Krieg der Phantasie
Dies ist ein phantastischer Film. Und eigentlich ist schon diese Auskunft falsch, denn „Star Wars“ ist nicht nur „ein Film“.
„Star Wars“ ist die Beschreibung vergangener Ereignisse, jedoch nicht solcher die sich tatsächlich zugetragen haben (sollen). Es ist ein Märchen, in dem zwar eine Prinzessin auftritt, aber keine aristokratischen und/oder bürgerlichen Herrschaftssysteme existieren. Das macht „Star Wars“ für viel Kritik unempfänglich, obwohl diese (natürlich) trotzdem erfolgt und die dazugehörigen Herrschaftssysteme einfach annimmt.
Aber „Star Wars“ ist mit den Mitteln des Realismus nicht erklärbar: in „Star Wars“ gibt es hell (gut) und dunkel (böse), wobei George Lucas nichts weniger interessiert als die sogenannte Wirklichkeit. Seine Aufmerksamkeit gilt ausschließlich Mythen, und da wiederum nur jenen die sich in (fast) allen bekannten Kulturen finden lassen. Wie viel der Film gekostet hat ist dabei ebenso unerheblich wie die Frage nach dem Geld, das er Lucas letztlich eingebracht hat, sowie nach dessen „Macht“ – im trivialen Sinn des Wortes ebenso wie in jenem Michel Foucaults und Obi-Wan Kenobis. Relevanter sind da schon die drei Feststellungen, dass „Star Wars“ nur distributionstechnisch Hollywood zugerechnet werden kann, eine ganze neue und wunderbare Effektindustrie auf „Star Wars“ zurückgeführt werden muss, sowie dass es niemals genug Produkte mit dem Namen „Star Wars“ geben kann.
Der narrativen Struktur Akira Kurosawas erstem Widescreen-Film „The Hidden Fortress“ folgend ist George Lucas mit „Star Wars“ nach Tolkiens Tod nicht weniger als die Schaffung einer zweiten künstlichen Mythologie nach dessen „Mittelerde“ gelungen. Einer Mythologie als faktischer Lehre von Mythen, die sich im Gegensatz zu Tolkien jedoch nicht schriftlich, sondern bildlich (Western, nordafrikanische Architektur, Eastern, Comics, und und und) stützt.
Das zeigt sich auch im einmaligen Soundtrack von John Williams, der spielend in der Lage ist eigentlich Gegensätzliches zu verbinden, nämlich Wagners Leitmotive mit der Moderne.
Wäre „Star Wars“ ein realistischer Film würde es sich dabei ohne Zweifel um reaktionären Mist handeln, aber glücklicherweise ist er es nicht.