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Amerika - Land der Freiheit. Vom Tellerwäscher zum Millionär. Von beidem ist in John Schlesingers erstem Film in Hollywood nichts zu sehen. Er zeigt ein anderes Amerika, seine Sicht des Landes ist düster und trist, es gibt keine Gewinner nur Verlierer. 1969 sorgte "Midnight Cowboy" für einen Aufschrei, wurde mit dem für Pornofilme vorgesehenen X-Rating versehen und war doch zugleich ein nahezu perfektes Beispiel für das Kino des New Hollywood, das voll wahr von desillusionierten Helden und Losern.

Doch nicht einmal das gesteht Schlesinger seiner Hauptfigur Joe Buck (ein junger und grandioser Jon Voight) zu. Er ist kein Held, kein Sympathieträger. Schon in den ersten Szenen wird Joe als das gezeigt was er ist, ein naiver Träumer, der einen Traum nach hängt, dessen Durchführung aber so unwahrscheinlich und dumm ist, dass er nur scheitern kann. Es wirkt schon fast lächerlich wenn sich Joe aus einem texanischen Kaff in voller Cowboy Montur auf den Weg nach New York macht. in die Stadt die Ruhm und Geld verheißt, die für jeden zur Erfüllung seiner Träume herreicht, so zumindest Joes Sicht der Stadt. Sein Ziel ist klar, er will als Callboy für reiche Frauen arbeiten und dabei selber reich werden.
Es sind traurige Szenen, wenn man Joe, der nicht einmal richtig Lesen kann, dabei zu sieht wie er primitiv Frauen in den Straßen New Yorks anspricht, erfolglos natürlich, und letztlich für den Vollzug noch selber Geld abtreten muss.
Doch Joes Weg nach unten ist noch lange nicht beendet, hat gerade erst angefangen. Auch seine Versuchen sich an Männer zu verkaufen scheitern. Bei seinem Weg in die Dunkelheit trifft Joe auf den unheilbar Kranken Razzo (Dustin Hoffman in einer seiner eindrucksvollsten Rollen), der ihn zunächst linkt, dann aber letztlich doch bei sich aufnimmt.
Spätestens hier werden dann auch die letzten Zuschauer mit der düsteren, der dunkelsten Seite New Yorks konfrontiert. Es sind harte Bilder, wenn sich die beiden Außenseiter in einem alten Abbruchhaus ohne Wasser und Strom durchschlagen, immer auf der Suche nach den paar Dollarn die das überleben sichern.

Schlesinger geht dabei einen für die damalige Zeit drastischen Weg, der auch heute nichts an seiner Wirkung verloren hat. Die Bilder die er zeigt haben jeden Glanz verloren, New York wird als Moloch aus runtergekommenen Gebäuden und Menschen gezeigt. Zwischen die harten Szenen die Joe und Razzo beim Kampf ums überleben zeigen streut er immer wieder Erinnerungsfetzen aus Joes Vergangenheit. Unklar, verschwommen und gehetzt kommen diese Szenen, und offenbaren doch genug über diesen Menschen, um zu zeigen das er es nie leicht hatte, sein Leben auf diesen Jetztzustand unweigerlich zusteuerte. Die angedeuteten sexuellen Übergriffe der Großmutter auf den jungen Joe, die in gnadenloser Härte und mit schockierenden Umschnitten gezeigte Vergewaltigung die Joe und seine Freundin durch eine Gruppe Gleichaltriger ertragen mussten. Nein, es sind keine schönen Szenen die Schlesinger präsentiert, keine Szenen die Hoffnung machen. "Midnight Cowboy" ist kein leichtverdaulicher Film, man muss sich auf Schlesingers Erzählweise einlassen, muss sich auf die Figuren einlassen, und selbst wenn einem das gelingt verstört einen Schlesinger immer wieder mit besagten Rückblenden, oder der Zukunftsträumerei Razzos. Dessen Wunsch ist es nach Florida zu gehen in die ewige Sonne, wo er unter Palmen an einem Pool liegt. Doch er wird dort nie lebend ankommen, sein Traum wird für ihn genauso unerreichbar bleiben wie es Joes Traum sein wird.
Schlesinger arbeitet mit Symbolen, so etwa das Radio das Joe die ganze Zeit mit sich herumträgt und das er letztlich, ähnlich seiner "Unschuld" verkauft um zu überleben. Oder der Cowboy Anzug inklusive Hut und Stiefeln, den Joe letztlich auf der Fahrt nach Florida nach dem er für sich und den inzwischen im Sterben liegenden Razzo neue Klamotten gekauft hat, in eine Mülltonne wirft, ähnlich wie er es mit seinen Träumen und seinen Hoffnungen zuvor gemacht hat.
Der Schluss zählt für mich zu einem der tragischsten und bittersten der Filmgeschichte, wenn sich zu Harry Nilssons´ "Everybody´s talking" die Palmen und Häuser Miamis in der Scheibe des Busses, vor dem gerade verstorbenen Razzo spiegeln und letztlich verblassen, so wie die Träume und Erwartungen.

Neben Schlesingers großartiger filmischer Inszenierung sind es die beiden Hauptdarsteller, die beide mit einer Oscarnominierung belohnt wurden, die den Film zu einem eindrucksvollen Bild zweier gescheiterter Figuren macht, die keinen Platz in dieser Welt zu haben scheinen.
Kameraarbeit und Schnitt waren im Jahre 1969 nahezu revolutionär. Insbesondere in den Rückblenden und der aus Sicht von Joe gezeigten Drogenrauschszene zeigt sich Schlesingers Talent für schnelle Schnitte und außergewöhnliche Kamerawinkel. Auch der Soundtrack, getragen vom bereits angesprochenen "Everybody´s talking", das auch textlich ideal zum Film passt, trägt einen nicht zu verachtenden Teil zum Gesamteindruck bei.

John Schlesinger hat mit "Midnight Cowboy" einen Film geschaffen, der auch heute noch zutiefst verstörend wirkt und alles andere als leichte Kost ist. Jon Voight und Dustin Hoffman, der nur zwei Jahre zuvor als Herzensbrecher in "Die Reifeprüfung" seinen Durchbruch schaffte, bieten die besten Leistungen ihrer Karrieren und über allem liegt die Schwere und Hoffnungslosigkeit einer Zeit in der alles möglich schien, sich hinter den Fassaden aber tiefe Abgründe auftaten. Schlesinger zeigt diese unbeschönigt und mit voller härte. Einer der "must see" Filme für Anhänger anspruchsvoller Filme. 9von 10 Punkten.

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