade seinen eigenen Finger ausgekotzt sich dennoch mit breitem Grinsen als Sieger wähnt, da er erneut ein perfides Spiel gewonnen und ein paar lumpige Scheine verdient hat, die seine bisherige wankende Lebensführung vorerst schützen. Die Würde, dem Sprichwort nach nicht käuflich, ist dennoch weggekauft worden.
Irgendwo zwischen Hostel I und II, The Most Dangerous Game und American Psycho ist E.L. Katz‘ Cheap Thrills eine finstere, unappetitliche, manchmal unangenehme bis verstörende Satire auf unsere moderne, kapitalfixierte Welt und den menschenverachtenden Reality-Fetisch der Unterhaltungsindustrie.