Nein, ich bin kein großer Fan von Michael Jackson. Zwar besitze ich dessen Album „Thriller“ und leg dies auch gern hin und wieder auf und ich mag seinen Film „Moonwalker“ doch ganz gern, aber damit hat sich mein Fandasein auch schon erledigt.
Und fast völlig vergessen hatte ich „Ghosts“, wenn ich nicht aus versehen, eine alte VHS – Kassette mit der Aufnahme des ersten und einzigen John Sinclair – Films hätte durchlaufen lassen, wäre mir dieses Werk fast völlig entfallen. Wie das nun mal so ist, hatte ich diesen Film natürlich nicht auf dem Etikett der Kassette vermerkt und so wurde mir die Freude zu teil, den Film doch noch einmal zu begutachten. Denn was der ehemalige King of Pop hier auf die Beine gestellt hat, kann sich durchaus mit seinem frühen, großartigen Thrillerclip messen.
Gemeinsam mit Stephen King hat Jackson ein Musikvideo fast vollständig aus dem Computer hergestellt. Damals befand sich diese Technik noch auf dem Weg zur vollendeten Reife, das Gezeigt konnte den Zuschauer also noch mehr als faszinieren. Wenn man sich dann noch für die Regie und Masken einen Haudegen wie Stan Winston ins Boot holt, sollte eigentlich nichts mehr schief gehen.
Zur Story: Ähnlich wie Baron Frankenstein wohnt auch Mr. Jackson in einem alten Schloss und wird von der Bevölkerung im angrenzenden Dorf Normal Valley geächtet und gemieden. Um den Störenfried Jackson endgültig los zu werden, zieht der wütende Mob mit Fackeln zu dem gruseligen Schloss um sich das dort wohnende Monster Jackson zu krallen. Lynchstimmung ist angesagt. Doch als der Bourgeoise – Pöbel das Gemäuer betritt, kommt alles ziemlich anders.
Jackson ruft die Toten aus den Mauern des Schlosses und lässt die Leichen tanzen. Jene, ausgestattet mit den als fantastisch zu bezeichnenden Masken des Mr. Winston, jagen sicher nicht nur den anwesenden Darstellern so manchen Schauer über den Rücken. Nein, auch der Zuschauer darf sich hier wohlig eine Gänsehaut über den Rücken fahren lassen. Von solchen Kreationen träumten diverse Italienische Zombiematschregisseure sicher in jenen Stunden, in denen sie sich wieder einmal über das geringe Budget ihrer eigenen Filme ärgerten. Aber Mr. Jackson hat ja das nötige Kleingeld.
Mr. Jackson selber, verwandelt sich in dem 30minütigen Clip mehrmals. Auch diese Verwandlung, umgesetzt durch viele, immer wieder neu aufgelegte Masken (der Abspann beinhaltet eine Art Making Off), weiß durchgehend zu begeistern.
Leider bleibt der Soundtrack des Films hinter den sonstigen Hits, besonders hinter der Großtat „Thriller“, weit zurück. Ja, man merkt geradezu, dass die Musik nur ein Vehikel ist, um die Toten tanzen zu lasen und ihnen den Rhythmus für eine Atemberaubende Choreographie zu liefern. Jawohl, die gezeigte Tanzerei ist über jede Kritik erhaben. Jackson hat seiner Crew so einiges abverlangt. Und natürlich wurde dieser Clip auch filmisch auf höchstem Niveau umgesetzt.
Und Jackson selber? Der zeichnet in diesem Film sicher ein Selbstportrait. Er sieht sich als den Ausgestoßenen, den Aussätzigen, der zurückgezogen wie ein entstelltes Monster leben muss. Der Clip trägt eindeutige Autobiografische Züge. Denn als der Mob ins Schloss einfällt, versucht Jackson diesen erst noch zu beschwichtigen, gibt dann aber sehr schnell sein zweites Gesicht, die Maske des Entstellten preis. Am Ende wird aber alles gut und er versöhnt sich wieder mit dem Pöbel. Sicher ein Wunsch, den Jackson auch selber hegt. Sein Ruf nach etwas Freiheit, vor allem Bewegungsfreiheit, die ihm ja bis zum heutigem Tage verwehrt bleibt.
Seine Berühmtheit ist sein Fluch und so zieht er sich eben auf seine Neverland Ranch zurück, bzw. symbolisch in diesem Clip in ein einsames Schloss, in welchem er nur noch von den Toden umgeben ist. Da stellt sich schnell die Frage, welchem psychischen Druck dieser Mensch eigentlich ausgesetzt ist. Ich möchte nicht mit ihm tauschen! Denn Jackson ist das beste Beispiel dafür, welchen Preis man manchmal für übermäßigen Ruhm, der in seinem Fall sicher auch durch die eigene Legendenbildung genährt wurde / wird, zahlen muss.
In einigen Einstellungen sieht man Jacksons „wahres“ Gesicht auch ohne Maske. Jenes wirkte zum damaligen Zeitpunkt (1997) durch die vielen schönheitschirurgischen Eingriffe schon sehr entstellt. Ja, geradezu widerlich und zerstört sieht der Musiker aus, dass es einen wirklich gruselt und sicher auch etwas anekelt. So kann es dann auch passieren, dass der Zuschauer Mitleid mit dem Monster Jackson und auch mit dem Menschen Jackson empfindet. Denn genau diese beiden Seiten des Mr. Jackson werden in „Ghosts“ gezeigt. Der Schöne und das Biest in einer Person. Jeckyll und Hyde. Das Monster und der Mensch. Von der Außenwelt gemieden, gehasst und verehrt. Das Individuum Jackson bleibt dabei aber in sich selber gefangen und die positive Auflösung seines Kurzfilms bleibt auf alle Zeit Wunschdenken. Zum Glück sieht er dies auch mit einem winzigen Anflug von Selbstironie.