Wenn Herr Tarantino von einem Film schwärmt, heißt das nicht unbedingt viel, da er einen recht verqueren Geschmack & Hang zu verkannten Außenseiter-Filmen hat. Wenn zu seinem Lob aber auch noch ein begeistertes Festival-Publikum rund um den Globus kommt, dann sind das für mich genug Gründe für einen Blindkauf. Und diese perfide, kleine (Anti-)Spassgranate, bei der einem oft genug das Grinsen im Hals stecken bleibt, kann definitiv begeistern & hat sich Lorbeeren verdient - trotzdem sollte man vielleicht die Erwartungen nicht unerreichbar hoch hängen. Es ist ein gemeiner, recht hübscher aber sehr intim gehaltener Low Budget-Thriller & fast ein Kammerspiel. Nach einer grausamen Mordserie wird der vermeintliche Mädchenmörder in einem Keller festgehalten & die Wahrheit soll aus ihm heraussprudeln, wie das Blut durch ein paar gemeine Verhörmethoden. Saw trifft Reservoir Dogs - kein Wunder dass Tarantino durch so eine glasklare Verbeugung in Freude gerät.
Ist er der Mörder? Ist er vielleicht doch unschuldig? Wer hat hier Geheimnisse? Wann kommt der nächste Twist? Wie sieht die nächste Torture-Methode aus? Und vor allem: wohin bewegt sich der unberechenbare Mix aus Horror & Comedy? Denn eine seiner absoluten Stärken ist sein rigoroser Überraschungsmoment. Eigentlich ein kleines Wunder, da man ähnliche Folterstorys, Ratespiele & Twists schon oft genug gesehen hat. Trotzdem wirken die großen, bösen Wölfe frisch genug, sind zudem extrem hübsch dargestellt & verbeugen sich stilvoll vor noch wesentlich älteren Schund- & Bahnhofsfilmen. Allerdings in clever, sichtbar begabt & ohne Gefangene zu machen. Ich mag die ernste, wenn auch dunkelschwarzhumorige Herangehensweise. Und ein Ende mit mehreren perfiden Betrachtungsweisen & Kniffen, ist dann das späte i-Tüpfelchen, kurz bevor der Film endgültig an Fahrt & mein Interesse verlor. Etwas zu lang ist er nämlich auf jeden Fall. Die Darsteller sind aber weitestgehend toll, oft & passend zum Versteckspiel & zweischneidigen Film, schwer zu lesen. Mal Schaaf, mal Wolf & oft einfach nur böser Mensch - was wohl am schlimmsten von allen ist. Halb so böse wie ihm sein Ruf vorauseilt, jedoch überraschend, dass sich Israel so auf die internationale Genrekarte metzelt. Überraschend toll! Ob der Film mehrmaligem Schauen standhält, hängt wohl extrem davon ab, was man ins Finale hineininterpretiert... ich spüre momentan keinen absoluten zwang nochmal auf Play zu drücken & um Wörter wie Kultfilm oder Meisterwerk, würde ich hier auch einen bewussten Bogen machen.
Fazit: ein cleverer Torture Porn aus Israel, mit dunkelstem Humor & ein paar überraschenden Wendungen - ein gut zusammengeklauter Mix aus Saw, Reservoir Dogs & einem perversen Anti-Witz. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.