Review

Staffel 2

Utopia - Staffel 2(2014)

Spoiler inside...

Puh! Die erste Staffel Utopia war ein unglaublich straffer F#ck! Wahnsinn. Was wie eine völlig aus dem Ruder laufende SciFi-Grusel-Farce mit Comicrelief begann, wurde nach und nach zum politischen Reißer mit absolut denkwürdigen Pointen und einer ethnischen Motivation, die zugleich schockierte und zum nachdenken anregte.

Die Ereignisse werden nahtlos weitergeführt, die noch vorhanden Figuren viertieft und plötzlich steht alles Kopf. Utopia erfand den Twist in seiner ersten Runde ganz neu. Es war nicht nur eine Jagd nach dem Täter oder dem Bösen. Utopia ist eine Grauzone sondergleichen. Es gibt kein gut oder Böse, sondern nur Leute die dir helfen oder eben nicht...

Nach den Ereignissen der ersten Staffel geht es um Details, um Mystifizierung und Entmystifizierung. "The Network" hat Janus, jene Impfung, die den (wirklich) großen Teil der Menschheit unfruchtbar macht, so gut wie "ausgeliefert". Die Protagonisten stehen ihrer größten Prüfung bevor...

Wie viele Menschen hält der Planet Erde die nächsten 100 Jahre aus? Eine ziemlich nüchterne Frage, die hier unter permanenter Anspannung sehr eindrücklich in eine düstere und drückende Dystopie verpackt wird. Die direkten Antworten auf die oben stehende Frage wird von den talentierten Autoren teilweise sehr(!) drastisch, aber absolut ehrlich in Szene gesetzt. Diese Autoren bringen aber nicht nur die reine Situation absolut spannend rüber, sondern konzentrieren ihre gewandte Energie vor allem in die Figuren.

Gerade in den ersten Folgen der ersten Staffel wirkte Mancher noch Schablonenhaft und Funktional. Die zweite Season macht alles besser, was die Tiefe der wichtigen Figuren betrifft, weil den Schreibern bewusst war, dass sie nicht mehr allzu viele Twists bringen DÜRFEN, um nicht ins Lächerliche abzudriften.

Es ist schwierig hier alles auf einen kurzen Inhalt herunter zu brechen, aber die Handlung bleibt weiter sehr komplex, spannend und wirkt bis auf eine kleine Ausnahme(das noch zeugungsfähige Volk, was vom Schöpfer der Impfung ausgewählt wurde, ist natürlich kontrovers, aber im Kontext grandios gewählt) absolut intelligent und stimmig.

Gerade die erste Episode zeigt sehr bestimmend, das man die Entstehung des Stoffes und den Werdegang von Jessica Hyde nebst Bruder und Vater in den 70ern so galant und stilvoll inszeniert, dass es nie störend wirkt, das Geheimnisvolle zu enthüllen.

Die drastische(zumindest aber graphische) Gewalt wurde leicht zurückgefahren, ohne dass man gleich von einer Jugendfreundlichen Serie sprechen kann. Utopia ist einfach richtig finster, böse und zynisch. Nicht ironisch, nicht leichtfüßig und auch nicht Netiquette. Utopia ist einfach absolut ehrlich, ohne es irgendjemanden Recht machen zu wollen. Das solch eine Konsequenz von einer britischen Fernsehserie kommt, ist ein unwiederholbarer Ausnahmefall.

Formal gibt es nicht zu beanstanden. Viele Aufnahmen sind einzigartig und schön Arthouse, der Soundtrack auch in abgewandelter Form ein Fest für das Trommelfell und die Schauspieler...diese großartigen Schauspieler. Jeder einzelne ist ein Idealbesetzung. Kein einziger Ausfall, alles passt und alles greift.

Einzig Neil Maskell(der verrückte Killer Arby vom Cover der ersten Staffel) gebührt besonderer Respekt. Eine derart ruhige, aber doch unnahbare Rolle in der zweiten Staffel zu umzukehren, ist einfach Preisreif. Ein Bösewicht, der selbst Lecter, Chigurh, Vader oder den gesamten Cast des höchst vorstellbarsten Arschlochfilmes aller Zeiten in den Schatten stellt, der kann einfach nur überzeugen. Die präzise Mimik von Maskell und das lethargische Körperspiel sind einfach grandios und er verleiht der Figur eine Wandlung, die kaum fassbar, aber voller packender Emotionen steckt. Eindrucksvoll.

Fazit...ob das jetzt wirklich zu zeitig abgesetzt wurde, kann ich nicht beantworten. Das dieses interessante Ende schön zur Serie passt und doch vieles ungewiss lässt, passt doch ziemlich gut zu unserer Gesellschaft. So wie es jetzt ist? Kann das gut gehen? Ich weiß dies nicht zu beantworten. Fern jeglichen Blitzjournalismus kommt eine gediegene Serie daher, die ganz tief in viele offene Wunden der gesamten Gesellschafft bohrt. Die Wunden. Sie triefen...

Ich hätte nie damit gerechnet, damit "The Wire" mal vom Thron gestoßen wird...10

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