Review
von Dan-Gore
Story :
John Doe ist ein englischer Platzhaltername für fiktive oder nicht identifizierte Personen.
In diesem Fall ist John Doe Patient in einem Hospital, der nachdem er aus dem Koma erwacht ist keinerlei Erinnerungen an seine Identität hat.
Der einzige Gegenstand den er in seiner Jackentasche bei sich trug war eine leere Schachtel in der sich wohl einst ein Ring befand.
Aufopferungsvoll und voller Geduld kümmert sich die Krankenschwester die ihm zur Seite gestellt wurde um ihn.
Selbst Polizeibeamten, die Schwester und der verantwortliche Psychologe können keinerlei Information über ihn herausfinden.
Ein vergessener Bleistift mit dem John eine Landschaft auf der Zimmerwand skizziert bringt einen überraschenden Wendepunkt.
Als die Schwester ihn nach der Bedeutung und dem Ort dieser Landschaftsskizze fragt antwortet er in kargen Sätzen.
Nach einem verheerenden Zwischenfall in dem John fast durch seinen Selbstmordversuch gestorben wäre, wird der Krankenschwester der Patient entzogen.
Gemeinsam mit John flieht sie aus dem Krankenhaus, um sich gemeinsam mit ihm auf die Suche nach seiner Vergangeheit und seiner Identität zu machen.
Vergangenheit und Zukunft kollidieren als John in Fragmenten seine Erinnerung zurückerlangt und sich inmitten eines Rachefeldzugs wiederfindet......
Bewertung :
Es gibt Filme die einfach von der Norm abweichen und durch einen bildgewaltigen, innovativen und progressiven Stil zu überzeugen wissen.
Referenzstücke für solche Unikate sind zweifelsohne THE HOLY MOUNTAIN, ERASERHEAD, BEGOTTEN, PI - THE MOVIE, SUBCONCIOUS CRUELTY, VIVA LA MUERTE, ICE FROM THE SUN und TETSUO : THE IRON MAN.
Der hier besprochen BURNING INSIDE reiht sich nahtlos in die Liste der genannten Filme ein und kann bedenkenlos als der ERASERHEAD des neuen Jahrtausend signifiziert werden.
Wäre BURNING INSIDE 35 Jahre vorher entstanden, bin ich mir sicher das er bei den Midnight Movie Fans die sich zu dieser Zeit im Elgin Kino in New York einfanden den selben Kultstatus wie EL TOPO erreicht hätte!
Wie schon in ERASERHEAD oder BEGOTTEN wird auch bei BURNING INSIDE die Dialoglastigkeit zugunsten der transgressiven Bildsprache zur Sekundärität - alleine die perfekt inszenierten Bildkompositionen ins Schwarz/Weiß sind schon im Stande die Geschichte zu erzählen.
Dies bedeutet aber nicht, das die zu erzählende Story allgemein in der Hintergrund gerückt wird und es sich um einen sinnfreien Film handelt.
BURNING INSIDE kann aber auch durchaus auf narrativer Ebene überzeugen und in seinen Bann ziehen.
Präsentiert wird eine persuasive Geschichte um Liebe, Verlust, Realität und Imagination bei der Vergangenheit und Zukunft zur Gegenwart verschmelzen.
Der Betrachter sollte von der ersten Minute an BURNING INSIDE seine volle Aufmerksamkeit schenken, denn auch wenn das Geschehen eher in ruhigen Bildern seinen Lauf nimmt, wäre es unverzeihlich nur ein einziges Frame zu verpassen.
wer sich auf BURNING INSIDE einlässt und sein Umfeld für 2 Stunden ausblenden kann, wird dann aber direkt doppelt entlohnt.
Schon sehr früh entfalten die surrealen Bildkompositionen ihre volle Wirkung und dem Zuschauer offenbart sich ein hypnotischer Albtraum bei dem sich ein unbehagenes Gefühl von selbst einstellt.
