Die Kamera kreist und wirbelt, Lichter blitzen, die Figuren sind nah und fern zugleich – alles ist Fassade, alles ist Illusion, alles ist Täuschung. Ein Film über moderne Zauberer wie ein Bühnentrick über Bühnentricks, schimmernd schön und innerlich hohl – das ist „Now You See Me“ aka „Die Unfassbaren“.
Der Franzose Louis Leterrier, der diesen filmischen Funkenregen angerichtet hat, ist weißgott nicht der Meister des ultimativen Feinschliffs, aber er weiß, wie man das Publikum und seine Aufmerksamkeit in Bewegung hält, indem man seine Figuren in Bewegung hält. Da mag nicht viel hinter stecken, aber hier geht es auch nicht um scharfsinnige intellektuelle Tiefe, sondern um den Oberflächenreiz, sich kurz verzaubern und täuschen zu lassen.
Und um das Problem, hinterher dafür eine Lösung anbieten zu müssen, denn im Vergleich zu einem Magierauftritt vor Publikum ist es im Kino im dem Diskutieren im Nachhinein nicht getan, die Magie der Illusion liegt in der modernen Tricktechnik begründet – allein dort kommt schon niemand mehr mit, wenn an allen Ecken und Enden gefeilt und ausgebessert wird.
Leterrier mag kein Fineliner sein, aber dafür kann er die Action so gestalten, daß sie das Zentralorgan seiner Filme wird – und läßt sie zugleich gut aussehen. Er schaffte es, die Massen aufgrund von Oberflächenreizen in den hohlen „Kampf der Titanen“ zu locken, verpaßte einem intellektualisierten „Hulk“ eine flottere Fortsetzung ohne zuviel störende Problemchen und gab der Transporter-Franchise mit dem zweiten Teil den nötigen Überschallschub. Manchmal geht dabei die Übersicht zwar flöten, aber die Hyperkinetik ist ja in der Moderne angekommen, was den Publikumsgeschmack betrifft.
Nun also einen grandiosen Taschenspielertrick als filmgewordenen Plot-Twist zu inszenieren, ist eine erfrischende Abwechslung nach dem eher steifen Götterspektakel – schnelle Bilder, smooth talk, viele Winkelzüge und eine Prise Action, das ist ein bewährtes Rezept, das viele der üblichen Stärken und Schwächen Leterriers mit trägt.
Schon der Einstieg erfordert höchste Aufmerksamkeit; nacheinander werden uns die vier künftigen Bühnenzauberer „The Horsemen“ vorgestellt, alle noch eher am unteren Ende der Nahrungskette. Der Illusionist Daniel Atlas (Jesse Eisenberg) ist ein selbstverliebter, aber genialer Egomane; Henley Reeves (Isla Fisher), seine ehemalige Assistentin steht ihm kaum nach und würzt ihre Show mit Action; Merritt McKinney (Woody Harrelson) ist ein talentierter Mentalist und meisterhafter Hypnotiseur und nimmt auf der Straße Leute aus und der junge Jack Wilder (Dave Franco), agil und findiger Meisterdieb und von großer Körperbeherrschung, ernährt sich von Taschendiebstählen - sie alle werden zu einem Treffen eingeladen, bei dem ihnen ein Plan offenbart wird, der ein Jahr später Früchte trägt. Ihren Auftraggeber kennen sie zwar nicht, aber ihr dreiteiliger Plan zur Erringung ewigen Ruhms soll nun mit Auftritten in Las Vegas, New Orleans und New York zur Umsetzung kommen. Und so präsentieren sie einen sensationellen Trick, bei dem ein zufällig erwählter Zuschauer in seine Pariser Bank teleport wird, um dort zu bezeugen, wie 3 Millionen Euro entwendet und sie über dem begeisterten Publikum in Vegas abgeworfen werden.
Prompt ruft das das FBI in Gestalt von Agent Dylan Rhodes (Mark Ruffalo) auf den Plan, der die vier von sich eingenommenen Künstler sofort nicht ausstehen kann. Ähnlich geht es ihm mit seiner aufgezwungenen Kollegin Alma (Melanie Laurent) von Interpol. Und auch der Ex-Bühnenmagier Thaddeus Bradley (Morgan Freeman), der jetzt seine Kollegen entlarvt und damit Geld verdient, scheint nicht eben ein Sympath zu sein.
