Technothriller sind, durch „Matrix“ und die Erfolge Christopher Nolans, seit einigen Jahren in, „The Mentalist“ ist enorm erfolgreich im TV – insofern ist es eigentlich kaum verwunderlich, dass früher oder später jemand Bühnenmagier zu den Hauptfiguren eines solchen Genrefilms machte.
Vier Magier, vier Stile: Daniel Atlas (Jesse Eisenberg) ist ein großmäuliger Illusionist, Mentalist Merritt McKinney (Woody Harrelson) ist bei seinen Auftritte der sanften Erpressung nicht abgeneigt, Kartentrickspezialist Jack Wilder (Dave Franco) nutzt seine Talente zum Trickbetrug und Daniels ehemalige Assistentin Henley Reeves (Isla Fisher) setzt in ihrer Zaubershow auf Entfesselungskünste. Reich wird keiner von ihnen damit, also sind alle nicht abgeneigt, als ein anonymer Gönner sie zusammentrommelt, damit sie gemeinsam an einem Masterplan arbeiten. Ende der Eingangssequenz, welche die vier Künstler vorstellt, das Thema etabliert und erste Fragen aufwirft, aber noch kaum Hinweise auf das Kommende bietet.
Zeitsprung, ein Jahr später: Das Quartett legt eine Zaubershow hin, bei der sie eine Bank in Paris ausrauben wollen. Am Ende der Performance regnet es Scheine, der Tresor ist tatsächlich leer, doch wie haben sie das gemacht? Ein Quartett von weiteren Figuren steht bereits parat, um die Konstellation zu erweitern: Der mürrische FBI-Agent Dylan Rhodes (Mark Ruffalo) und die aufgeschlossene Interpol-Agentin Alma Dray (Mélanie Laurent) sollen in dem Fall ermitteln, Ex-Magier Thaddeus Bradley (Morgan Freeman), der sich auf die Entlarvung von Tricks spezialisiert hat, will die Show des Quartetts durchleuchten und Arthur Tressler (Michael Caine) als geheimnisvoller Finanzier sitzt ebenfalls im Publikum. Wieder mehr Fragen, wieder keine Antworten.
Während die Behörden vor dem Problem stehen, dass dem Quartett nichts nachweisen können, sind die Magier alles andere als zurückhaltend: Zwei weitere Shows sollen folgen, denen ein großer Plan zugrundeliegt. Doch wie wollen sie das anstellen, gerade wenn sie von den Behörden nun so scharf überwacht werden?
An „Now You See Me“ lässt sich die derzeitige Nolanisierung des Mainstreamkinos ablesen. Nicht nur sind mit Caine und Freeman gleich zwei seiner Regulars dabei, auch die unterkühlte Optik in Schwarz und dunklen Blautönen erinnert an seinen Stil. Gleichzeitig hält Louis Leterriers rasanter High-Tech-Thriller einen Seitenhieb auf die vorgetäuschte gravitas parat, die sich mancher aktueller Blockbuster gerne auf die Fahnen schreibt (ein Vorwurf, der auch „The Dark Knight Rises“ durchaus zu machen ist): *SPOILER* Nach all dem Blabla um Weltwirtschaftskrise und soziale Gerechtigkeit, das auch der Trailer zeigt, entpuppt sich der Hintergrund als einfacher Racheplan, womit „Now You See Me“ die derzeit beliebten, oft oberflächlichen Verweise auf die Schippe nimmt, mit der mancher Konkurrenzfilm größere Tiefe vortäuschen will. *SPOILER ENDE*
Ebenfalls an den Nolan-Kosmos erinnert die Tatsache, dass die Figuren hier nicht tiefgründige, ausgearbeitete Charaktere, sondern eher lebende plot devices sind, wobei die Pinselstriche bei Leterrier noch gröber als bei Nolan ausfallen. Gerade die Magier, die anfangs noch im Zentrum zu sehen scheinen, werden nach der Anfangsszene kaum noch weiter entwickelt, auch die Ermittler sind nur geringfügig besser beschrieben. So bleiben die zwischenmenschlichen Aspekte etwas auf der Strecke, sei es die Gruppendynamik zwischen den Magiern, eine Romanze auf Ermittlerseite oder die hauchdünn angedeuteten Gefühle von Henley und Atlas füreinander. Dafür sitzen die groben Charakterisierungen überraschend gut, gerade da keine Figur zu positiv oder zu negativ dargestellt wird, wirken die Protagonisten in ihrer Fehlbarkeit doch recht menschlich, zumal der Film niemanden so recht zur Hauptfigur ernennt, sondern lieber zwischen den acht Figuren (von denen nicht alle gleich wichtig sind) hin und her pendelt um die Geschichte zu erzählen.
