Es war der Italiener Umberto Lenzi, der 1972 die Grenzen zweier Subgenres ein wenig verschmelzen ließ. Teile des Mondo-Films wie „Mondo Cane“ (1962) vermengte er mit Motiven des Kannibalenfilms, die in späteren Werken noch deutlich ausgeprägter waren.
Der Londoner Fotograf Bradley (Ivan Rassimov) ist mit dem Boot im Grenzgebiet zwischen Burma und Thailand unterwegs, als sein Führer getötet wird und er in Gefangenschaft eines Naturvolkes gerät. Anfangs für einen Fischmenschen gehalten, muss Bradley eine Reihe schmerzhafter Rituale durchleiden, doch er sieht auch die Chance, sich der Tochter des Häuptlings, Maraya (Me Me Lai) anzunähern…
Die Story ist deutlich an „Der Mann, den sie Pferd nannten“ angelehnt, die Kulissen sind ein wenig exotischer, die vermeintlichen Antagonisten etwas barbarischer. Wobei der Stamm nichts mit Kannibalismus am Hut hat, jene Menschenfresser wohnen ein paar Hütten weiter und tauchen erst nach 70 Minuten auf. Und mehr als einen angeknabberten Arm gibt es diesbezüglich nicht zu erblicken, deren Einfluss aufs Geschehen ist schlicht untergeordnet.
Stattdessen muss sich Bradley mit den Sitten der Fremden vertraut machen, wobei glücklicherweise auf eine Untertitelung verzichtet wird, denn sinngemäß verstehen sich die simplen Vorgänge von selbst. Die leicht verkitschte Liebesgeschichte ist zwischenzeitlich sogar recht niedlich, wenn sich das Paar voller Lust in einer Art Mehl wälzt, was wohl eher schlecht flutschen dürfte. Ein wenig Tragik gesellt sich im Verlauf hinzu, was die arg romantisierende Ader etwas abmildert und gleichermaßen Empathie schürt.
Rassimov macht sich indes ganz gut als leidgeprüfter Gefangener, der im Verlauf lernt, mit einem Minimum an Einfühlungsvermögen auf seine Gastgeber zuzugehen. Sein Äußeres gibt derweil Anlass zum Schmunzeln, in einer Mischung aus He-Man und dem jungen Donald Trump. Seine Partnerin Me Me Lai performt ebenfalls okay, gleiches gilt für die Stammesgesellen, wobei die Kleidung der Frauen zuweilen etwas zu industriell gefertigt erscheint, - wenn sie nicht gerade nackt unterwegs sind.
Leider gibt es kaum einen Kannibalenfilm ohne Tier-Snuff, da macht auch vorliegender keine Ausnahme und opfert völlig sinnlos Ziege, Affe, Krokodil, Schlange und Mungo. Die Gewalt gegenüber Menschen bleibt da eher zurückhaltend, indem mal ein Speer trifft, eine Hand abgehackt wird und insgesamt drei Zungen entfernt werden. Angedeutete Vergewaltigungen unter dem Deckmantel typischer Stammesrituale sind immerhin inszenatorisch zurückhaltend ausgefallen.
Die simple Geschichte entpuppt sich am Ende mehr als Abenteuerfilm mit etwas Liebesgedöns, denn als reiner Kannibalenstreifen. Die Atmosphäre in dem Dorf zündet durchaus, der Score ist angenehm eingängig, allerdings wird es nur selten spannend und auch das Finale findet keine dramaturgische Steigerung. Dennoch ein Beitrag, den Genrefans einmal sichten sollten, sofern sie am Grundstein für den später deutlich härteren Kannibalenfilm interessiert sind.
Knapp
6 von 10