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Nach „Anthony Zimmer“ und den beiden Comicverfilmungen der „Largo Winch“-Reihe blieb Jérome Salle dem Genre des Actionthrillers treu, versuchte sich aber an einer weniger leichten, in Südafrika angesiedelten Variante.
„Zulu“ spielt in Kapstadt und zeigt wie sehr das Land noch unter den Spätfolgen der Apartheid leidet. Ali Sokhela (Forest Whitaker) ist Chef der Mordkommission, musste aber als Kind den Mord an seinem Vater mitansehen und erlitt Gewalt durch die Hände der Unterdrücker. Brian Epkeen (Orlando Bloom) ist zwar weiß, aber ebenfalls von der Apartheid belastet: Sein Vater unterstützte das Regime als Staatsanwalt. Den Regeln des Buddy-Cop-Movies folgend gehen beide Figuren unterschiedlich damit um: Ali präsentiert sich stets als ruhiger Vermittler, Brian hingegen ist nach seiner Scheidung und der daraus resultierenden Trennung von seinem Sohn auf dem selbstzerstörerischen Trip, Sauferei und jede Menge Bettgeschichten inklusive.
Die beiden Cops und Dan Fletcher (Conrad Kemp), der dritte im Bunde, den Genregesetzen zufolge natürlich ein junger Schreibtischhengst, werden zu einem Mordfall gerufen: Eine junge weiße Frau, noch dazu die Tochter eines Sportstars, wurde ermordet aufgefunden. Dass gleichzeitig Dutzende Straßenkinder in den Slums verschwinden, interessiert dagegen kaum jemanden außer Ali – ein weiterer jener vielen eher dezent politischen Momente, in denen „Zulu“ darauf verweist, wie die Zustände in Südafrika aussehen, diese jedoch nie vor seine Copthrillerhandlung schiebt.

Diese lässt das Ermittlertrio darauf stoßen, dass eine neue Wunderdroge im Umlauf ist, welche auch das Mordopfer intus hatte. Doch natürlich ist dies nicht alles und die Hintermänner sind sehr darauf bedacht ihre Geheimnisse zu wahren – auch durch Mord und Totschlag…
In bester Hard-Boiled-Tradition stehen die beide Fälle, der Frauenmord und die verschwundenen Kinder, natürlich miteinander in Verbindung, wie „Zulu“ später klar macht. Leider recht früh wird ein Teil der Gangster gezeigt, was den Ermittlungen leider ein wenig an Spannungs- und Überraschungspotential raubt. Zwar zieht Salles Film immer noch genug Aufregendes auf der Jagd nach neuen Erkenntnissen und kann mit neuen Erkenntnissen bezüglich der Tathintergründe für Plottwists sorgen, zumal der Film sich nur teilweise auf detektivische Pfade begeben will. Stattdessen schildert „Zulu“ Polizeiarbeit vielmehr als harten Überlebenskampf in einer feindlichen Umwelt: Die Oberschicht wünscht im besten Falle selektive Aufklärung von Morden (nämlich die an reichen und/oder weißen Personen) und steckt im schlimmsten Falle dahinter, die Unterschicht misstraut der Polizei und ist oft ebenfalls Teil des kriminellen Sumpfes.

