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Vier Leute, die Freunde Robert Harper (Massimo Foschi) und Rolf (Ivan Rassimov), sowie der Pilot Charlie (Sheik Razak Shikur) und dessen Freundin Swan (Judy Rosly), überfliegen mit einem kleinen Flugzeug den philippinischen Urwald, wo sie auf einer Landebahn mitten im Dickicht ein anderes Team antreffen wollen. Bei der Landung kommt es allerdings zu einem uneingeplanten Zwischenfall, in Folge dessen das Flugzeug ein Rad verliert und fürs Erste fluguntauglich ist. Noch viel beunruhigender allerdings ist die Tatsache, dass von dem anderen Team weit und breit nichts zu sehen ist und man auf der Landebahn eine primitiv aussehende, blutverschmierte Waffe findet. Harper und die Anderen finden beim vorsichtigen Erkunden des Dschungels außerdem eine übel zugerichtete Leiche einer Frau, die wohl dem verschwundenen Team angehörte. Da das Flugzeug noch nicht repariert ist, müssen sie die darauf folgende Nacht noch an diesem Ort ausharren.

Als Swan in der Nacht austreten muss und den sicheren Flieger verlässt, fällt sie einigen Eingeborenen zum Opfer, die sie in das Dickicht des Dschungels verschleppen. Als Robert, Rolf und Charlie am nächsten Morgen nach ihr Suchen, müssen sie entsetzt feststellen, dass Swan bei lebendigem Leib gefressen wurde. Das ist jedoch nicht die einzige Überraschung, die auf sie wartet, denn Charlie tappt in dem Undurchsichtigen Dschungel in eine Falle und wird an einen Baum genagelt. Nicht nur, dass Robert und Rolf jetzt nicht wissen, wer die Maschine fliegen soll, sie haben sich zudem hoffnungslos im Dschungel verlaufen. Um über einen breiten Fluß zu gelangen, hinter dem sie die Landebahn vermuten, bauen sie ein Floß, das jedoch von der Strömung mitgerissen wird und an einigen scharfkantigen Felsen zerschellt. Rolf wird einen Wasserfall hinuntergezogen, Robert hingegen ist nun völlig auf sich allein gestellt. Kurz darauf tauchen die Eingeborenen wieder auf und entführen Robert in eine gigantische Felsenhöhle, wo er, da die Eingeborenen ihn für einen Vogelmenschen halten, in einen Käfig gesperrt wird und allerlei grausame Riten und Bräuche miterleben muss...



Der "Mondo Cannibale" Reihe kommt der zweifelhafte Ruhm zu Gute, eines der brutalsten Genres überhaupt hervorgerufen zu haben, das Kannibalengenre. Dabei war Umberto Lenzi's Erstling allerdings nicht einmal vordergründig ein primitiver Schocker, wie es später noch "Cannibal Ferox" oder "Lebendig Gefressen" waren, sondern vielmehr ein schöner und imposant fotografierter Abenteuerfilm über den Überlebenskampf eines zivilisierten Mannes in der Wildnis, der zum Schluss erkennen darf, dass die ziviliserte Menschen die wahren Monster sind. Zwar waren auch schon in diesem Werk brutale Szenen und reale Tiermorde zu sehen, doch gerade im direkten Vergleich mit späteren Werken hatte Lenzi's "Mondo Cannibale" noch einen gewissen Anspruch und eine richtige Handlung. 5 Jahre nach dessen Erfolg kam dann Ruggero Deodato die Aufgabe zu, einen weiteren Teil zu drehen und er erfüllte seine Aufgabe mehr als nur souverän.

Deodato, der den meisten nur durch seinen menschenverachtenden und schockierenden "Cannibal Holocaust" ein Begriff ist, schuf hiermit sein persönliches Meisterwerk, an das keine seiner nachfolgenden Arbeiten mehr heranreichen konnte. Weder "Cannibal Holocaust", noch "Cut and Run", der zwar kein Kannibalenfilm war, allerdings auch im Dschungel spielte, hatte die hier gezeigte Klasse. Allerdings darf über diese Aussage sicherlich auch gestritten werden, da es vielen Fans des Kannibalengenres nur um die ausschweifende Gewalt geht und in diesem Fall ist man mit "Cannibal Holocaust", "Cannibal Ferox" und "Lebendig Gefressen" besser bedient. "Mondo Cannibale 2" hingegen wirkt mehr wie ein reinraßiger Abenteuerfilm, als ein brutales Gemetzel und ist deshalb gut mit Sergio Martino's "Die Weiße Göttin der Kannibalen" zu vergleichen.

Natürlich sollte es nicht wundern, dass die Story des Films keinen Oscar verdient, vielmehr wird ein und das selbe wie immer erzählt. Irgendjemand stürzt über dem Dschungel ab oder begibt sich aus anderen Gründen in die Wildnis und bekommt es dann dort mit gefährlichen Eingeborenen zu tun. Nichts Neues also, doch für die limitierten Verhältnisse präsentiert sich "Mondo Cannibale 2" äußerst spannend und sogar abwechslungsreich. Anfangs zeigt der Film noch den Überlebenskampf in der grünen Hölle des Dschungels, um Robert dann das aus unserer Sicht grausame Leben eines primitiven Eingeborenenstammes zu zeigen.

