In den Jahren zuvor höchstens mit souveräner, aber nicht gerade abgefeierter Thrillerware sein Publikum bedienend, machte Curtis Hanson („The Hand That Rocks the Cradle“, „The River Wild“) mit „L.A. Confidential“ sein Meisterstück – das „Chinatown der Neunziger“. Aus der komplexen Vorlage von James Ellroy („Dark Blue“, „The Black Dahlia“) extrahierte er in Zusammenarbeit mit Brian Helgeland („Assassins“, „Man on Fire“) ein ungeheuer spannendes Drehbuch, das von drei ganz unterschiedlichen Cops der Glitzermetropole in L.A. der Fünfziger erzählt.
Die Melancholie des Film Noir findet sich hier genauso wieder wie der rüde Stil Dirty Harrys und die sich die Möglichkeiten der Medien zunutze machenden Cops der Neunziger, wobei Hanson sich aber stilecht in klassischen Gewässern bewegt und ganz geschickt sein Trio von Gesetzeshütern auf einen ganz verzwickten Fall ansetzt, der am Ende seine überraschende Auflösung findet.
Das hier mit einem tollen Intro präsentierte Bild des dortigen Polizeiapparats ist eine reine Fassade, die von innen schwarz angemalt worden ist, denn so sehr die Bewohner des aufblühenden, wirtschaftsstarken Los Angeles’ die Rechtschaffenheit ihrer erfolgreichen, mutigen Cops glauben möchten, so sehr versuchen die, vor allem in den höheren Kreisen den Schein zu wahren und mit immer wieder neuen Auszeichnungen und an die Presse weitergereichten Heldentaten diese Farce weiterzuspinnen. Die Boulevardpresse verdient genauso an diesem Trugbild wie das Fernsehen, das sich „ihre Helden“ zum Vorbild nimmt, und eigens eine TV-Serie um genau so einen Musterpolizisten kreiert. Die Wirklichkeit lauert erst hinter der Fassade: Prostitution, Gewalt, Korruption und Kriminalität regieren insgeheim die Straßen von L.A.
Aus dem Vollen schöpfen zu können, ist schon für viele Filmemacher zum Nachteil geworden, doch Hanson kann damit offensichtlich gut umgehen und treibt seinen ausnahmslos starken Cast zu Höchstleistungen, während die atmosphärische Inszenierung dem Zuschauer geradezu entgegenspringt.
Bei diesem Fall, in den der ein oder andere persönlich involviert ist, starb Bud Whites (noch vor seinem Durchbruch: Russell Crowe, „Gladiator“, „Master and Commander: The Far Side of the World“) kurz vor der Pensionierung stehende Kollege scheinbar zufällig nach Dienst in einem Café bei einem Überfall, nachdem ihm eine Verurteilung wegen willkürlicher Polizeigewalt drohte. Die Ermittlungen übernimmt der hyperkorrekte Nachwuchscop Ed Exley (Guy Pearce, „Memento“, „The Time Machine“), der frisch von der Polizeischule seinem legendären Vater nacheifern möchte und möglichst gesetzestreu Dienst nach Vorschrift tut, seine Karriere vorantreiben will und deswegen von seinen Kollegen verachtet wird. Dritter im Bunde ist Medien-Cop Jack Vincennes (Kevin Spacey, „Se7en“, „Superman Returns“), der die Publicity liebt, als technischer Berater einer Cop-Serie fungiert und einen Deal mit dem Klatschreporter Sid Hudgens (Danny DeVito, „Twins“, „Get Shorty“) hat. Beide schieben sich gegenseitig Informationen zu, um daraus zu profitieren.
Der jähzornige und impulsive Bud, psychisch längst von seinem Job gezeichnet aber ebenso intelligent wie unterschätzt, versucht mit seinem ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit und der Brechstange die Mörder seines Partners zu finden und fälscht dafür auch im Notfall mal Beweise. Auch Sid, der eher zufällig seinen Teil beizutragen beginnt, wird dank Ed unter die Fittiche seines Vorgesetzten Captain Dudley Liam Smith (James Cromwell, „Star Trek: First Contact“, „I, Robot“) genommen, der über alles auf dem Lauf gehalten will.
Den Verlauf der Untersuchungen wiederzugeben, würde eine mehrseitige Abhandlung erfordern, denn der Fall ist weitaus komplexer als es auf den ersten Blick scheint und die Spur führt über einen aalglatten Edelzuhälter und Pornoproduzenten zu einer geheimnisvollen Hure (Kim Basinger bekam dafür den Oscar!) und wieder zurück ins Polizeirevier, wo eine faustdicke Überraschung zum Schluss auf den Zuschauer wartet.
Die drei Cops gehen mit ihren eigenen, mal legalen und dann weniger legalen Erfolgsmethoden dabei meist getrennte Wege, die sich hin und wieder überschneiden, bis sie final am selben Strang ziehen, obwohl es etliche Dispute zwischen ihnen gab. Vom Zuschauer wird deswegen höchste Konzentration abverlangt, denn einmal den Faden verloren, kommt man kaum herum noch einmal zurückzuspulen, um wieder einen Einstieg zu finden. Da kann noch so eine Nebensächlichkeit zu einem wichtigen Indiz führen und Leichen hat sowieso jeder im Keller – im wahrsten Sinn des Wortes.
Alle Figuren sind darüber hinaus minutiös und frei von üblichen Klischees gezeichnet. Angesichts der gar nicht mal überbordenden Laufzeit und des ohnehin schon knifflig erzählten Plots, dem die Wahrheit nur geduldig abgerungen wird, verdient „L.A. Confidential“ dafür schon ein Extralob der besonderen Sorte. Immer wieder werden Beteiligte ungewollt von anderen manipuliert oder Dritte mit eingeflochten, die schier nichts mit der eigentlichen Sache zu tun zu haben, dann später plötzlich ganz wichtige Rollen übernehmen, bricht der Boden unter der Fassade weg und landet man im Dreck von Leichen, harten Schießereien und blutigen Morden.
Die totale Anspannung erhält Curtis Hanson aufrecht, indem er nie klar Stellung für eine Figur bezieht und sie grundsätzlich alle im Finale opfern könnte. Denn die Auflösung wird mit dem Vorschlaghammer serviert und trifft den verdatterten Zuschauer dann richtig vor die Stirn, während der noch damit hadert, dass scheinbar unabhängig von einander agierende Figuren plötzlich in einem engen Verhältnis stehen.
Während sich alle Beteiligten durch die Bank weg die Seele aus dem Leib spielen, klärt sich final schließlich in einem explosiven Shootout alles auf und doch darf nichts an die Öffentlichkeit gelangen. Also wird die Verschwiegenheit aufrecht erhalten, werden Orden verliehen und das Gesicht der Cops gewahrt. Bis zum nächsten Fall, der ins richtige Licht gerückt werden muss...
Fazit:
„L.A. Confidential“ gehört zu den besten Thrillern der Neunziger und ist sicherlich der beste Cop-Thriller seines Jahrzehnts. Denn wenn die geballte Kompetenz am Werk ist, kann nur Oberklasse dabei herauskommen. Curtis Hanson drehte sein Meisterwerk mit einer Maximalzahl brillanter Schauspieler und kann sich ohne Vorbehalte auf das geniale Drehbuch verlassen, das er zusammen mit Brian Helgeland erarbeitete. Sein guter Ruf eilt dem Film weit voraus und das auch zurecht. Erste Sahne.