Konsequent genug: Sympathie ist in diesem Film eh zweitrangig oder sogar total egal. Ebenso wie die Tricks zur Desorientierung beitragen, nimmt es der Film nicht als Hauptaufgabe, eindeutig einen Protagonisten an das Publikum weiter zu reichen. Man soll nie wissen, woran man mit den Charakteren ist und daher bleiben Absichten und Figur gleichfalls vage.
Unerwartet verschiebt sich so das Gleichgewicht des „Hauptdarstellens“ auch zunehmend: sieht die Vortitelsequenz noch die vier Zauberer im Fokus, rücken sie später abseits der Shows zunehmend in den Hintergrund. Stattdessen agiert Ruffalos FBI-Beamter, stellt sich aber meist so überheblich an, daß die Interpol-Kollegin kompetenter erscheint. Sogar Michael Caine (in einem relativ überschaubaren Bitpart als Finanzier) und Freeman changieren zwischen positiv und negativ.
Mit zunehmender Laufzeit wird zeitweise dann auch mal die Kamera ruhiger, dafür erhöht sich die Anzahl der Plotwendungen und es kristallisiert sich sogar ein mögliches Motiv heraus – bis dahin findet Leterrier aber zu alten Stärken zurück, inszeniert nah am Mann Kämpfe in Wohnungen oder zaubert halsbrecherische Autoverfolgungsjagden.
Die größten Probleme dabei macht allein das Skript (wahrhaftig nicht von absoluten Meistern der Zunft erdacht), daß zwar ständig propagiert, daß alles auf ein Großereignis am Ende zuläuft, dieses dann aber im Vergleich zu den ersten zwei Akten dann nicht wirklich liefern kann.
Natürlich läuft alles auf einen großen Coup hinaus, der findet jedoch kaum eine Entsprechung in einer dritten aufsehenerrgenden Bühnenshow, die mehr durch Lichteffekte, denn durch ein Programm punktet. Zu diesem Zeitpunkt hat sich der Film nämlich schon in den Aufklärungsmodus begeben und muß nun einen Strich für alle Figuren ziehen: wer wird belohnt, wer wird bestraft? Und was will jeder Einzelne?
Dabei tut sich allerdings noch das eine oder andere Logikloch auf und auch nicht alles wird erschöpfend aufgeklärt – an dieser Stelle hoffen die Macher wohl wie weilend Zauberer auf den „Suspense of Disbelief“, doch spätestens ab der Mitte vermutet auch noch der Letzte im Publikum einen Trick hinter der Trick (des Tricks) und es bleibt nicht mehr, als die Übertölpelung durch Übererklärung zu entwerten.
Satt macht der Film so nie; die Figuren bleiben meistens Chiffre im Dienste des unübersichtlichen Magie- und Diebstahlsplans, so daß „Die Unfassbaren“ eher ein Caper-Movie (einen Einbruch, Diebstahl behandelnd) darstellen, als einen unterhaltsamen Zauberfilm – allerdings ist Leterrier konkreter und weniger eitel als beispielsweise Soderbergh mit seiner unerträglich selbstverliebten Oceans-Trilogie.
Man muß „Now You See Me“ nicht mögen, vielleicht kann man es auch gar nicht, aber es ist ein cleverer Eventfilm mit ebenso cleveren Figuren, bei denen nie ganz klar wird, was davon echt und was nur Illusion ist.
Er ist ein „rush of entertainment“ und wer ein warmes emotionales Zentrum benötigt, wird hier nicht satt werden. Alle übrigen haben sich von dem Bühnenzinnober bis dahin aber ordentlich das Hirn durchpusten lassen.
Nur eins trübt den Spaß vielleicht: „Die Unfassbaren“ sind im Wesentlichen ein One-Trick-Pony! Hat man sie gesehen, hat man alles (und nicht „nichts“) gesehen. Aber das ist Kintopp! (7/10)