Nach seinem Film „Tom Meets Zizou – Kein Sommermärchen“ aus dem Jahre 2011 über den Fußballer Thomas Broich drehte der deutsche Dokumentarfilmer Aljoscha Pause den mit 138 Minuten Laufzeit mehr als abendfüllenden Film „Trainer!“, für den er mehrere deutsche Profi-Fußballtrainer durch die Saison 2012/2023 begleitete. „Trainer!“ hatte zunächst, am 3. Juni 2013, eine TV-Premiere in einer gekürzten Fassung. Erst eine Woche später wurde die vollständige Fassung in Kinos gezeigt.
Im Fokus stehen die beiden damaligen Zweitligatrainer André Schubert (FC St. Pauli) und Stephan Schmidt (SC Paderborn) sowie Drittligatrainer Frank Schmidt (SC Heidenheim), angereichert mit Statements von Kollegen wie Jürgen Klopp, Thomas Schaaf, Hans Meyer, Michael Oenning und Peter Neururer sowie DFB-Fußballlehrer-Ausbildungsleiter Frank Wormuth. Während Frank Schmidt am Ende der Saison den Aufstieg in die zweite Liga knapp verpasst haben wird, verlieren André Schubert und Stephan Schmidt ihre Anstellung im Laufe der Saison. Aljoscha Pause ist in der Kabine und auf dem Platz dabei, fährt Auto mit den Trainern, besucht sie zu Hause und folgt Schubert zu einem Trainer-Vermittler. Derart nah war selten (bis nie) jemand an den Trainern dran, die hier auskunftsfreudig und bemerkenswert offen Rede und Antwort stehen zu Themen wie Mannschaftsaufbau und -führung und dem enormen Erfolgsdruck, der von Medien, Vorständen und natürlich Fans ausgeübt wird. Dadurch wird deutlich, dass bei Weitem nicht jeder für einen solchen Job, bei dem man permanent unter den Augen der Öffentlichkeit agiert und be- bis verurteilt wird, geschaffen ist. Wie es dem Film gelingt, dies zu vermitteln, ist ein dickes Pfund.
Funktionäre der Vereine werden ebenso in den Film einbezogen wie einzelne Spieler. Unter letzten am prägnantesten ist sicherlich der kurdischstämmige Deniz Naki, der vom FC St. Pauli zum SC Paderborn wechselte. Während er an Schubert harsche Kritik übt, reagiert er mit Unverständnis auf Stephan Schmidt Entlassung zwei Spiele vor Saisonende. Dass „Straßenkicker“ Naki redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, ist mindestens genauso erfrischend wie die Dokumentation des scheinbaren Widerspruchs zwischen der durchdachten Kontrolle Frank Schmidts über die Mannschaft und den Emotionsausbrüchen, die er zeigt, sobald er seine Jungs von der Leine lassen und vom Spielfeldrand zugucken muss, wie sie seine Taktik umzusetzen versuchen. Hierfür wurde Schmidt entsprechend verkabelt, sodass man zu hören bekommt, was man sonst höchstens sieht.
Pause selbst verzichtet auf jeglichen Kommentar, er lässt seine Protagonisten und die großartig eingefangenen Bilder für sich sprechen. Was entfällt, sind tiefergehende Einblicke ins Training an sich sowie detailliertere strategische und taktische Überlegungen, die zur täglichen Arbeit eines Trainers gehören. Möglicherweise wollte man sich diesbezüglich dann doch nicht zu tief in die Karten schauen lassen. Hat man sich aber erst einmal auf den Film und sein Erzähltempo eingegroovt und ein Gespür für die porträtierten Trainer entwickelt, gerät „Trainer!“ zu einer ebenso spannenden wie erkenntnisreichen Angelegenheit nicht nur für Fußballfans. Und diese wird aus heutiger Sicht zusätzlich dadurch aufgewertet, dass der Heidenheimer Frank Schmidt mittlerweile seinen Verein nicht nur in die zweite, sondern sogar in die erste Bundesliga geführt hat – ist diese Erfolgsgeschichte doch ein Beweis dafür, dass es sich durchaus lohnen kann, lange an einem Trainer festzuhalten und als Verein verlässliche, klare Strukturen zu entwickeln und bereitzustellen.