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Auch wenn Marvel sein seit den frühen 60er Jahren entwickeltes Superhelden-Universum schon einige Jahre selbst auf die Kinoleinwand bringt - und "Spiritus Rector" Stan Lee dabei seinen obligatorischen Kurzauftritt ableistete (diesmal als Jury-Mitglied bei einem lokalen Model-Wettbewerb) - konnte ein zentrales Problem bei der Adaptierung der Comic-Vorlage für ein Drehbuch nicht gelöst werden. Die charakterliche Entwicklung, einhergehend mit Veränderungen im Privatleben, schritt in den Comicheften nur langsam voran, da die jeweilige Auseinandersetzung mit einem Superschurken im Mittelpunkt stand. In den Filmen ist die Gewichtung entgegen gesetzt, da sich der Superheld meist nur mit einem Gegner herumschlägt, während sein privater Charakter eine schnelle Entwicklung zur Identifikation benötigt.

Schon beim ersten "Iron Man" Film 2008 gelang es Robert Downey Jr. dank seiner schnoddrigen, sich selbst nicht ernst nehmenden Art, hohe Sympathiewerte zu erreichen, aber auch das verhinderte nicht, dass zwei Filme genügten, um den Großteil seines Werdegangs abzuwickeln. Verbunden mit seinen Erfahrungen aus der ersten "Avengers" (2012) Episode, befindet sich Tony Stark (Robert Downey Jr.) zu Beginn von "Iron Man 3" in einem demoralisierten Zustand, hat die Leitung seines Imperium längst seiner Geliebten Pepper Potts (Gwyneth Paltrow) übertragen, und bastelt in seiner hoch über den Klippen gelegenen Villa nur noch an seiner "Iron Man" - Rüstung herum. Die Macher um Neu-Regisseur Shane Black, der Vorgänger Jon Favreau ablöste und als erfahrener Drehbuchautor ("Lethal Weapon") auch die Story mit entwickelte, hatten den richtigen Gedanken, um dem dritten Zeil neuen Schwung zu verleihen. Das Grundgerüst der Story basiert auf der "Extremis" - Episode, die 2005/06 als Neuentwicklung der "Iron Man" Reihe heraus gebracht wurde. Die dort behandelten aktuellen Themen wie biologische Kampfmethoden und den Al-Qaeda-Terrorismus kombinierten sie mit klassischen Motiven aus der Frühzeit der Comic-Serie.

Der "Mandarin", der dank Ben Kingsleys Spiel zu den Höhepunkten des Films zählt, gehörte schon in den 60er Jahren zu den Erzfeinden des "Eisernen", spielt hier aber die zeitgenössische Rolle eines Terroristen, der direkt den us-amerikanischen Präsidenten (William Sadler) bedroht. Einen seiner tödlichen Anschläge überlebt Happy Hogan (Jon Favreau), Tony Starks Leibwächter und Freund, nur knapp, was den "Iron Man" erst auf den Plan ruft und zu einer direkten Herausforderung an den Attentäter verleitet. Stark ahnt nicht, dass Hogan seltsamen Vorgängen auf der Spur war, nachdem er Aldrich Killian (Guy Pearce) beim Besuch in Starks Firma beobachtet hatte. Dort hatte er Pepper Potts, die früher in Killians Entwicklungslabor angestellt war und die er nach wie vor persönlich schätzt, ein Angebot zur Zusammenarbeit vorgelegt.

Vor vielen Jahren hatte der damals noch behinderte, nervös und gehemmt auftretende Killian Tony Stark aus dem selben Grund angesprochen, aber dieser hatte sein Ansinnen arrogant zurückgewiesen und verbrachte lieber die Nacht mit dessen Assistentin Maya Hansen (Rebecca Hall) - ein schwerer Fehler, wie Stark langsam feststellen muss. In der Vorgeschichte aus dem Jahr 1999 schlüpft Downey Jr. noch einmal in den selbstgefälligen Modus der ersten "Iron Man" Episode, aber wenig später wird er komplett auf seine Ursprünge reduziert. Der "Mandarin" hatte seine Provokation offensichtlich ernst genommen und greift sein Domizil mit voller Wucht an, weshalb ihm nach der Rettung Peppers nur noch das nackte Überleben gelingt - mit einer "Iron Man"-Rüstung, die kaum mehr als Schrottwert besitzt.

Während seine Gegner um den "Mandarin" biologisch aufgerüstete Supermenschen auf die Menschheit loslassen, die selbst zu Bomben werden können, versucht Tony Stark in der Werkstatt eines Jungen (Ty Simpkins), dessen im Krieg versehrter Vater angeblich zu den Bombenattentätern gehörte, seine Rüstung zu reparieren. Dieser Konstellation ist es zu verdanken, dass Robert Downey Jr. zu einem Großteil des Films nicht als Superheld, sondern als normaler Typ unterwegs ist, der den Angriffen der überlegenen Gegner vor allem mit seinem respektlosen Mundwerk begegnet, was die Spannung und damit das Vergnügen an dem Film zusätzlich erhöht. Natürlich kommt es am Ende zum erwarteten groß angelegten Show-Down, bei dem Pepper Potts und sein alter Kumpel James Rhodes alias "War-Machine" (Don Cheadle) nicht fehlen dürfen. Aber bis dahin kann Regisseur Shane mit einer differenzierten und überraschenden Story überzeugen.

"Iron Man 3" gelingt es, seine Vorgänger - besonders den zweiten Teil - zu übertrumpfen (womit das verzichtbare 3D nichts zu tun hat), indem er aktuelle Themen mit einbezieht, die auf den Zwiespalt zwischen humaner Forschung und Aufrüstung anspielen, sich ironische Anspielungen auf die heutige Medienwelt leistet, gleichzeitig seinem Superhelden aber die Superkräfte raubt - zumindest zeitweise. Damit löst der Film zwar nicht grundsätzlich die Schwierigkeiten bei der Adaption der Comis, kann hier aber mit einer eigenständigen Umsetzung und hohem Unterhaltungswert punkten - wie ein angesichts des großen Erfolgs der Reihe wahrscheinlicher vierter Teil damit umgehen wird, bleibt abzuwarten.(8/10).

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