Es erklingt die 20th Century Fox Fanfare, dann ein blauer Schriftzug: "Es war einmal...", und schließlich die ersten Klänge der wohl berühmtesten Titelmusik überhaupt, dem Star Wars Maintheme von John Williams, die den einzigartigen Rolltapeten-Vorspann mit der Erläuterung der Hintergrundgeschichte begleitet. Stille. Die Kamera fährt nach unten und urplötzlich fliegen zwei fantasievoll gestaltete Raumschiffe von oben ins Bild. Laserkanonen werden abgefeuert. Das kleinere, verfolgte Schiff dürfte gegen das große nicht lange überleben. Es wird getroffen...
So beginnt die wohl größte Filmsaga aller Zeiten mit einer Wucht, wie man sie vorher noch nie erlebt hat. Den Rest der Geschichte hier zu rekapitulieren, dürfte den Rahmen dieses Reviews sprengen, nur so viel: George Lucas´ Werk beruht im Grunde darauf, das klassische Motiv des Kampfes Gut gegen Böse in eine märchenhafte Science-Fiction-Welt zu verpflanzen. Eine Welt voller skurriler Gestalten wie in der legendären Kneipen-Szene, edlen Kämpfern für Recht und Ordnung, strahlenden Helden, und dem wohl fiesesten, aber auch gleichzeitig faszinierendsten Schurken der Filmgeschichte, Darth Vader. Seine bedrohliche Gestalt, die Maske, die Atemgeräusche, die dunkle Stimme und nicht zuletzt die spannende Hintergrundgeschichte dieses Charakters haben ihn zu einer Ikone des Bösen und zur wohl schillerndsten Figur des Star-Wars-Universums gemacht.
Aber was wäre ein Schurke ohne die entsprechenden Gegenparts? An erster Stelle sei hier natürlich Luke Skywalker genannt, der vom alternden Jedi-Ritter Obi Wan Kenobi unter dessen Fittiche genommen wird. Obwohl man sich bis heute darüber streitet, ob Mark Hamill die Idealbesetzung für diese Rolle war, ist es inzwischen schwierig, sich jemand anderen dafür vorzustellen. Gleiches gilt für die stets etwas steif und kühl wirkende Prinzessin Leia alias Carrie Fisher. Nein, sie waren es nicht unbedingt, die Star Wars zu dem machten was es ist. Wäre da noch Harrison Ford, seines Zeichens einziger Akteur, der den Star-Wars-Boom als Karriere-Sprungbett nutzen konnte und dem man seine Klasse in jeder Szene ansieht: Unverwechselbares Charisma, zynisch und undurchschaubar, aber immer symphatisch. Kaum verwunderlich, dass bei diesen Vorraussetzungen nahezu jede Szene ihm gehört - wären da nicht die Altmeister Alec Guiness als Obi Wan und Peter Cushing als zweiter Oberfiesling Moff Tarkin , die ihm als einzige Paroli bieten können. Die einzigen? Nein! Vergessen wir nicht die beiden Figuren, aus dessen Sicht die gesamte erste Hälfte dieser Episode erzählt wird: die beiden Droiden C3PO und R2D2. Ihre Streitereien und Allüren und vor allem ihr leicht infantiler Charme machen sie zu unverzichtbaren Größen und sind für viele Fans und , wenn man es ihm denn glauben mag, auch für Lucas persönlich, die wahren Helden der Star-Wars-Mythologie.
Die Effekte waren anno 1977 noch revolutionär – dank Lucas eigens für diesen Streifen gegründeten Effekteschmiede ILM, die aus den technischen Möglichkeiten der damaligen Zeit das Optimum herausholte und dessen Werk auch heute noch bewundernswert ist. Auch die digitale Aufpolierung von 1997 ist sehr gut gelungen, insbesondere diverse Flugszenen, wie zum Beispiel die Flucht des Millenium Falcon aus Mos Eislee oder auch der Angriffsflug auf den Todesstern, verbessern die Optik der Ur-Fassung erheblich und sind daher mehr als gelungen.
Aber auch ohne großen digitalen Aufwand war und ist „Star Wars“ vor allem eins: Pure Unterhaltung auf allerhöchstem Niveau. Bestnoten verdient sich dabei vor allem die Mitte des Films mit dem Überlebenskampf unserer Helden auf dem Todesstern mit dem absoluten Spannungshöhepunkt trotz vorhersehbaren Ausgangs in der Müllpressen–Szene. Und wieder: Was wären Luke und Co. ohne die beiden Droiden ?
In Sachen Action steht auch der finale Angriff der Rebellen den vorigen Szenen in nichts nach: Heldenkino vom allerfeinsten, wenn sich im Moment der totalen Ausweglosigkeit doch noch alles zum Guten wendet. Wo man in anderen Filmen von Vorhersehbarkeit oder sogar Unsinn reden würde, so fiebert man hier von Anfang bis Ende mit und verschwendet nicht eine Sekunde einen Gedanken an Logik oder, schlimmer noch, Realismus. Dieses völlige Abtauchenkönnen in George Lucas` gar nicht so kleine Welt ist eine einzigartige Eigenschaft, die kaum ein Film vor ihm und für viele Menschen auch nach ihm nicht mehr erreicht werden kann. Auch wenn hier die später noch wichtigen Begriffe wie die „Macht“ und der gesamte Jedi-Ritter-Mythos noch nicht im Hauptfokus des Geschehens stehen, ist das unverwechselbare Flair schon in diesem ersten Teil (obwohl ja eigentlich der vierte) deutlich spürbar und sollte in den noch folgenden Filmen bis zur Perfektion vertieft werden.
Ob man ihn nun als ersten oder vierten Teil betrachtet: „Star Wars“ von 1977 ist gleichzeitig unvergessliches, märchenhaftes Unterhaltungskino und spannende Selbstfindungsgeschichte. Es ist gleichzeitig klassische Science-Fiction, Fantasy und moderner Heldenmythos. Und im wahren Leben? Ein Kulturphänomen, das seinesgleichen sucht. Komme was wolle – in dieser Perfektion wird man Kino nie wieder erleben.
10/10