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Warum das nun schon fast seit einem Jahrzehnt ungebrochen erfolgreiche Superheldenkino so gleichermaßen prächtig bei Jung und Alt funktioniert, lässt sich wunderbar am nunmehr dritten Auftritt des „Iron Man" ablesen. Während die Jugend wohl in erster Linie den fantastischen Schauwerten aus immer perfekter werdender Action-Illusion und Tricktechnik erliegt, dürften die etwas Älteren vor allem die ausgiebigst ausgeloteten charakterlichen Untiefen der alles andere als eindimensionalen Helden sowie die oftmals nicht nur durchschimmernden, gesellschaftskritischen Kommentare goutieren. Ob die Marvel-Heroen Spiderman, Thor, Iron Man, oder insbesondere die dunkle DC-Ikone Batman, stets geht es bei all dem bombastischen Actionbrimborium auch und keineswegs nur am Rande um die verwundbare Seele der nur oberflächlich stahlharten Weltenretter.

Tony Stark alias Iron Man ist zweifellos die schillerndste Figur am Exzentrik-reichen Superheldenfirmament. Seine hervorstechendsten Eigenschaften sind überbordende Arroganz und uneingeschränkte Selbstverliebtheit. Doch diese an sich nicht gerade liebenswerten Züge werden durch einen sprichwörtlich entwaffnendem Charme und eine gehörige Portion Selbstironie mehr als wett gemacht, so dass Tony der mit Abstand sympathischste Comic-Held, zumindest in seiner Leinwand-Version, ist.
Den größten Anteil daran hat sicherlich Robert Downey Jr. Kaum ein anderer Darsteller versprüht offenkundig so viel Begeisterung, Elan und geradezu ansteckende Spielfreude bei der Erschaffung eines Groschenheft-Helden und bringt dazu noch so viel von seiner eigenen Persönlichkeit mit ein. Schon der fulminante Einstand (Iron Man, 2009) machte deutlich, dass das größte Plus des Projekts eindeutig sein Hauptdarsteller ist. Als man - wie bei Fortsetzungen so üblich - für das erste Sequel das Höher, Schneller, Weiter-Konzept anwandte, waren Publikum und Kritiker zumindest moderat enttäuscht.

So gesehen ist es nicht nur ein Glücksfall, sondern auch folgerichtig, dass man sich für Tony Starks drittes Leinwandabenteuer wieder mehr auf die Hauptfigur konzentrieren wollte. Ein Glücksfall ist in diesem Zusammenhang ohne Frage auch die Verpflichtung von Regisseur Shane Black.
Es war Downey Jr. persönlich, der unbedingt seinen alten Kumpel Black am Ruder haben wollte. Eine durchaus gewagte Forderung, galt doch der in den 80ern zu frühem Ruhm als Action-Sriptautor gelangte Black (u.a. „Lethal Weapon" 1 und 2 sowie „The last boyscout") spätestens nach dem Renny Harlin-Flop „The long Kiss Goodnight" (1996) als ausgemachtes Kassengift. Auch sein Comeback-Versuch als Regisseur und Autor in Personalunion „Kiss Kiss, Bang Bang" (2005) scheiterte kläglich - der Film spielte weltweit lediglich katastrophale 15 Millionen Dollar ein -, obwohl die wunderbare Neo-Noir-Komödie vielen heute als Kultfilm gilt.
Aber Downey Jr. glaubte an die Stärken des lange Zeit Geschmähten und setzte dessen „Iron Man 3"-Engagement auch als Verfasser des Scripts durch. Und ähnlich wie in „Kiss Kiss, Bang Bang" geben die beiden ein formidables Gespann ab, nur dass diesmal der finanzielle Erfolg mit 100-prozentiger Sicherheit das immerhin stolze Budget von 200 Millionen $ pulverisieren wird. Zweifellos eine späte und durchweg verdiente Genugtuung für die sich 2005 zu Unrecht auf einem Karrieretiefpunkt befindenden Freunde.
 
