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Schon von Autoren-Seite scheint Iron Man 3 eine Art Selbstfindungstrip geworden zu sein. Nach dem ganzen Getöse ist Tony Stark (Robert Downey Jr.) etwas abgespannt, während er Pepper Potts (Gwyneth Paltrow) zwar die Firmenbelange regeln läßt, ihr aber in seinem von Schlaflosigkeit geprägten Lebenswandel nicht die Aufmerksamkeit zukommen läßt, die sie sich wünscht.
Zur Orientierung für Zuschauer und Filmemacher besinnt man sich daher zunächst des Ursprungs in einem ausgewogenen Stadium, über deren Attribute schon 1963 in der zweiten Story (Iron Man Versus Gargantus! aus Tales of Suspense #40) explizit betont wurde, Tony Stark würde drei Leben führen: Der Wissenschaftler, der Playboy und Iron Man.
Aus dieser heißen Zeit schnappt man sich nun eine heiße Silvesternacht 1999, an die sich Tony kaum entsinnt, die jedoch für reichlich Feuer sorgt, als Tonys Bekanntschaft, die Biologin Maya Hansen (Rebecca Hall), plötzlich vor der Tür steht.

Für reichlich Zündstoff sorgen reichlich verzwirbelte Beziehungen. Das ist recht geschickt, weil auf diese Weise der Eindruck einer Figurenentwicklung entsteht und gleichzeitig der Nährboden besteht, um das Silvesterfeeling im heiß begehrten Finale mit einem entfachten Effektfeuerwerk wieder aufzunehmen. Iron Man 3 ist letztlich gerade Tony Starks persönlich offenbarenster Film. Dreh und Angelpunkt in diesem Geflecht ist Aldrich Killian (Guy Pearce), Inhaber der Firma A.I.M.. Seinerzeit von Tony Stark bezüglich einer Unterstützung abgelehnt, ist er der aktuelle Arbeitgeber von Maya Hansen und ebenso ein Bekannter von Pepper Potts.
Tony Stark erleben wir in schwacher Stunde quasi schon als gebrochenen Helden mit einem Weltbild, das fast auf einen nahenden Ruhestand hindeuten will, wie in Christopher Nolans drittem Batman Film The Dark Knight Rises. Als sei dies der neue Fluch der Trilogie ist Tony Stark in Iron Man 3 geschüttelt von Schlafentzug und Panikattacken. Seine Basteleien gehen ins Unermessliche, verlieren offenbar aber auch an Qualität, was sich in einigen Blechschäden äußert.

Sein Kumpel Colonel James Rhodes (Don Cheadle) wurde inzwischen von War Machine in Iron Patriot umgetauft, um in den amerikanischen Farben bepinselt gegen den Terroristen Mandarin (Ben Kingsley mit einigen nüchternen, aber großartigen Pointen) anzutreten, anstatt sich im Metallanzug wie in einem Kokon vor den eigenen Ängsten flüchtend einzuigeln. Was Rhodes nicht weiß, ist, daß auch die amerikanische Regierung in die Bedrohung involviert ist.
Der in Iron Man 3 erstaunlich offen-kritische Umgang mit dem Kampf gegen den Terror fruchtet möglicherweise auf einem Sachverhalt, den Stan Lee in Son of Origins of Marvel Comics (Fireside Books, 1975) zu erklären versuchte. Während der erste Iron Man Film seinen Anfang in Afghanistan nimmt, so war dies in der ursprünglichen Origin Story (Iron Man is Born! aus Tales of Suspense #39) noch in Vietnam angesiedelt. Stan Lee betonte, man vertrete mit Marvel keine konkreten politischen Ansätze, jedoch habe man 1963 ein anderes Weltbild empfunden, in welchem bei eindeutiger Schwarz/Weiß Zeichnung eben die USA klar im Recht gewesen seien. Dieser Eindruck habe sich später gewandelt.
In Iron Man 3 analysiert man den Fall eines hochstilisierten Anführers einer Terrorzelle, entlarvt Interessen aus der Wirtschaft und spart nicht aus, daß es auch in der Politik schwarze Schäflein geben kann. Gerade die Figur des Mandarin ist gegenüber den Comics eine Überraschung.

