Ganz schön mutig einen Film Epic zu nennen, obwohl eigentlich gar nichts in diesem Film so bezeichnet wird. "Epic" ist ein Animationsfilm von 2013, der weder von Dreamworks, noch von Pixar ins Leben gerufen wurde, sondern von den Verantwortlichen der Firma Blue Sky, die bereits Werke wie "Rio" und "Ice Age" kreiert haben und damit eine beachtliche Konkurrenz für die zwei großen Animationsstudios wurde. Ich mag die Filme von Blue Sky, obwohl mich seit Ice Age kein Animationsfilm von denen so richtig aus den Socken hauen konnte. Doch enttäuscht wurde ich auch noch nie, da ich von Anfang an keinen Dreamworks Film erwarte. Und genau so sollte man auch an deren neustem Werk "Epic" heran gehen, dann wird der Name "Epic" auch gerechtfertigt für diesen Film herüber gebracht. Chris Wedge, der uns den grandiosen "Ice Age" und den durchschnittlichen "Robots" brachte, führt hier mal wieder Regie und liefert uns ein tolles, kleines Abenteuer, mit bekanntem Rezept, aber mit neuer, ideenreicher Zubereitung.
Die junge M.K. zieht nach dem Tod ihrer Mutter zu ihrem Vater, zu dem sie aber nie ein inniges Verhältnis hatte. Ihr Vater lebt weit abgeschottet in einer Waldgegend und ist ein eifriger Wissenschaftler der der festen Überzeugung ist, dass kleine Wesen im Wald leben und auf Vögel reiten. Natürlich glaubt seine Tochter ihm kein Wort und hält ihn für verrückt, was sehr am Verhältnis der Beiden nagt. Doch wie durch ein Wunder landet M.K. plötzlich mitten in der Welt der Leafmen, ein winzig kleines Volk, die für menschliches Auge kaum zu sehen sind. M.K. schrumpft auf ihre Größe und muss sich auch schon gleich einem schweren Abenteuer stellen. Der finstere Mandrake will das Volk der Leafmen auslöschen und so die Natur des ganzen Waldes gefährden. M.K. und ihre neuen Freunde, der tapfere Soldat Ronin, der Sturkopf Nod und zwei komische Schnecken, sagen dem finsteren Herrscher den Kampf an und benötigen dazu sogar die Hilfe von M.K's Vater.
Als ich den ersten Trailer sah, erinnerte mich das Ganze an eine Mischung aus "Die Borger" und "Ferngully", doch der Film ist eigentlich überhaupt nicht damit vergleichbar, denn die einzige Gemeinsamkeit ist lediglich die Körpergröße der Leafmen. Die Story schreitet sehr schnell voran, sämtliche Figuren werden sehr zügig vorgestellt und man erfährt sofort, wie die einzelnen Charaktere so drauf sind. Manchmal bekommt man jedoch das Gefühl, dass sich der Film nicht so ganz entscheiden kann, ob er jetzt ein etwas düsteres Werk sein will, dass für etwas ältere Kinder gedacht ist oder ob er doch für die kleineren gedacht ist, da hier sehr viel Klamauk und kindgerechter Humor vorhanden ist. Allerdings kommen von Seiten des Bösewichts auch viele trockene Sprüche und dieser Mischmasch aus bunt, lieb und kindgerecht und düster, episch, traurig und actionlastig passt nicht so optimal zusammen, wodurch viele Zusammenhänge etwas zitterig wirken. Mit Ausnahme vom Ende, bietet der Film jetzt auch keine großen Überraschungen, alles ist ziemlich vorhersehbar, auch wenn man dann ganz am Ende doch noch überrascht wird. Doch das Vorhersehbare wirkt zu keiner Sekunde störend, denn durch die traumhaften Animationen (allein die Haare von M.K. sehen beeindruckend aus), den tollen und wirklich epischen Kämpfen und der grünen Farbwucht wird das ganze zu einem wirklich beeindruckendem Abenteuer, der auch ohne große Akzente begeistern kann.
