Review
von Leimbacher-Mario
Götterdämmerung
Die (vor allem katholische) Kirche kämpft mit heftigstem Vertrauensverlust, Mitgliederschwund und purer Wut über die tausenden Fälle von Kindesmissbrauch und dessen Vertuschung und Tolerieren. Ganz zu schweigen von der Skepsis, mit der die Menschen von heute eh allen Religionen gegenüberstehen und deren oft kriegstreiberischen Folgen abstoßend und nicht zeitgemäß finden. Das sind bittere Fakten und Konsequenzen, die aber zum Großteil völlig zurecht gezogen werden. Selbst wenn dabei die guten Seiten der Kirche und von Religion allgemein etwas übersehen werden. Was das alles mit „In the Name of the Son“ zu tun hat, in dem sich eine anfangs recht gläubige und fromme Mutter und Ehefrau nach einer Reihe von brutalen Schicksalsschlägen auf Rachetour gegen die Kirche und viele derer missbrauchenden und sündigenden und scheinheiligen Mitglieder macht?! Tja...
„In The Name of the Son“ wäre ein Film, auf den selbst Abel Ferrara stolz sein könnte. Er hat Eier(stöcke), ist höchst aktuell, politisch nicht immer korrekt und legt die Finger brutal in eiternde Wunden. Er konfrontiert und spricht aus, was sich andere nur zu träumen wagen. Ein wenig exploitativ und voll richtig schwarzem Humor, doch nie sein Ziel aus den Augen verlierend und ohne in totale B-Movie-Gefilde abzurutschen. Ernst und köstlich zugleich, wichtig und wuchtig, frech und fromm auf seine ganz eigene Weise. Gegen Ende dann sogar noch sinnvoll revidierend gegen seine bis dato zur Schau gestellte „Gewalt ist vielleicht doch die Lösung“-Attitüde. Ambivalent genug um Gedanken anzustoßen in jedem Fall. Zudem noch stark gespielt, mit blutigen Spitzen und immer erbarmungslos. Das hätte alles schnell ala Grindhouse verwässert und ins Lächerliche gezogen werden können. Doch diesen Weg geht das nicht. Balance ist hier das Stichwort.
Fazit: Humor, schwarzer als die Hölle. Kritisch, clever, bitterböse. Eine krachende Ohrfeige, die in den christlichen Gemäuern besonders laut hallt. Kirchenkritik trifft B-Movie, tiefe Gedanken zum Glauben treffen Bahnhofskino, Wut trifft Rache, Dummheit trifft Erleuchtung. Eine Abrechnung in sechs Büchern.