Authentizität ist dadurch garantiert, dass die Filmcrew wirklich komplett im malaysischen Dschungel drehte und zahlreiche Strapazen auf sich nahm. Die Darsteller, Kameraleute und sonstige Mitarbeiter mussten jeden Tag durch die Wildnis stapfen, um zu ihren Drehorten zu gelangen und waren dabei andauernd von der Hitze und Insekten geplagt. Deshalb ist es naheliegend, dass die Anstrengung auf den Gesichtern der Schauspieler keineswegs gespielt, sondern der wahre Ausdruck ihres Gefühlszustandes ist. Doch das war noch nicht alles, Deodato brachte es sogar zustande, mit einem wirklichen Eingeborenenstamm zu drehen, die für den Film ihre normale Verhaltensweise an den Tag legten und dem Filmteam sogar einige ihrer Riten beibrachten.

Eine besondere Auszeichnung verdient "Mondo Cannibale 2" auch dadurch, dass man sich in diesem Fall gut in den Hauptdarsteller hineinversetzen und seine Lage so nachfühlen kann. Massimo Foschi als Robert spielt seine Rolle sehr intensiv und lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass er die Strapazen nicht mehr lange aushalten kann.
Ihm zur Seite steht zu Beginn des Films noch Ivan Rassimov, den man aus dem ersten "Mondo Cannibale" kennt. Leider hat Rassimov hier anfangs wenig Screentime, auch wenn sich herausstellt, dass der Wasserfall ihn nicht getötet hat, sondern er überleben konnte. Später im Film treffen und er und Robert sich wieder und gemeinsam wagen sie einen Fluchtversuch.
Auch Me Me Lai ist nicht gänzlich unbekannt, so war sie nämlich auch schon im Vorgänger zu sehen und spielt hier erneut eine Wilde. Sie wird von Robert dazu gezwungen, ihm bei seiner Flucht zu helfen und entwickelt dabei irgendwann fast so etwas wie ein Vertrauen zu ihm.

Bevor es allerdings so weit ist, muss Robert einiges über sich ergehen lassen. Er wird von den Wilden wie ein Tier behandelt und wird in seinem Gefängnis mit Essen beworfen oder von kleinen Kindern angepinkelt. Er wird Zeuge vieler Verhaltensweisen der Primitiven, wie etwa einer besonders brutalen Bestrafung, bei der einem Mann der Arm angeschnitten und über einen Ameisenhügel gehalten wird. Das Resultat kann man sich denken, dem entsetzlich schreienden Mann wird von den Ameisen der ganze Arm abgefressen. "Mondo Cannibale 2" scheut sich nicht gerade davor, brutale Effekte zu zeigen, auch wenn die Splatterfraktion hier nicht auf ihre Kosten kommt. Das hier Dargebotene soll einen treffen und schockieren, wer deshalb literweise spitzendes Blut sucht, ist hier im absolut falschen Film. Dennoch sollte man starke Nerven mitbringen, denn gerade die realen Tiermorde sind nicht gerade schön anzuschauen und wirklich widerlich. Tieren wird bei lebendigem Leib der Kopf abgeschnitten oder die Haut abgezogen und das ohne Tricks oder Effekte. Dieser Tiersnuff ist auch dafür verantwortlich, dass das Kannibalengenre zu einer traurigen Berümtheit gelangen konnte. Ob man sich damit anfreundet oder nicht, ändern kann man es onehin nicht mehr.

Die von mir schon so hochgelobte Atmosphäre ist in diesem Film sehr intensiv und verstörend. Dadurch dass wirklich im Urwald gedreht wurde, wirkt hier nichts gestellt oder unecht, es überkommt einen beim Schauen ein Gefühl der Ausweglosigkeit, die einen sicherlich auch dann überrennen muss, wenn man im dichten Dschungel auf sich allein gestellt ist. Hinter jeder Ecke könnte der Tod lauern, giftige und bissige Tiere bahnen sich ihren Weg durch das Unterholz und ein rettender Weg ist nicht in Sicht. In keinem anderen Genre das ich kenne wird man so sehr in die Handlung hineingezogen wie beim Kannibalenfilm, wo man richtig mit der Hilflosigkeit und der brutalen Härte des Dschungels konfrontiert wird. Hier geht es ums nackte Überleben und das bringt "Mondo Cannibale 2" unwahrscheinlich gut rüber. Was wir hier haben ist quasi die brutale Version von "Indiana Jones", ein guter Mix aus Abenteuer, Spannung und Gewalt.


"Mondo Cannibale 2 - Der Vogelmensch" ist ein Highlight des Kannibalengenres, das leider nie die Berühmtheit der drei brutalen Reißer "Cannibal Ferox", "Cannibal Holocaust" oder "Lebendig Gefressen" erreichen konnte. Das ist deshalb so schade, weil Ruggero Deodato sie sich mit diesem Werk absolut verdient hätte. So beweist der Film nämlich, dass im Kannibalengenre nicht ausschließlich geschlachtet und vergewaltigt wird, sondern das Ganze auch eine Story haben und sehr abenteuerlich daherkommen kann. Natürlich gibt es auch hier Ausweidungen und Tiertötungen, doch dennoch hatte ich beim Schauen das Gefühl, eine ganz andere Klasse als bei den üblichen Kannibalenstreifen zu sehen. "Mondo Cannibale 2" ist einfach unwahrscheinlich spannend und packend, und entwickelt dank seiner Authentizität eine Atmosphäre, die einen nicht mehr loslässt.

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