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Als einer der ersten italienischen Filmemacher erkannte Giuliano Carnimeo („Django und Sabata - Wie blutige Geier“, Ein Halleluja für Camposanto“) Ende der Sechziger das neue Potential der immer düstere Züge annehmenden Italowestern. Das Genre war reif zur Selbstparodie und so drehte er wenig später mit seinem Hauptdarsteller Gianni Garko („Django der Bastard“, „... und Santana tötete sie alle“) unter anderem die erfolgreichen Sartana-Western, die auf recht innovative Art und Weise einige der etablierten Klischees augenzwinkernd aufs Korn nahmen, ohne die eigenen Ursprünge zu verleugnen.
Das Genre entwickelte sich jedoch schnell in eine äußerst negative Richtung weiter und konzentrierte sich bald nur noch auf totalen Klamauk. Die Grundprinzipien, Leitmotive und Charaktermerkmale der Italowestern wurden abseits weniger Ausnahmen zugunsten flacher Komödien geopfert, die nur noch rein äußerlich Gemeinsamkeiten mit den klassischen Western besaßen. Giuliano Carnimeo sprang ebenfalls wenig später auf diesen Zug auf und drehte mit George Hilton („Leg ihn um, Django“, „Das Gold von Sam Cooper“) innerhalb kürzester Zeit gleich vier solcher fragwürdiger Westernkomödien, die mir ihren zotigen Gags und der kaum existenten Handlung einer zerhackten Nummernrevue glichen. An die Erfolge früherer Tage konnte er mit diesen Filmen nie wieder anknüpfen. Weder „Man nennt mich Halleluja“ noch sein Sequel „Beichtet Freunde, Halleluja kommt“ oder „Kennst du das Land, wo blaue Bohnen blühn?“ und dessen hier besprochene Fortsetzung „Dicke Luft in Sacramento“, übrigens alle mit Hilton in der Hauptrolle, trugen noch seine unverwechselbare Handschrift. Der Mann, der über Jahre hinweg als einer der besten Italowestern-Regisseure galt und sich für wie Klassiker „Sartana kommt“ verantwortlich zeigt, hatte angesichts der einfältigen Studiowünsche offenbar die Lust an seiner Arbeit verloren und drehte ohne zu experimentieren nur noch Filme nach Vorschrift. Diese Einstellung spiegelt sich auch in seinen einfallslosen, immer gleichen Drehbüchern mit den selben Geschichten wieder, deren Aufgabe darin bestand einen platten Gag an den nächsten zu knüpfen. Man mag kaum glauben, dass das Duo Carnimeo / Hilton wenige Jahre zu vor noch gemeinsam „Django – Ein Sarg voll Blut“ drehte.

Angesichts der durchschnittlichen Inszenierung und albernen Gags sollte der Zuschauer seinen Dank bereits vorweg an Rainer Brandt und sein Team (u.a. spricht Thomas Danneberg Tresettes) richten, das einmal mehr sein Bestes gibt und „Dicke Luft in Sacramento“ mehr Wortwitz eintrichtert, als einem im Original geboten wird. Auch wenn man sich hier nicht ganz auf dem Niveau der in dieser Sparte ganz zurecht einen Ausnahmestatus genießenden Spencer/Hill-Unikate bewegt, so sind die Sprüche von George Hilton alias Tresettes und Co. das Salz in der Suppe, das die Westernkomödie erträglich macht.

Denn man braucht schon viel Geduld, ein unerschütterliches Gemüt und ein dickes Fell, um „Dicke Luft in Sacramento“ zu mögen. Der Plot von rudimentärer Natur kümmert sich lediglich grob um die stattliche Beute der Menoni-Gang. Der Kleinganove Frank Faina alias Slim Popcorn hat sie sich unter den Nagel gerissen, seinen Coup aber nicht geheim halten können. Alsbald sind hinter ihm beziehungsweise seinem Schlüssel eine Schar geldgieriger Gestalten her. Unter ihnen befindet sich auch das Schlitzohr Tresettes (Hilton) und sein schlagkräftiger Partner Bambi (Cris Huerta, „Bandidos“, „Bleigewitter“), die mit allerlei Verkleidungen, Betrügereien und listigen Tricks ihre Kontrahenten (u.a. Nello Pazzafini) auszustechen versuchen.

