Review

Der englische Journalistin ist im thailändischen Dschungel unterwegs, um Landschaftsaufnahmen zu machen. Als sein Begleiter von einem einheimischen Stamm umgebracht wird, wird Bradley von diesen gefangen genommen, versklavt und gefoltert. Doch als er flüchten will, tötet er einen Stammesangehörigen und nimmt nach einem grausamen Ritual seinen Platz ein. Langsam aber sicher wird er im Stamm angesehen und wird auch bald von der schönen Mamaya als Ehemann ausgewählt. Doch bald darauf wird der Stamm von Kannibalen überfallen und seine Frau verfällt einer tödlichen Krankheit.


Ungleiche Liebe


Mondo Cannibale, der geistige erste Kannibalenfilm überhaupt, von Umberto Lenzi (Grossangriff der Zombies) inszeniert, ist fälschlicherweise eigentlich gar kein wirklicher Kannibalenfilm. Der Alternativtitel, "The Man from Deep River", wie er auch im Vorspann eingeblendet wird, eignet sich so gesehen viel besser für dieses Dschungelabenteuer, indem ein Mann am eigenen Leib die Grausamkeiten und fremdartigen Rituale eines einheimischen Stammes erfahren muss. Dass dieses Volk kein Kannibalenvolk ist sollte an dieser Stelle ersteinmal von wichtigen Belangen sein, nicht destotrotz ist das Volk mindestens genauso primitiv wie jene menschenfressenden Thaidschungelvolks.

Und so muss das eben der seltsame, fremde und weisse Bradley am eigenen Leib erfahren. Von den Stammesmitgliedern als Fischmensch, da Taucheranzug, angesehen wird er für unmenschliche Arbeiten missbraucht und gestritzt, später von der schönen Mamaya als Sklave degradiert. Als leibeigener Sklave steht er jedoch im Schutze dieser und ist sogesehen nicht den Gräultaten der gewalt und Folterbereiten Männern ausgesetzt.

Die Folterungen sind indes wirklich beklemmend anzusehen, da prasseln wahrlich Welten aufeinander, wie der zivilisierte Bradley mit Unverständnis solchen Ritualen unterzogen wird. Ob wie Vieh im Käfig gehalten, gefesselt auf einem Tisch tagelang unter prallender Sonne oder als minderwertiger Sklave ausgepeitscht. Bradley versteht seine Welt nicht mehr und das sieht man an eigenem Leib, denn die Darstellung von Ivan Rassimov als gepeinigter Journalstin ist einfach bloss gut, nicht zuletzt sorgen seine Gedankenerzählungen im dokumentarischen Stil für wohlige Authenzität. Erst dann, als er eine englischsprechende Frau im Stamm kennenlernt, glaubt er wieder daran, hier nicht für ewig verkümmern zu müssen.

Als dokumentarisch könnte man auch letztenendes die ganze Inszenierung ansehen, Lenzis Kamerafahrten durch den Dschungel, durch das Dorf mit all seinen Bauten, Häusern und dem arbeitenen Volk und deren Tiere, unterlegt mit einem wunderschönem Hippiescore, vermitteln schon das wohlige Gefühl von Urlaubsstimmung. Und ansonsten verträumt der Film mit exzellenten Kulissen, bastelt eine Fassade von unbeschwerten Leben zusammen, authentisch wirkt das alles ohnehin, unlogisch ist da bloss, dass Bradley in die Sippschaft aufgenommen wird, als er flüchtet und einen der Männer tötet.

Wäre er nicht geflüchtet, wäre er nämlich noch Sklave und der Mann wäre am Leben. Doch durch dessen Tötung wird ja quasi ein Platz im Stamm frei. Doch das sollte sogesehen die einzige Logiklücke in diesem Film darstellen, danach verläuft sich der Film nur allzusehr in einen personenbezogenen Romantikfilm, denn nachdem er durch ein Aufnahmeritual ins Volk aufgenommen und akzeptiert wird, heiratet er die schöne Mamaya. Und der Begriff Schön ist für diese Frau noch untertrieben, zumindest wurde ich bei ihrer Sichtung sofort neidisch. Die Entwicklung ihrer Ehe, das Verhältnis der beiden, ist dabei fast schon utopisch schön. Irgendwann lernt sie sich mit verständigen zu können, alles scheint perfekt, bis sie erkrankt.

Ihr Kind wird geboren, doch ihr Ende scheint schon nah. Alles sehr dramatisch das Ganze, man ist fast schon gewillt zu weinen, so ergreifend ist das Verhältnis der beiden, dass so plötzlich mit einem Paukenschlag enden soll. Wirklich dramatisch sind die Kannibalenszenen hierbei nicht, im Endeffekt bekommt man eigentlich nur 5 Minuten zu Gesicht, in denen ein Stammesangehöriger zerfleischt wird. Das ist dabei selten explizit, auch wenn man einen blutigen Arm zu Gesichte bekommt, an dem rumgeknabbert wird. Doch das hat der Film irgendwo gar nicht nötig, aber nötig hatte er wahrscheinlich, aber leider, die sinnlosen und grausamen Tiersnuffszenen, die zwar für verweitere Authenzität sorgen, aber einfach bloss wütend machen.

Dieses Unterfangen, wird man leider noch in unzähligen weiteren Kannibalenfilmen bewundern. Mondo Cannibale ist weit davon entfernt schmuddelig oder billig rüberzukommen, die Inszenierung ist traumhaft, fast schon zu schön. Insgesamt ist Mondo Cannibale doch eher ein Abenteuerfilm mit dramatischer Lovestory ungleicher Menschen. Kannibalen gibt es indes wirklich nur allerhöchstens 5 Minuten zu sehen.



Fazit:

Mondo Cannibale gilt zurecht als Meilenstein, mehr oder weniger aber eher durch seine perfekte und authentisch atmosphärische Inszenierung. Der Cocktail aus Horror, Urlaubsromantik, Folterfilm, Abenteuer und Drama gelingt ihm dabei wirklich gut, und wirkt dabei allzu verträumt. Wer hier Kannibalengeschmodder a la Cannibal Ferox oder Holocaust erwartet, ist hier leider falsch. Von diesem schundigen Niveau ist dieser Film meilenweit entfernt. Zum Glück.



87%

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