Für Tony Stark wird der Superbösewicht in Iron Man 3 erst zum eindeutigen Feindbild, als Happy Hogan (Jon Favreau, diesmal nicht zusätzlich auf dem Regiestuhl) bei einem Anschlag schwer verletzt wird. Scheinbar ruhig und bei Sinnen spricht Stark eine Kampfansage in die Kameras der Presse, nennt seine Privatadresse, wo die Tür dem Mandarin immer offen stünde. Daß fortan die Medien sein Haus belagern nimmt er in Kauf. Die größte Frage des Zuschauers ist eigentlich, ob eine Hausratsversicherung die bewußt riskierten Schäden auch in so einer Situation bezahlen würde.
Später in der Einöde mit defektem Eisenanzug gestrandet kann Tony Stark eine andere Seite zeigen, als er auf die Hilfe des gewitzten Jungen Harley (Ty Simpkins) angewiesen ist. Empathie scheint nicht seine Stärke zu sein. Zumindest hat der harte Iron Man so seine Schwierigkeiten damit, Gefühle und kindgerechtes Verhalten zu zeigen. Auch, wenn man gern viel und natürlich für alle etwas bieten möchte, so potentieren sich diese diversen Stränge schließlich jedoch in der Summe zu gut 131 Minuten (allerdings) mit wie immer beachtlichem Abspann, was neben dem 3D-Zuschlag in den meisten Kinos auch einen Überlängen-Zuschlag bedeutet. Tatsächlich hätte man dieses austreibende Storygewusel gern etwas raffen können, wobei mir persönlich auch wieder die Actionszenen zuviel der Show waren, weil längst nicht alle Aktionen wichtig für die Erzählung sind.

Auch die 3D-Technik rechtfertigt letztlich wenige Teile des Actionspektakels, welche Fans von Computereffekten sicher unterhält. Dies bezieht sich nicht nur auf Effekte aus dem Computer, sondern auch die sehr ansprechend wirkenden Hologramme im filmischen Umgang mit Computern, die speziell in 3D natürlich eine optische Wucht ergeben. Zwar gibt es ein paar dezente Momente, in denen ein Finger aus der Leinwand ragt oder die Funken tanzen – was allerdings in Fright Night deutlich besser gelungen war – jedoch kommt Iron Man 3 im Grunde vollkommen ohne zusätzliche Dimension aus, die nur ein nettes Gimmick ist. Gerade weil die Story eben die Tiefe tatsächlich in der Handlung erlaubt und so das Gesamtpaket mit höherer Dichte gegenüber dem etwas flaueren Iron Man 2 wieder anzieht, könnte man mit dem Film auch in Flunderoptik zufrieden sein.
Ob Shane Black, der mit Robert Downey Jr. auch seinen Hit Kiss Kiss Bang Bang inszenierte, trotz Drehbuch-Credit großen Einfluß auf die Inhalte des Films hatte, ist fraglich. Immerhin ist die Linie der Marvel Cinematic Series unterstellt. Dabei bleiben die Anspielungen auch für Quereinsteiger erträglich. Eher wird kurz am Rande auf Veränderungen seit der Mann mit dem Hammer vom Himmel fiel hingewiesen, oder Mr. Iron Man wird mit dem Stichwort New York gepiesackt.

Wie drückt man nun aus, was auch weniger bewanderten Cineasten langsam dämmern müsste? Nun, für Tony Stark ist Iron Man 3 eine Herzensangelegenheit, Gwyneth Paltrow ist am Ende irgendwie heißer als sonst und Stan Lee erhält für seinen Cameo-Auftritt diesmal eine 10. Interessant ist die aufgezeigte Verletztlichkeit Tony Starks, die auch auf das Fratzengeballer in Marvel’s The Avengers zurückzuführen ist, in dessen Natur die Figurenentwicklung weniger im Vordergrund stehen konnte. Insgesamt hält Marvel jedoch nur den üblichen Qualitätslevel im oberen Durchschnitt, allein schon deshalb, weil man zu wenig Kanten aufbaut, um die einen Kunden zu verprellen, während andere in Begeisterungsstürme ausbrechen können. Alles gleicht sich irgendwie aus, so wiegen zum Beispiel Product Placement, das herzerweichend wichtige Kid und die Tatsache, daß hier kein fuckin’ Heavy Metal gespielt wird(!) auf, daß man in der ansprechenden Story auch dem Superbösewicht einige Facetten mehr einräumt. Und wenn Tony Stark doch so innerlich auf die Probe gestellt wird, so ist es andererseits wieder ein optisch hochglanzpoliertes Spektakel mit generischem Score.

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