Wie oben bereits erwähnt, verkommt dieses Anliegen schnell zu einer unbedeutenden Nebensache. Dem Film liegt eher daran seine ganze Bande meist hohlköpfiger Vollidioten als genau das darzustellen. Niveauvollen Humor und gute Witze sucht man daher natürlich vergeblich. Das Dauerbombardement hirnrissiger Taten der größtenteils total verblödeten Kontrahenten und Handlanger nervt mit der Dauer allmählich und wird nur durch ganz wenige wenigstens nicht total bescheuerte Einfälle (u.a. das Zusammentreffen der Ku-Klux-Clan-Mitglieder) unterbrochen.

George Hilton turnt vorlaut und in unzähligen Verkleidungen durch den Film, ohne dass seine gehirnamputierten Gegner ihm beikommen können, während Bambi regelmäßig mit der groben Kelle für Ordnung sorgt. Total überzeichnete Figuren, die man insbesondere in der Irrenanstalt von Sacramento antrifft, wo Faina hockt, und Tresettes ewiger Verfolger Veleno (Alfio Caltabione), der Hilton zwar nach dem Leben trachtet aufgrund seiner Dummheit aber jede Chance verstreichen lässt, zerren weiter an den Nerven. Allgemein stellt sich jeder möglichst dusselig an, während Tresettes das Monopol auf Intelligenz gepachtet hat. Deswegen kann er den Nächstbesten auch grundsätzlich nach Belieben austricksen.

Die leicht kuriosen Gestalten, die diesen durchgeknallten Film bevölkern, machen anfangs auch noch Spaß, nach der dritten oder vierten Zurschaustellung des ewig gleichen Stotter-Einlage, wohl als Running-Gag gemeint, beziehungsweise Offenlegung offensichtlich grenzdebiler Helfershelfer, kann es gut möglich sein, dass dem entnervten Zuschauer der Geduldsfaden reißt, wenn nicht Rainer Brandt in die Bresche springt und mit einem guten Spruch die Szene rettet.

Slapstick dominiert also zu jeder Sekunde, aber wenn man sich damit arrangieren kann, und angesichts abstruser Einfälle nicht umgehend Reißaus nimmt, kann man sich dank der Synchronisation von „Dicke Luft in Sacramento“ noch einigermaßen ordentlich unterhalten lassen. Inhaltlich gibt der Film allerdings wirklich nichts her. Im Grunde eiern die Beteiligten auf der Suche nach dem Diebesgut nur von Schauplatz zu Schauplatz, um sich dort mit den heimischen Vollidioten zu prügeln, Kontrahenten auszuschalten oder potentielle Informanten an der Nase herumzuführen. Auf die Dauer entwickelt „Dicke Luft in Sacramento“ daher eine Eintönigkeit, die er bis zum Schluss nicht mehr los wird, ohne aber jemals in die tiefsten Niederungen vergessenswerter Italo-Klamotten abzudriften.


Fazit:
Dank der deutschen Extrem-Synchronisation von Kalauer-König Rainer Brandt, kann „Dicke Luft in Sacramento“ noch den erträglichen Italowestern-Komödien zugeordnet werden. Nur fraglich, ob das auch auf den Originalton zutrifft. Der Film besteht aus einer Aneinanderreihung mal gelungener und mal weniger gelungener Gags, die sich um eine belanglose, unauffällige Handlung ranken. Regisseur Giuliano Carnimeo setzt inszenatorisch keinerlei Akzente, George Hilton scheint allerdings Spaß an seiner durchtriebenen Figur gehabt zu haben. Wie schon seine nahezu identisch gestrickten Vorgänger bleibt auch diese inhaltsleere Gagfolie Geschmackssache. Mit dem klassischen Italowestern hat dieser Film nichts mehr zu tun. Würde man dem Film ein anderes Ambiente verleihen, würde man nicht mal mehr die Wurzeln erkennen. So reicht es letztlich noch zum insgesamt verdienten Durchschnitt.

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