Theodore (Joaquin Phoenix) lebt bereits lange getrennt von seiner Ehefrau (Rooney Mara). Die Scheidung nur noch reine Formsache. Wenn er nicht seiner Tätigkeit nachgeht, dem stellvertretenden Anfertigen persönlicher Briefe für bezahlende Fremde, sitzt er in seiner großzügig eingerichteten Wohnung. Dort müht er sich mit Computerspielen, z.B. um ein grotesk vulgäres Kerlchen, ab. Zwischenmenschliche Bedürfnisse werden mittels Telefonsex notdürftig und etwas bizarr befriedigt. Als er von einem neuen Computerprogramm erfährt, das eine Stimme besitzt und zu „wirklichen" Gefühlen fähig ist, ist es auch schon kurz darauf in seinem Besitz. Der Os1, nicht größer als ein Mobiltelefon, besitzt ein lernendes, sich intuitiv entscheidendes wie emphatisches Betriebssystem. Die Grenzen zwischen menschlich(-keit) und künstlich(-keit) verschmelzen und Fragen nach den Bedingungen von Gefühlen und Leben drängen sich auf. Besonders als sich Theodore und paradoxerweise das (bzw. die) Os1 beginnen ineinander zu verlieben.
Thematisch leider etwas gar glatt. Der eigentlich hochinteressante wie problematische Ausgangspunkt wird abgekürzt, vereinfacht oder in zuckersüße Romantik umgemodelt. Beispielhaft, die Sexszene zwischen Theodore und Os1: Da wo sich die eigentliche Absurdität am deutlichsten zeigen würde, nämlich, dass bei all den schönen Worten doch nur
ein Mann in seinem Bett zu einer körperlosen Stimme masturbiert, blendet Jonze wenig dezent und verlegen ins Schwarze. Das Primat des Egos und das pervertierte und ohne Unterlass geforderte Gebot zur Selbstoptimierung (gerade auch bei der Partnerwahl) unserer Zeit hätte hier nicht treffender zu seiner Personifizierung finden können, als durch einen, in seiner Ikea-Traumwohnung zu einer programmierten Stimme wichsenden Spießer. Es tut dem Film zwar gut, nicht zum x-ten Mal ein kulturpessimistisches Pamphlet abzuhalten, aber wenn inhaltlich daraus kaum mehr wird, als gelbstichige Kuschelmotive mit langen Befindlichkeitsdialogen (bzw. -Monologen) über vereinsamte Großstädter, muss um die entgangenen, sich fast aufdrängenden Möglichkeiten des Filmes schon ein wenig getrauert werden.
Wie schon bei Where the Wild Things Are (2009) verläuft sich Jonze spätestens im letzten Drittel seines Filmes im pathetisch sentimentalen Gefühlsdusel. Da wo er einst einem naiv verspielten Kinderbuchklassiker ein unverhältnismäßig tränenbitteres Ende verschaffte, ringt Jonze sich bei Her unscharf urbane Melancholie ab und wirft dafür eine anfänglich vielversprechende, thematisch anspruchsvolle Umsetzung über Bord. Selbstverständlich bewegt sich Her auf inszenatorisch und schauspielerisch sehr hohem Niveau. Etwa der dezente Spot über die verzweifelten und ungeschickten Versuche gegen das nagende Alleinsein des gepflegten Bohemiens bereichert den Film ungemein. Die dahinter verborgene, bittere Verzweiflung und Sehnsucht nach menschlicher Wärme wird dabei sowohl sanft satirisch wie auch berührend durchleuchtet. Aber spätestens bei den soziokulturellen wie philosophischen Fragen, die hier zwangsläufig berührt werden, macht es sich Jonze viel zu bequem. Trotz der vielen, sich aufdrängenden interessanten wie brisanten Möglichkeiten bewegt sich Her im inhaltlich Seichten und begnügt sich mit hipper Alternativ Musik (Arcade Fire, Karen O), schick ausgeleuchteten Postermotiven und ignoriert damit die Komplexität des Stoffes. Damit unterfordert er nicht nur sein Publikum, sondern auch offenbar sich selbst, wie man an wiederholenden und ermüdenden Handlungsmotiven sehen kann. Her wird einfach dem Gewicht seiner Thematik nicht gerecht. Begegnet existentialistischen wie soziologischen Fragen mit Glückskeksphrasen oder bedeutungsschwangeren Motiven. Das ist alles trotz vieler schöner Momente und einem beispielslos großartigen Joaquin Phoenix schon sehr unbefriedigend.