Der komplette Film ist voll von abstrakter Komplexität und jede einzelne Einstellung stilisiert sich selbst zu einem Teil eines Puzzles, welches wohl erst nach mehreren Sichtungen komplett zusammengesetzt werden kann.
Dem Auge des Betrachters wird hier schon fast eine exzessive Reizüberflutung an Bildern präsentiert, die bei Freunden konventioneller Filmkost auf wenig Gegenliebe stoßen wird.
Einen Großteil seiner Intensität erlangt BURNING INSIDE vor allem durch die Bilder in S/W, die es ihm erst möglich machen seine Kraft aus den collagenartigen Bilder zu schöpfen.
Trostlose Landschaftsaufnahmen von monochromer, kontrastreicher Schönheit in denen Wiesen wie Schnee erscheinen, treffen auf gedoppelte Bildnisse und Kamerafahrten die seinesgleichen suchen.
Der Zuschauer wird in einen Benommenheitszustand versetzt in dem er nach Atem ringt, ohne dabei aber nur im geringsten vom Plot abgelenkt zu werden.
Wie nasse Ölfarben auf einer Leinwand verlaufen die Aufnahmen eineinander um ein abstraktes, berauschendes Gesamtbild von subversiver Kraft zu schaffen.
Komplettiert wird das Gezeigte durch die Sounds im Film - und ich sage hier bewusst "Sounds", da von Musik nur bedingt gesprochen werden kann.
In BURNING INSIDE kommt nämlich nur zweimal "richtige" Musik, in Form von Franz Schubert'S "Ave Maria" zum Einsatz.
Sonst kommen einzig Soundscapes zum Einsatz, die erneut an David Lynch's ERASERHEAD erinnern.
Industrielles Summen, geloopte Geräusche die man als Magenknurren oder peinvolles Stöhnen identifizieren könnte und einige andere Geräuschmontagen die irgendwo zwischen Ambient und Noise liegen dominieren das Geschehen.
Dies läßt BURNING INSIDE noch viel intensiver in seiner unheilvollen und gespentischen Art wirken.
Wenn man BURNING INSIDE in eine Filmkategorie einordnen muss - was nicht wirklich leicht ist - dann würde der Begriff "Rachethriller" wohl am ehesten zutreffen.
Auch dies ist aber nur bedingt treffend, da Regisseur Nathan Wrann den sonst gängingen Mustern abschwört und sein Film einen Konterpart darstellt.
Wo sonst im "Rachethriller" zügellose, plakative Gewalt zum Einsatz kommt wird der Betrachter hier in den gleichen entleerten Gemütszustand verseztz, in dem sich auch der Hauptprotagonist befindet.
Einen nicht unerheblichen Beitrag zur Intensität von BURNING INSIDE liefern die Protagonisten, die trotz ihrer begrenzten Dialoge eine unglaubliche Präsenz besitzen.
Grade Micheal Wrann (als John Doe) und Kristina Powis (als Krankenschwester) überzeugen vollends, und das fast ausschließlich durch ihre Gestik und Mimik.
Gemein haben beide Charkatere das sie vereinsamt sind und sich erst durch die Zuneigung und die Verantwortung gegenüber dem anderen wieder ein Sinn in deren Leben ergibt.
Alle Beteiligten haben hier eine schier unglaubliche Leistung erbracht und mit einem geschätzen Budget von 10.000 $ mehr erreicht als so mancher mit dem hundertfachen bewerkstelligen könnte!
Es ist kein wirklich einfaches Unterfangen für diesen Film die richtigen Worte zu finden, da er den Betrachter in einen fast kattonischen Zustand der Sprachlosigkeit versetzt!
BURNING INSIDE ist packend, anders, nicht genrekonform und zu keiner Zeit vorhersehbar - ein konstruktiver Beitrag zum progressivem Kino, welcher jegliche Regeln vollkommen über Bord wirft.
10 von 10 Krankenschwestern