Besagte Geschichte wird dann vor allem durch das enorme Tempo, das „Now You See Me“ an den Tag legt, interessant: Immer wieder kommt der nächste Trick, der nächste Plottwist, der nächste Schauwert in schneller Folge bis zur Auflösung, die natürlich einen mega-konstruierten Plan Marke „The Game“ zugrundelegt, aber doch ein wenig überrascht. Hin und wieder knarzt die Logik im Gebälk, die grundsätzlich unrealistische Masterplanprämisse muss man eh akzeptieren, doch „Now You See Me“ überstrapaziert die Glaubwürdigkeit nie zu sehr. Gerade Thaddeus darf in Erklärbär-Funktion immer wieder die Tricks auflösen und so das Interesse des Zuschauers wachhalten, bis zur jeweiligen Enthüllungsrunde darf auf Publikumsseite gerätselt werden wie dieses und jenes nun lief, was das Interesse immer wieder wachhält. Da sich Freund- und Feindschaften hier schnell ins Gegenteil verkehren, da diverse Figuren eine eigene Agenda zu haben scheinen, setzt der Film einem weitere Rätsel abseits des „Wie haben sie das gemacht?“ vor.
Doch es gibt weitere Schmankerl, die dafür sorgen, dass der Film nicht allein auf seine Twists zu reduzieren ist (andernfalls wären wiederholte Sichtungen vermutlich uninteressant). Immer wieder findet sich auflockernder Humor, sei es in Form trockener Sprüche oder durch Schadenfreude, wenn einer der Egomanen einem anderen Egomanen auf den Leim gegangen ist, sei es durch die Raffinesse, mit der die Figuren einander verarschen und ihre Tricks sorgsam vorbereiten. Auch für Action ist gesorgt, gerade gegen Ende des zweiten Drittels drückt Leterrier so richtig auf die Tube: Ein famos choreographierter Zweikampf geht nahtlos in eine spektakuläre Autojagd über, die für Blechschäden und Stunts sorgt, alles famos inszeniert und durch den dynamischen Schnitt unterstützt. Nur das Finale, das mehr auf Lichtershow denn auf Zaubertricks oder Action-Schauwerte setzt, erweist sich dann als Downer, gerade nachdem die Einleitung des letzten Akts so famos war.
Jesse Eisenberg, Woody Harrelson, Dave Franco, Isla Fisher – ein starkes Darstellerquartett in den Magierrollen, das hier freilich nur begrenzt gefordert wird und am besten zum Zuge kommt, wenn es sich untereinander oder andere Personen aufs Kreuz legt, was alle vier gerne mit verschmitzten Humor tun. Mark Ruffalo als verbissene Jägerfigur wirkt anfangs eindimensional, offenbart nach und nach aber mehr Facetten, die ihn als einen der schauspielerischen Gewinner aus dem Film gehen lassen. Die andere Gewinnerin ist Mélanie Laurent, deren Agentin sich ihrem Partner auf professioneller wie später auch persönlicher Ebene annähert, was ihr und Ruffalo immer wieder Gelegenheit gibt sich die Bälle zuzuspielen und die unterschiedlichen Einstellungen der Gesetzeshüter zu betonen. Morgan Freeman und Michael Caine als Altehrwürdige liefern durchaus gute Leistungen ab, begnügen sich aber mit Supportrollen.
„Now You See Me“ hat seine Schwächen, sei es das begrenzt aufregende Finale oder die oberflächliche Ausarbeitung der Figuren, doch unterm Strich schlägt Leterriers temporeicher Thriller manch anderes Knallbonbon der Blockbustersaison: „Now You See Me“ gibt lockerer und unverkrampfter als viele Filme der Konkurrenz, kann mit dem ungewöhnlichen Magiermilieu punkten und unterhält in erster Linie mit faszinierenden Zaubertricks, schicker Action, einer Prise Humor und reichlich Tempo ohne zu behaupten, dass er mehr wäre als er tatsächlich ist. Und dafür ist man ihm dankbar.