Und die Chemie der beiden stimmt nach wie vor. „Iron Man 3" ist eine perfekt austarierte Mischung aus (nicht allzu schwermütigen) Charakterdrama und spektakulären Actionsequenzen. Nach der Weltenrettung mit seinen Avengers-Kollegen gerät Tony Stark in eine Sinnkrise, die ihn in eine rastlose Arbeitswut treibt und ihm letztlich sogar den allnächtlichen Schlaf raubt. Das beschert ihm nicht nur eine Beziehungskrise mit der an sich überaus duldsamen Pepper Potts (Gwyneth Paltrow), sondern lässt ihn auch potentiellen Feinden gegenüber allzu sorglos und hitzköpfig agieren. So nimmt er die Bedrohung durch den mysteriösen Terroristen „Mandarin" (Ben Kingsley) nicht nur auf die leichte Schulter, sondern provoziert den bereits weltweit Gefürchteten ebenso ungestüm wie unnötig vor laufenden Kameras. Die Antwort folgt postwendend und fällt äußerst unsanft aus. In der sowohl dramaturgisch wie auch visuell beeindruckendsten Szene des Films wird Starks mondänes Küstendomizil und gleichzeitige Iron Man-Werkstatt in en Abgrund des Atlantik gebombt.
Eine durch und durch symbolische Szene, da sich der all seiner Spielzeuge und Hi-Tec-Anzüge beraubte Stark nun wieder auf seine Ursprünge als findiger Bastler und Tüftler besinnen muss, um sich aus dem tiefen Sumpf materieller wie psychischer Ohnmacht heraus zu ziehen. Dass der egozentrische Lebemann dazu in der amerikanischen Provinz untertaucht und sich zudem kindlicher Hilfe bedient, ist nur eine der vielen selbstironischen Raffinessen und Einfälle des für einen Sommer-Blockbuster überraschend ideen- und wendungsreichen Drehbuchs.

Natürlich ist der Aufschrei einiger Comic-Puristen verständlich, die hilflos mitansehen mussten wie Tony Starks Dauer-Nemesis Mandarin in ihrer Filmversion sagen wir mal recht radikal modifiziert wurde. Andererseits wird hier Ben Kingsleys mimische Wandlungsfähigkeit perfekt genutzt um eine ganz eigene Abrechnung mit dem früheren Al Kaida-Chef unterzubringen, die vor boshafter Ironie nur so sprüht. Das hat durchaus satirisches Potential und harmoniert bestens mit der immer wieder durchschimmernden politischen Unkorrektheit des Titelhelden. Darüber hinaus gelingt es auch ein paar weitere brisante Themen auf unterhaltsame Art einzubauen, ohne dabei das Mainstream-Publikum allzu sehr zu (über-)fordern. So werden u.a. die Mißbrauchsmöglichkeiten des Internets durch politische bzw. religiöse Fanatiker ebenso kritisiert wie die Ambivalenz der modernen Genforschung.

Shane Black hat also trotz seiner langen Zwangspause nur wenig verlernt. Wie die von ihm geschriebenen ersten beiden „Lethal Weapon"-Streifen ist auch „Iron Man 3" ein mit Esprit, Witz und Action vollgepacktes Superhelden-Abenteuer, das den etwas unausgegorenen zweiten Teil in allen Belangen übertrifft. Robert Downey Jr. glänzt erneut in seiner Paraderolle und stellt eindrucksvoll unter Beweis warum er nicht nur die beliebteste, sondern auch die interessanteste Inkarnation aus dem riesigen Fundus an Comic-Heroen ist. Nichts gegen die „Avengers", aber die Ein-Mann-Show des Tony Stark ist dann im Zweifel definitiv die launigere Angelegenheit. Auch ein am Ende des dritten Films in seiner Egozentrik sanft geläuterter Iron Man dürfte dies ähnlich sehen. So viel gesundes Selbstbewusstsein darf und soll dann doch noch sein.

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