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Gleich schon der erste Spielfilm mit Dieter Hallervorden - bis dato nur als Kabarettist im Theater tätig - kann sich sehen lassen; zwar noch weit entfernt vom typischen “Nonstop Nonsens” Humor, aber dennoch für Didi-Fans ein lohnende Anschaffung, ist “Darf ich Sie zur Mutter machen?” schon ein klarer Meilenstein in der Filmographie Dieter Hallervordens, eine klare Empfehlung. Natürlich ist man erst skeptisch: ein älterer Film von 1968, die erste Rolle, kann so was taugen? Absolut. Regisseur Ralf Gregan (der viele der späteren “Didi” Filme drehte), Kameramann Michael Ballhaus (der viele der späteren “Didi” Filme filmte) und natürlich Dieter Hallervorden (den Witz erspart ich mir…) debütieren hier allesamt und vollbringen eine sehr gute Leistung, viel Herzblut wurde rein gesteckt und das sieht man dem Film auch an.

Dieter Hallervorden spielt hier Ulrich Vogler, einen “überreifen” Studenten der neben seinen Studium noch seinen Sohn Dieter (gespielt von Hallervordens Sohn Dieter Junior) versorgen und erziehen muss und die kleine Familie mit dutzenden Nebenjobs über Wasser hält. Sein Erziehungsstil, seine unkonventionelle Art würde heute nicht mehr so aufstoßen, zur damaligen Zeit muss dies aber manch einem ein Dorn im Auge gewesen sein - so wird das Jugendamt mit dutzenden ungerechtfertigten Klagen der tyrannischen Nachbarin überhäuft. Als dieses sich der Sache annehmen will, einen Hausbesuch angekündigt hat, da passiert das Übel: Ulrich sperrt sich und seinen Sohn bei einer spaßigen Häscherei aus, eilt im Bademantel zum Hauswart und lässt derweil den Jungen zurück. Was für ein Bild für das Jugendamt! Nun hat Ulrich eine Frist, muss eine Dame finden die sich ihm und seines Sohnes annimmt; quasi eine Neuheirat steht an. Doch woher nehmen? Auf seine unkonventionelle Art, auch unter manch zu gut gemeinter Hilfe seines Kumpels Lothar versucht Ulrich sein Glück bei den Frauen; aber warum in der Ferne suchen wenn das Glück, respektive eine Bedienstete des Jugendamtes (Ehefrau Rotraud Schindler) quasi vor der Haustür liegt - und die kann auch noch Ulrichs Leibgericht Königsberger Klopse machen…

Wie gesagt ich war sehr positiv überrascht, hatte nicht mit so einem guten Film gerechnet der zum Glück nur marginal Elemente eines Dramas beinhaltet, meist aber sehr komödiantisch ist. So ist der Handlungsstrang um das Jugendamt zwar für die Geschichte wichtig und äußere Rahmenhandlung, aufgrund des Endes und davor augenzwinkernden Situationen in der steril-kühlen Beamtenstube jedoch kann der Film nicht als Drama kategorisiert werden. Vielmehr ist “Darf ich Sie zur Mutter machen?” eine sehr einfühlsame Vater-Sohn-Geschichte, schön erzählt und fotografiert. Man merkt hier richtig das es ein “Familienfilm” ist; da der Film eher fröhlicher Art ist kommen insbesondere die Szenen zwischen Vater und Sohn nicht nur gespielt, sondern auch authentisch rüber - ausgelassen, harmonierend, sich die Bälle zuspielend. Dem fügt sich Ehefrau Rotraud Schindler ebenso gut ein, wenn auch nur eine der vielen anschaubaren Frauen die in dem Film Hallervorden becircen.

Denn einen nicht unwesentlichen Teil des Films ist Ulrich auf Brautschau, gerät dabei in teils groteske Situationen mit den Frauen. So gibt es eine Szene in der er minutenlang philosophierend und poesierend eine Dame in einem Museum (da hat er noch den Nachtwächterjob) rumkriegt, Morgens mit ihr inmitten einer Putzkolonne aufwacht. Dann als Reiseleiter beim beinahe stattfindenden Petting mit einer jungen Frau während einer Bootsfahrt auf einem Berliner See von Ost-Polizisten gebeten wird die “Hoheitsgewässer” zu verlassen oder auch nach einem Tennis-Derby sich von tausenden Frauen verfolgt sieht, da sein Kollege die Presse heiß machte (von wegen junger Student vom Jugendamt malträtiert). Stellenweise wird es surreal, als am Ende in einer Traumsequenz durch eine im Nichts stehende Tür gegangen wird; ideenreich ist der Film allemal - Kameramann Michael Ballhaus fängt wie gesagt sehr atmosphärisch die s/w-Bilder ein. Trotz der vielen Liebeleien ist es ein klarer Familienfilm, die FSK16 Freigabe sicher aufgrund einer kurzen Titten-Szene zu Stande gekommen, ein paar Mal sieht man auch Hallervorden Junior nackig durchs Bild hüpfen.

Neben den stellenweise grotesken Situationen gibt es noch eine gehörige Portion Slapstick, ein paar Grimmassen, Ansätze der später markanten Lache, sowie eine gelungene Gorilla-Imitation von Dieter Hallervorden - eine Szene die er in späteren Sketchen immer wieder gerne aufgreift. Doch auch eine politische Aussage hat der Film, porträtiert Ulrich als Mann der eben lässig daher kommt, immer im Konflikt mit den Forderungen der Gesellschaft nach “Anstand” gerät - ein Mann als alleiniger Erzieher? Dazu noch Student? Das diese in der damaligen Zeit noch keinen so guten Ruf hatten wird anhand einiger Dialoge betont, z.B. nach einer Prügelei in einem Kindergarten wird Ulrich vom Arzt gefragt: “Na, mal wieder demonstriert?”. Auch die Machart der Prügel-Szene (Ulrich Vogler und der andere Vater duellieren sich in Cowboykostümen(!)) kann als politischer Machtkampf zwischen autoritären und antiautoritären Erziehungsstil betrachtet werden.

Also langweilig wird es kaum, sehr humoristisch alles, manchmal einen Tick zähfließend der Storyfluss, auch manches wiederholt sich leicht variiert - aber was wäre ein perfektes Debüt? Trotz dieser kleinen Schwächen sehr gelungen und ansehbar dieses Zusammenspiel von Gegan, Ballhaus und Hallervorden; ich kann eigentlich jedem Didi-Fan diesen Film ans Herz legen! Man darf nur eben nicht mit der Erwartung rangehen einen Film wie “Didi und die Rache der Enterbten”, “Didi der Doppelgänger” oder ähnlichen zu sehen. Man kann diese Filme eben schlecht vergleichen, aber macht Euch am besten selber ein Bild!

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