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Der Filmtitel lässt keinen Zweifel daran, dass sich Regisseur und Drehbuchautor Peter Häuser nicht mit halben Sachen aufhalten wollte. Menschliche Triebe allein genügten nicht - eruptiv sollten sie sich ihre Bahn aus den Tiefen der menschlichen Abgründe brechen. Die Initialzündung für diese Ende der 60er Jahre populäre Mischung aus Sex, Habgier und Tod lässt sich auf den Kameramann und Produzenten Franz Vass zurückführen, der im Jahr zuvor mit "Jungfrau aus zweiter Hand" (1967) einen thematisch verwandten, allerdings prominenter besetzten und unter dem erfahrenen Regisseur Akos Rathonyi entstandenen Film produzierte. Trotz populärer Mimen wie Ingrid van Bergen oder Wolfgang Preiss blieb dem Film der Erfolg versagt, weshalb Franz Vass bei "Vulkan der höllischen Triebe" fast ausschließlich auf Newcomer setzte, die den Film aber nicht als Sprungbrett für eine Film-Karriere nutzen konnten. Auch Vass produzierte keinen weiteren Film mehr, sondern beließ es bei der Kameraarbeit - darunter noch im selben Jahr unter der Regie von Günther Hendel bei "Soviel nackte Zärtlichkeit" (1968), der einen ähnlichen Genre-Mix wagte.

Der Versuch, den Gangsterfilm im Stil eines Jean-Pierre-Melville mit der aufkommenden Sexfilmwelle zu verbinden, misslang gründlich. Um nackte Tatsachen ins Bild rücken zu können, musste den jungen, mit Sonnenbrillen versehenen und ständig im offenen Cabriolet fahrenden Möchtegern-Gangstern ein abstruser Plan angedichtet werden, der auch bei näherer Analyse keine Erfolgsaussichten versprach. Sie organisieren einige hübsche, junge Mädchen - darunter auch Professionelle - für eine mondäne Party-Location im Voralpenland. Aufwand und Nutzen stehen bei dem Versuch, auf diese Weise reiche Freier auszunehmen, in keinem Verhältnis. Während Jürgen - dank besonders cooler Fresse der heimliche Anführer der Gang - mit einem offenen Jaguar E durch halb Deutschland fährt, um zwei Prostituierte abzuholen, wird in der Villa in der Nähe von München groß aufgetischt. Und wofür? - Zwar gewinnen die zwei professionellen Damen jeweils einen potenten Freier, von denen Einer auch aus Begeisterung für die hübsche blonde Karin einen Scheck über 1000 Mark locker macht, aber das Geld gehört ausschließlich ihr.

Indem Jürgen einfach eine Null an die Zahl hängt, kann er ihren Etat zwar halbwegs ausgleichen, doch selbst ihm und den anderen Jungs dämmert es langsam, dass ihr Plan mehr kostet als einbringt. Glücklicherweise spielt ihnen Kamerad Zufall erneut in die Hände. Von Karin, die ein Verhältnis mit dem reichen Geschäftsmann eingeht, erfahren sie von dem Transport der Lohngelder und planen einen Überfall. Damit wechselt "Vulkan der höllischen Triebe" vom soften Sex-Film zur Gangster-Ballade, womit die Überforderung von Drehbuch, Schnitt und Darstellerleistungen noch offensichtlicher wird. Den Genre-Vorbildern nacheifernd, erzählt der Film von einem erfolgreichen Überfall, dem der Streit über die Beute bis zum entscheidenden Duell zwischen den Widersachern folgt. Doch der Film löst dieses Versprechen nicht ein. Der Raub der Lohngelder vermittelt den Thrill eines Handtaschendiebstahls und die Streitigkeiten unter den Gang-Mitgliedern enden mit einem warmen Händedruck. Statt Verfolgungsjagden mit der Polizei gibt es unmotivierte Fahrten im Cabriolet vor einer schönen Bergkulisse – in unterschiedlicher Mannschaftsstärke, notfalls mit zwei Mann auf dem Kofferraumdeckel.

Dass „Vulkan der höllischen Triebe“ schnell in Vergessenheit geriet, scheint angesichts dieser Mängel folgerichtig, aber diese Schwächen sind gleichzeitig auch die Stärken des Films. Wenn Jürgen zu Beginn im offenen Wagen über die Autobahn und durch die nächtlichen deutschen Städte fährt, begleitet von melancholisch klingender Zittermusik, dann wird der Wunsch nach Ausbruch verständlich. Die BRD war Ende der 60er Jahre ein stark reglementierter Ort, der keine Abenteuer versprach, aber Jürgen und seine Kumpanen lassen sich davon nicht abhalten, sind ständig in Bewegung, balgen sich wie kleine Jungen und posieren als lässige Frauenhelden oder coole Gangster.

Trotz ihres überheblichen Dilettantismus – in der skurrilsten Szene des Films stellen sie fest, dass sie ihre Beute im Kofferraum des gerade in einem See versenkten Fluchtwagens vergessen hatten, um sofort mit völliger Selbstverständlichkeit einen Taucheranzug samt Sauerstoffflaschen aus dem Kofferraum des Sportwagens hervorzuholen – zeigt der Film kein Interesse daran, sie vollständig scheitern zu lassen. Häuser verzichtete sowohl auf die in den Genre-Vorbildern übliche Tragik und Fatalismus, als auch auf die gewohnten moralisierenden Fingerzeige zeitgenössischer deutscher Produktionen. Angesichts der spielerischen Leichtigkeit und den ausnahmslos sonnenüberfluteten Bildern vor einer Bergkulisse klingt „Vulkan der höllischen Triebe“ etwas übertrieben dramatisch, denn selten wirkte Deutschland im Film so ungezwungen südländisch.(7,5/10)

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