"Epic" hat ein paar kleine Probleme innerhalb der Charaktere, die aber auch nicht weiter schlimm sind, sofern man stets im Hinterkopf behält, dass das Ganze auch noch ein Kinderfilm sein soll. Das größte Problem stellt meiner Meinung nach Nod da, der einfach zu stereotypisch ist und keine besonderen Merkmale hat, die diesen Charakter zu irgendwas Besonderem machen. Er wirkt einfach wie der typische Draufgänger, der schneller handelt als denkt und der sich erst hinterher um die Konsequenzen Gedanken macht. Da ich den Film ausnahmsweise auf deutsch gesehen habe, kann ich hier nur die deutsche Synchronisation bewerten, die mir aber ungewöhnlich gut gefallen hat. Raul Richter spricht Nod und verleiht ihm eine tolle, absolut treffende Stimme. Allerdings kann man dadurch trotzdem nicht über dieses kleine Problem hinweg sehen, dass Nod einfach viel mehr eigene Persönlichkeit nötig gehabt hätte. Ganz anders ist da Ronin, der mein Lieblingscharakter im gesamten Film ist und wunderbar von Tobias Kluckert gesprochen wird. Eigentlich wäre er der ideale "Hero" gewesen, wenn man ihn um 10-15 Jahre jünger gemacht hätte, denn er bringt einen tollen, selbstbewussten Charakter mit der Nod von der Persönlichkeit her um Längen schlägt. Das befreundete Duo Oliver Welke und Oliver Kalkofe sprechen die beiden Schnecken Mub und Grub und zeigen hier erneut, dass sie wirklich wunderbare Synchronsprecher sein können und haben mich auf ganzer Linie überrascht, auch wenn vielleicht eine Schnecke gereicht hätte. Mub und Grub sorgen für die nötigen und vor allem die meisten Lacher und verschonen die Kids stets nach dramatischen Ereignissen. Christoph Waltz spricht sowohl im englischen, als auch im deutschen den Schurken Mandrake und meine Güte was liefert dieser Mann hier für eine Leistung ab. Waltz ist für mich mittlerweile ein Garantie-Siegel für gute Schauspielarbeit geworden und bestätigt sein großartiges Talent auch innerhalb der Synchronarbeit. Mandrake ist ein wirklich fieser Fiesling, der sich trotzdem nicht für den ein oder anderen schwarzhumorigen Spruch zu schade ist. Nur schade, dass der Endkampf gegen ihn etwas zu lieblos gestaltet wurde. Nachdem wir eine atemberaubende und toll inszenierte Schlacht zu sehen bekamen, fällt das 1:1 Duell gegen Mandrake sehr mau aus. Zu guter Letzt haben wir noch Bomba, M.K's Vater, den man als "verrückten" Wissenschaftler und etwas schluderigem Vater sofort ins Herz schließt, da man als Zuschauer von Anfang an weiß, dass er so gar nicht auf dem Holzweg ist.
"Epic" ist ein wunderbarer Animationsfilm mit kleinen, aber verschmerzbaren Schwächen, der jetzt nicht das Animations-Highlight 2013 werden wird, aber zumindest für 1 1/2 Stunden bestens und sehr mitreißend unterhält, weswegen Animationsfans hier voll und ganz auf ihre Kosten kommen werden. Nur einen Dreamworks oder Pixar Film sollte man hier nicht erwarten, da man sonst mit zu hohen Erwartungen an den Film heran treten wird.
Fazit : Epic ist auf jeden Fall Epic! Zumindest der größte Teil. Blue Sky liefert uns erneut einen sympathischen Animationsfilm mit netter Öko-Waldbotschaft ab. Drollige und sehr liebenswürdige Charaktere würzen das ganze noch fein zu einem wunderbaren Abenteuer. "Rio 2" kann kommen!
8/10