Open Season - Jagdzeit
Open-Season ist, auch wenn die eigentliche Jagd ein bisschen kurz kommt, ein reinrassiger Manhunt-Film.
Unverständlicherweise ist er nicht sonderlich bekannt und meines Wissens ist er auch derzeit (Sommer 2006) weltweit noch nicht auf DVD veröffentlich worden.
Direkt vorab - der Film ist ein Schlag in den Magen. Ein volles Brett. Weniger durch die dargestellte Gewalt (Goreszenen sind quasi nicht vorhanden) als durch die Art, wie die Opfer in diesem Streifen gequält werden.
Der Film beginnt mit einer Rückblende - mit der Vergewaltigung eines Mädchens durch drei erfolgreiche, junge amerikanische Strahlemänner. Und genau den Erfolg der jungen Männer nimmt der Richter zum Anlass, der Mutter des Mädchens zu erklären, warum eine Anklage niemals Aussicht auf Erfolg hätte.
God bless America - bei diesem Rechtssystem ist das wohl dringend notwendig.
Offensichtlich ein paar Jahre später sind diese drei Herren im Auto unterwegs zu einer Jagdtour. Hier wird dann erst mal in Erinnerungen geschwelgt, wie man zum Beispiel nacheinander in Vietnam eine Frau vergewaltigt hat und die dann noch einer Panzereinheit überlassen hat, die „am liebsten ihre Panzer mit reingeschoben hätte...“ (die gute alte Zeit...Kriege können ja so lustig sein).
An einer Tankstelle entdecken diese Gentlemen dann auch gleich ihre nächsten Opfer - ein junges Pärchen, dass zwecks außerehelicher Paarungsabsichten unterwegs ist. Dieses Paar wird daraufhin in eine einsame Jagdhütte verschleppt und gezwungen, die drei zu bekochen und zu bedienen, während die drei Waffenfetischisten in der Zwischenzeit ihrer Jagdleidenschaft nachgehen.
Nebenbei werden die Opfer auf eine völlig subtile, ekelerregende Art gequält und erniedrigt. Da mir die Manhunt-Thematik aufgrund des Videocovers bekannt war wartet man eigentlich als Zuschauer nur darauf, dass die Menschenjagd endlich losgeht, dann, wie immer in diesen Streifen, der Spieß umgedreht wird, und die drei Ekel dann endlich für ihre Taten bestraft werden.
Nachdem die Frau dann auch noch mal von einem der drei missbraucht wird (wobei es aufgrund der besonderen Opfer-Täter-Beziehung hier m. E. nicht ganz klar ist, ob der Missbrauch nicht doch freiwillig erfolgte - andererseits kann es in so einer Situation wohl auch kein „freiwillig“ geben, Missbrauch bleibt also immer Missbrauch) wird den beiden dann endlich eröffnet, welche Rolle sie in diesem Spiel zu spielen haben.
Ein halbe Stunde Vorsprung...
Das Bild auf dem Videocover (ob das gleiche Bild in den 70ern auch auf dem Kinoplakat abgebildet war entzieht sich meiner Kenntnis, hier könnte man ja mal, wenn es von Interesse ist, entsprechend eruieren) ist m.E. sehr unglücklich gewählt. Es nimmt nämlich das Ende des männlichen Opfers vorweg. Aber auch die Frau wird den Abend nicht mehr erleben, allerdings auch die drei Menschenjäger nicht. Wobei das überraschende Ende des Films und damit die Art, wie bzw. durch wen die drei getötet werden, dann doch etwas weit hergeholt wurde. Zumindest wirft es doch einige Fragen auf, z.B. warum der einsame Rächer nicht eine halbe Stunde eher aufgetaucht ist, dann hätte er bei der Gelegenheit die beiden Opfer noch retten können. Na ja, nicht zu ändern.
Ich halte diesen Film - obwohl ich mir Vergewaltigungs- und Erniedrigungsszenen nicht sonderlich gut ansehen kann - für durchaus empfehlenswert. Er ist, bis auf das Ende, gut strukturiert und spannend in Szene gesetzt und weist keine übermäßigen Längen auf, obwohl bis zum Beginn der eigentlichen Menschenjagd mehr als eine Stunde vergeht. Die Täter spielen ihre Rolle widerlich-überzeugend, einfach klasse. Hierbei ist m.E. besonders Peter Fonda hervorzuheben, dessen Rolle noch einmal durch die o.a. perverse Beziehung zum weiblichen Opfer einen besonderen Tiefgang bezieht.
Der Film könnte, insbesondere im Hinblick auf die frühen 70er, in denen er entstanden ist, ein Statement gegen den Krieg und das, was dieser aus den Menschen macht, sein. Eben durch die Erlebnisse im Vietnamkrieg könnte sich die Verrohung der Täter erklären. Allerdings ist nicht klar erkennbar, ob die erste Vergewaltigung nicht schon vor den Kriegserlebnissen der drei stattfand, da im Gespräch des Richters mit der Mutter dieser immer nur von „Jungen“ spricht.
Letztlich ist es aber egal - selbst eine evtl. Schuld des Krieges und des dafür verantwortlichen Systems macht die drei Herren auch nicht sympathischer. Ein Mitgefühl für die Täter oder sogar Verständnis für ihr Vorgehen kam mir zu keiner Zeit in den Sinn.
Besonders zu erwähnen ist m.E. noch der erstklassige Soundtrack, der perfekt zum Film passt.
Die Cassette von IMV oder Bavaria ist derzeit bei Internetauktionen für 10 - 20 Euro zu haben, Interessierte sollten zuschlagen. Das VHS-Bild des mir vorliegenden IMV-Tapes ist übrigens, im Hinblick auf das Alter der Cassette und des ganzen Films, sehr gut.
Aber wie gesagt, der Film ist schwer verdaulich. Nicht für allzu sensible Zuschauer geeignet.
Die sollten dann beim Manhunt-Thema doch eher auf die leichteren (und bekannteren) van-Damme- und Dudikoff-Movies zurückgreifen.
Insgesamt – dreckig und gut.
8 von 10 Punkten.