Dementsprechend gibt „Zulu“ sich authentisch, sorgt zumindest im Originalton durch die Sprachwechseln zwischen Englisch und Afrikaans für entsprechendes Flair. Dabei schafft „Zulu“ es die soziale Lage Südafrikas als Milieu sehr gut einzuflechten, über offensichtliche Erkenntnisse wie „Apartheid war schlecht und ist verantwortlich für heutige Klassenunterschiede“, „Armut gebiert Kriminalität“ und „Schwarze Drogengangs kooperieren meist mit korrupten weißen Hintermännern“ kommt Salles Film dann allerdings nicht hinaus. Was nicht unbedingt tragisch ist, da „Zulu“ immerhin so deutlich unterhaltsamer an den Mann bringt als politische Traktatfilme, die mit dem Zeigefinger wedeln. Lustigerweise war diese Komponente dann allerdings dafür verantwortlich, dass „Zulu“ verstärkt auf Festivals und in Programmkinos gezeigt wurde.
Dabei trägt Salles Film überdeutlich das Erbe von „Lethal Weapon“ in sich, bei der Figur des Brian Epkeen drängen sich Martin-Riggs-Vergleiche geradezu auf, wobei der Film in seiner Humorlosigkeit dann eher an amerikanische Cop-Reißer der Marke „Im Jahr des Drachen“ und „Sinners and Saints“ erinnert. In Sachen Budget kann die französisch-südafrikanische Co-Produktion da allerdings nicht mithalten, weshalb die Actionszenen etwas weniger aufwändig als die der US-Konkurrenz sind. Dafür hat „Zulu“ immer noch diverse derbe Shoot-Outs, kleinere Verfolgungsjagden und ruppige Nahkampfsituationen zu bieten, deren Härtegrad nicht von schlechten Eltern ist. Denn Leben in Kapstadt ist billig, so auch in den rohen, aber souverän in Szene gesetzten, dynamischen Actionszenen, deren letzte Wüstenverfolgungsjagd ein nicht alltäglicher Anblick im Genrekino ist.

So sind es dann die Detailunterschiede, welche „Zulu“ zumindest etwas von der Konkurrenz abheben. Kapstadt ist eine Abwechslung zu den amerikanischen und europäischen Großstädten, die man aus artverwandten Reißern kennt, wobei Jérome Salle als kompetenter Regisseur für diverse prächtige Bilder, etwa Luftaufnahmen von der Stadt und ihrem Strand, sorgt, die manchmal etwas zu malerisch für den sonst eher harten, desillusionierten Film sind. Denn die Cops haben nicht nur äußere wie innere Verletzungen zu bewältigen, auch in dem äußerlich ruhigen Ali ein Gerechtigkeitssucher, der nach Genugtuung dürstet. Und da sind die Bösewichte auch der richtige Anlass, zumal der Film mit diesen Figuren durchaus effektiv die Emotionen der Zuschauer steuert, wenn diese über die Leichen diverser Frauen und Kinder gehen, um dann am Ende ihre Strafe aus den Läufen gezogener Waffen zu erhalten. Neben dieser Manipulation verzichtet Salles schnörkelloser Reißer nicht auf gewisse Stereotype wie den Rogue Cop Brian Epkeen und einige Unglaubwürdigkeiten (etwa die Schreibtischpolizisten mit den ungeahnten Hackerfertigkeiten), die den Film aber nie zu empfindlich straucheln lassen.
Was auch an den gut aufgelegten Hauptdarstellern liegt. Forest Whitaker ist sowieso eine sichere Bank, hier kann er körperlich wie seelisch versehrtes Apartheidsopfer mit verbissenem Spür- und Gerechtigkeitssinn voll überzeugen. Eine große Überraschung und nicht weniger gut ist die Leistung von Orlando Bloom, der hier überraschend abgewrackt den Kamikaze-Cop gibt, natürlich immer noch als propere Heldenfigur daherkommt, sich aber zumindest von seinem Mädchenschwarmimage wegbewegt mit dieser Rolle. Der Rest vom Fest kommt kaum zum Tragen, macht sich aber gut, gerade die Bösewichte sind schön hassenswert fies und das reicht doch für gute Genreware.

So mag dann „Zulu“ sein Szenario eher als ungewohntes, dezent politisches Hintergrundmilieu für einen generischen Cop-Actionthriller nutzen, hat als solcher aber starke, überraschend harte Actionszenen, eine ansprechende Inszenierung und gut ausgearbeitete Figuren zu bieten. Zwar könnte „Zulu“ einen geschickteren Spannungsaufbau vertragen und die eine oder andere Unglaubwürdigkeit stört, ansonsten Jérome Salles Film aber ein Reißer, wie ihn das aktuelle amerikanische Kino kaum noch liefert.

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