Review

kurz angerissen*


Authentizität ist eine nette Sache, aber wenn sie der Grundidee im Weg steht, sollte man nicht zögern, sie schleunigst aus dem Weg zu räumen. Das dachte sich wohl auch Stephen Hopkins, dessen "Judgment Night" bestimmt nicht so sehr von seinen knackigen Kontrasten profitieren könnte, wenn er sich darum gekümmert hätte, was glaubwürdig ist und was nicht. Für das, was er vorhat, braucht er Schwarzweißzeichnungen, Vorurteile, Klischees und alles, was er sonst noch so finden kann. Würde man das Herrenquartett im geliehenen Wohnmobil jedenfalls nicht so gewaltsam in einen abrupten Situations- und Stimmungswechsel schubsen, käme der Auswärtsspiel-Charakter zu kurz, der nur eine Ecke hinter der Abzweigung vom Hauptpfad sehr schnell zu wirken beginnt.

Also schlucken wir verständnisvoll herunter, dass Peter Greenes Gang-Boss so gezeichnet ist, dass man von ihm eigentlich leise, strategisch kluge Vorgehensweisen erwarten würde, er stattdessen aber mit seinen Männern wie ein Elefant durch das Viertel poltert, um die Zeugen seiner Straftaten unschädlich zu machen (wobei er theoretisch Dutzende weiterer Zeugen verursachen müsste). Ebenfalls nicken wir ab, dass Obdachlose in diesem Film grundsätzlich wie Rudel von Hyänen agieren und dass im Grunde der komplette Ablauf der Jagd präpariert wirkt, abgesteckt mit Streckenbegrenzungen wie bei einem organisierten Marathon.

Völlig egal, denn die Situationen, die Hopkins aus dem Dunkeln zieht, könnten die Spannung kaum effektiver weiterleiten. Die einzelnen Situationen gehen ineinander über wie miteinander verknotete Taschentücher, eine Aneinanderkettung, die sich von Anfang bis Ende durch den Film zieht und für Non-Stop Anspannung sorgt. Dazu kommen überaus gelungene Nachtaufnahmen, in denen durch das Zusammenspiel von Straßenbeleuchtung und Schattenwurf starke Bilder entstehen, weiterhin ein innovatives Soundtrack-Konzept, das 25 Jahre später immer noch zündet und den Retro-Bonus dabei gerne mitnimmt.

So gerät "Judgment Night" zum kleinen Bruder von "Predator 2" - ein perfekt geschmiertes Actionthriller-Getriebe, bei der die hässlichsten Ecken der Großstadt zum Urwald umgedeutet werden. Nüchtern betrachtet macht Hopkins kaum mehr als die Mechaniken abzurufen, die er benötigt. Die laufen dafür aber wie ein Uhrwerk.


*weitere Informationen: siehe Profil

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