Als 1973 in der DDR der nach einem Drehbuch von Ulrich Plenzdorf von Heiner Carow inszenierte DEFA-Film „Die Legende von Paul und Paula“ erschien, stieß er keineswegs auf ungeteilte Zustimmung der DDR-Oberen, dafür umso mehr beim Publikum, das dieses romantische Liebesdrama mit anarchistischem Touch schnell in sein Herz schloss. Darf man heutigen Aufzeichnungen glauben, war es Staatsoberhaupt Erich Honecker persönlich, der dem Film letztlich seine Absolution erteilte. In komödiantischer Weise wird die Geschichte der über weite Strecken unglücklichen Liebe zwischen dem Staatsbeamten Paul und der alleinerziehenden Kaufhallenmitarbeiterin Paula erzählt, die sich in unglücklichen, unbefriedigenden Lebensumständen befinden, aber dennoch einfach nicht zueinander finden. So ist es zunächst Paul, der Trotz seiner untreuen Frau seine berufliche Position nicht gefährden und daher keine feste Beziehung zu Paula eingehen will. Nach einem tragischen Schicksalsschlag für Paula erkennt er endlich, wie tief seine Empfindungen für sie sind, muss aber erfahren, dass nun sie wiederum nichts mehr von ihm wissen will. Doch hartnäckig und unter totaler Ausblendung der Alltagsrealität verfolgt er unnachgiebig sein Ziel…
„Die Legende von Paul und Paula“ ist meilenweit entfernt sowohl von einer Verklärung des DDR-Alltags als auch von düsterer Grau- und Schwarzmalerei oder gar hollywoodeskem Romantik-Kitsch. Stattdessen wird in komödiantischer Übertreibung und quietschbunten Farben von unerfüllter Liebe zwischen zwei eigentlich füreinander bestimmten Menschen erzählt, was sich problemlos auch auf westdeutsche Verhältnisse übertragen lässt. „Die Legende von Paul und Paula“ ist nicht politischer, sondern zutiefst menschlicher Natur und eine ganz eigene Melange aus Spaß, Tragik und Dramatik; ein Plädoyer für die Euphorie und Unvernunft Liebender bis hin zur Provokation von Fremdschäm-Reaktionen und völligen Selbstaufgabe. Die Schauspieler geben sich freizügig und unverklemmt; Angelica Domröse und Winfried Glatzeder in den Hauptrollen ziehen schnell die Sympathien des Publikums trotz oder gerade wegen aller charakterlichen Makel ihrer Figuren auf sich und liefern hervorragende darstellerische Leistungen ab. Paulas Träumereien erinnern an John Lennons und Yoko Onos „Bed-in“ und die seinerzeit noch unbekannten Puhdys singen metapherreich von Sex und Philosophischem. All diese Elemente vereinen sich zu einem ergreifenden Werk, dessen dramatisches Ende seine Ausnahmestellung unterstreicht und völlig zurecht zu einem Kultfilm (nicht nur) im östlichen Teil Deutschlands avancierte.
„Die Legende von Paul und Paula“ hat nicht weniger als 8/10 Punkte verdient, wobei die von mir vermutete Langzeitwirkung durchaus noch für eine Korrektur nach oben sorgen könnte. Abschließen möchte ich mit einem meines Erachtens sehr treffenden Zitat von Maria Anderson (kino-zeit.de): „Das ist großes Kino über das Schicksal der kleinen Leute, die sich vor lauter Liebe über ihre Grenzen erheben und dadurch ihr Leben vor dem Gestank einer ranzigen Gewöhnlichkeit bewahren.“