The Criminals Attack. The Police Respond.
Großproduktion eines Actionthrillers/-dramas aus Japan, die das ganze Land zum Schauplatz seiner Hetzjagd und den Zuschauer durch eine indirekte moralische Fragestellung und seiner Ausgangsposition im Konjunktiv aus sofort in den Bann über die eigentliche dramaturgische Situation hinaus gefangen nimmt. Wie würde man als Einzelner und zusätzlich in der Situation der Hauptfiguren im jeweiligen Moment entscheiden, das schnelle Geld, die emotionale Genugtuung, das ethische Empfinden über die simple Ausübung des Berufes und das Ausführen von Befehlen, die Gerechtigkeit im Sinne des Staates oder die Gerechtigkeit der Masse abwägen. Was ist Jemand wert, der das Leben Anderer selber nicht schätzt?:
Im Kitazawa - Distrikt ist die misshandelte Leiche eines siebenjährigen Mädchens und mit dem frisch aus dem Gefängnis entlassenen Kiyomaru Kunihide [ Fujiwara Tatsuya ] auch schnell der Täter der Abscheulichkeit gefunden worden. Während sich dieser noch auf der Flucht befindet, setzt der Großvater der verstorbenen Kleinen, der milliardenschwere Gründer der Ninagawa Industrial, Ninagawa Takaoki [ Yamazaki Tsutomu ], ein ebensolches Kopfgeld auf den sich Versteckenden aus, wodurch dieser auch bald in die Arme des Gesetzes getrieben wird, die große Hetzjagd aber erst noch beginnt. Aufgestachelt durch aus Geld, dass selbst bei Versuch der Tötung des Verbrechers ausgezahlt wird, probieren nun selbst harmlose Bürger ihr Glück des Anschlages, wodurch die geplante Überführung zum Spießrutenlauf der sich wenig dafür bereit erklärenden Polizisten wird. Lieutenant Mekari Kazuki [ Osawa Takao ] aus Tokio soll die Einheit anführen, begleitet und unterstützt von der alleinerziehenden Shiraiwa Atsuko (Matushima Nanako), dem Veteranen Okumura Takeshi [ Kishitani Goro ] und dem aufbrausenden Kanbashi Masataka [ Nagayama Kento ].
Erst das Opfer, dann die Beschützer, der späte Schauplatz aus der Vogelperspektive und schließlich das ausgesetzte Kopfgeld. Mit vier Zutaten eröffnet der Film, kommt der eigentliche Auslöser und Täter des Geschehens, der mutmaßliche Mörder anfangs nur per ausgedruckten und verteilten Fahndungsfoto und als verängstigter und auf der Flucht Getriebener in das Geschehen. Ein junger Mann noch, der sich vor Furcht in die Ecke drückt und auf die Hilfe und die Zuflucht Anderer angewiesen ist, der verzweifelt und schreiend vor Schreck um sein Leben kämpft und sich schließlich blutüberströmt in die Arme der Polizei stellt. Was wie die Unschuld in Person wirkt, und da die Mordtat selber nur im Ergebnis aus den Nachrichten und der Berichten der Polizei im Hintergrund vorgestellt wird, so auch durchaus die verhaltenen Anfangssympathien des Publikums erreicht, entpuppt sich bald als tatsächlich übles, aber auch menschliches Wesen; was die ersten Ansichten vom Empathie und Meinungsbildung erst wechselt und immer wieder aufbaut und zerstört.
Ein Clou der open season - Erzählung, basierend auf dem Roman von Kiuchi Kazuhiro, die sich abseits des Porträts der fünf ausgesuchten Beschützer – ein zusammengewürfeltes Team, von denen keinen Zwei den Gegenüber tatsächlich kennen und auch die Zeit für Verbindung und Vertrauen nicht erwerben – erst nach und nach der eigentlichen Fragestellung in der Mitte des Zentrums nähern. Erst sind die wenigen Gegebenheiten vertraut, braucht Jemand Schutz vor der Öffentlichkeit, ein Einzelner gegen Alle, steht der Rechtsstaat gegen Selbst- und Lynchjustiz und wird dies auch optisch in einer klaren Schwarzweißzeichnung mit Gegenständen und Mobiliar ordentlich in Reih und Glied, alles wie blitzblank geputzt und mit Lineal aufgeräumt gestellt platziert. Auf Ehre und Gewissen. Doch einfach macht das Drehbuch im Verlauf die Entwicklung der Pattsituation vom Riss in Gesetz und Ordnung, in der eine ganze Bevölkerung selbsternannt Richter, Geschworene und Henker spielt, nicht, warten immer mehr Opfer auch in den 'eigenen Reihen' der Gesetzestreuen und so manche Konflikte und Regungen in der Bewusstmachung auf. Fern von den präzisen aktionstechnischen Einflüssen, in denen anonyme Angreifer die Schüsse im Personenzug eröffnen, Transporter voll mit Nitroglyzerin über den Highway und durch die Absperrung auf den Konvoi des Gefangenen gelenkt werden oder ein Selbstmordattentäter mit einem Messer im Bahnhof auf die Bewacher losmarschiert, werden auch direkt betroffene Einzelschicksale in die Handlung und so Momente der Entscheidungen gewebt.
Überhaupt wird der Film vom Lesson of the Evil (2012) - Regisseur Takashi Miike kleiner und empfindsamer, je näher man dem Endpunkt kommt. Bald spielt abermals ein kleines Mädchen die Rolle, die als Geißel und so Erpressung zur Herausgabe des Mörders genommen wird; später wird noch der verzweifelte Vater des ersten Opfers in das Spiel gebracht, der weiterhin und direkt im Angesicht mit der grausamen Tat und dem ebenso grausamen Verlust provoziert und verhöhnt wird. Der Schauplatz wird gewechselt, vom Auftreten in der Masse zu den versprengten Einzelnen und von der Straße und den Verkehrszentren und Knotenpunkten in die Einöde gegangen, der Konflikt der Leibgarde im Kugelfang quasi dezimiert und so auf die jeweils simplen Anliegen vom Sein und vom Sollen und den differenzierten Charakter reduziert.
Eine Neukombination von Elementen, die das Werk nach dem Ausreizen der Prämisse, vordergründig ein Aufguss unter umgekehrten Vorzeichen von S.W.A.T. (2003) mit entsprechende Banalitäten, Zufällen und konfusen Actionszenarien auf offener Bühne allerdings auch braucht; nicht um die längst verlorene Wahrscheinlichkeit zu sichern, sondern die rhetorische und humanistische Beschäftigung mit dem Thema in interner Strukturierung zu erhalten. Erst die Phantasien eines aufwändigen Blockbuster, mitsamt dem Auffahren des Großaufgebotes von Polizei, dem baldigen Zerstören dieser Karosserien und Explosionen, die in die Breite und die Höhe gehen und das Panorama erleuchten. Dann die aufsteigende Paranoia über einen möglichen Maulwurf in den eigenen Reihen, die Jeden und Alles umgreift, von den Projektionen des Actionkinos und den zugespitzten Aufregungen inmitten der technisierten Zivilisation weg in einen wortwörtlichen Steinbruch, den Austragungsort der wirkungsmächtigen Zerrissenheit vom Zweifel am Auftrag, vom Nachfragen der Befehle und dem Gegenüberstellen von Pflichten und Loyalitäten dem eigenen Bedenken gegenüber hinein.