Die ungleichen Brüder Julian und Billy dealen mit Drogen im pulsierenden Rotlichtmilieu von Bangkok. Dreh- und Angelpunkt für ihre illegalen Geschäfte ist ihr Kickbox-Club. Der Kopf des Familienkartells ist ihre dominante Mutter Crystal. Als Billy eine minderjährige Prostituierte kaltblütig abschlachtet, erklärt der Polizist Chang dem Vater des Opfers, dass er mit Billy tun könne, was er wolle. Dieser tötet ihn daraufhin, indem er ihm den Schädel zertrümmert.
Crystal Thompson kommt nach Bangkok, um Billys Leiche zu identifizieren. Sie beauftragt Julian, die Mörder seines Bruders zu finden, was er zu ihrem Missfallen zunächst ablehnt. Dennoch befragt Julian den Vater des Opfers, Choi, über seine Rolle bei Billys Ermordung. Choi erklärt Julian, dass er von Lt. Chang gezwungen wurde, Billy zu töten und dass dieser ihm im Anschluss den Arm abgehackt habe, weil er seine Tochter als Prostituierte arbeiten ließ. Damit hätte er für seine Sünden bezahlt. Julian lässt Choi am Leben. Crystal verlangt daraufhin von ihm, Chang zu finden und zu töten - was eine nicht enden wollende Spirale der Gewalt in Gang setzt...
Das ist in groben Zügen die Ausgangslage von "Only God Forgives", der im Wettbewerb um die "Goldene Palme" bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes zu sehen war, und der von der Fachpresse euphorisch gefeiert wird als "ein Gottesdienst für die Sinne...", als "ein fiebriger Höllentrip", als "faszinierend", "polarisierend" und "sehenswert".
Und es ist eine der wenigen Ausnahmen, die sich gegen den modernen Trend des effektgeladenen Blockbuster- und Entertainment-Wahnsinns Hollywoods stellt, und mit minimalen Mitteln eine, auf dem ersten Blick zumindest, simple Geschichte erzählt und daraus ein bildgewaltiges Kunststück entwirft.
Hollywood hat es im Laufe der Jahre verlernt, anspruchsvolles Erzählkino abzuliefern. Es gibt nicht viele Regisseure, denen es gelingt, das Publikum mit ihrer Geschichte zu fesseln. David Cronenberg ("A History Of Violence" oder "Eastern Promisses") und Clint Eastwood ("Mystic River" oder "Gran Torino") zählen zu den wenigen grandiosen Geschichtenerzählern, bei deren Werken der Zuschauer am liebsten die Augen schließen und der intensiven Darstellung und der treffsicheren Dialoge lauschen möchten wie einer Vorlesung aus einem guten Buch. Das sind Meister ihres Fachs, die ihre alltäglichen, banalen Geschichten mit so viel Stimmungen und Intensität ausschmücken, ohne dabei in brachiale Bleigewitter oder schwindelerregende Stakkato-Schnittfolgen zu verfallen. Nein, in der Ruhe liegt die Kraft.
Und auch der dänische Regisseur Nicolas Winding Refn ist ein Meister der ruhigen, kraftvollen Inszenierung und entfacht mit der Themenkonstellation um Liebe, Tod, Schuld, Sühne, Rache und Vergebung ein bildgewaltiges und erzählerisch anspruchsvolles Meisterwerk von inszenatorischer Eleganz. Ausgeschmückt mit vielen Metaphern und surrealen Tagträumen, die tiefe Blicke in die dunklen Seelen seiner Protagonisten werfen, entfacht Winding Refn ein blutiges Inferno der Gewalt und setzt dabei auf die Kraft seiner Bildsprache.
Ryan Gosling als melancholisch-schweigsamer Ganove, der sich von einer Edelprostituierten an einen Stuhl fesseln lässt, um ihr bei der Selbstbefriedigung zuzusehen - mehr bedarf es nicht, um zu zeigen, dass sich "Only God Forgives" wohltuend vom Mainstream distanziert und exzentrische Charaktere jenseits gängiger Klischees in den Fokus seiner Handlung stellt.
Kristin Scott Thomas als unnahbare und knallharte Mutter Crystal, die für ihren Sohn Julian mehr Verachtung als Liebe übrig hat und die Gefühle für ihre Kinder an deren Schwanzlängen misst, zählt dabei noch zu den extremsten Figuren in Winding Refns hypnotischen Kaleidoskop der Abgründe.
Es wird nicht mehr gesprochen als nötig - und wenn es nötig wird, kommen die Dialoge ungeschönt auf den Punkt. Darüber hinaus verlässt sich der Film auf seine wunderbaren Bildkompositionen und das Spiel seiner hervorragenden Hauptdarsteller. Da spiegeln sich die Emotionen wie Hass, Wut, Trauer, Sehnsucht und Kälte wieder und erzählen die Geschichte, wie es Worte kaum besser können.
"Only God Forgives" ist anspruchsvolles Arthouse-Kino für die Sinne und zelebriert den Gewaltakt in einer Form, wie man es nur von Quentin Tarantino kennt. Doch während dieser sich gerne in der Geschwätzigkeit seiner Dialoge verliert, konzentriert sich Winding Refn auf das Wesentliche seiner Geschichte.
Kontrovers und sicherlich nicht jedermanns Geschmack, wurde hier ein filmisches, unkonventionelles Stück Kino für die Ewigkeit geschaffen - ein Klassiker des modernen Films!