Ein Film, der die Generation "Kopf unten" durchaus ansprechen dürfte, denn wer unter 25 kann heutzutage noch pinkeln gehen, ohne dass eine App Bescheid gibt, wann und wo dies stattfinden soll? Im Film selbst äußert ein russischer Dozent diesbezüglich einen sehr wahren Satz: "Je mehr Kommunikationsmittel den Menschen zur Verfügung stehen, umso weniger kommunizieren sie." Und dennoch setzt der Streifen konkret auf die Zuhilfenahme des Smartphones, denn während der Sichtung wird der Betrachter zusätzlich mit Texten und Bildern versorgt, - Second Screen Technologie nennt sich das und ist wahrscheinlich für hyperaktive Menschen gedacht, die sich gerne auf mehr als nur eine Sache konzentrieren.
Anna ist Psychologiestudentin und sorgt sich um ihren Bruder Stijn, der seit einem Motorradunfall das Gehen neu erlernen muss. Ein Chip-Implantat soll ihm dabei helfen, erlernte Fortschritte zu speichern und zu verstärken, doch die Sache geht nach hinten los, während Anna eine merkwürdige App auf dem Smartphone erhält, welche sich zusehends verselbstständigt...
Die Zweifel bleiben natürlich berechtigt, ob man parallel zum Film sein Smartphone blinken lassen muss, um die eine oder andere Einstellung zusätzlich zu verfolgen, was die Sache wohl ein wenig interaktiver gestalten soll. Davon abgesehen ist es Bobby Boermans dennoch gelungen, einen halbwegs zeitgenössischen Cyber-Thriller innerhalb der knackigen Laufzeit von 75 Minuten hinzubiegen, der ein brisantes Thema zwar reichlich hanebüchen, jedoch meistens abwechslungsreich aufbereitet.
Hauptfigur Anna entpuppt sich im Verlauf als schlagkräftige Motorradbraut, diverse Verdächtige kommen und gehen und eine ganze Menge "Final Destination" wurde abgekupfert, was bereits der Einstieg mit einem Zug offenbart. Zwischenzeitlich macht die Technik was sie will, was sich zeitweise relativ wahllos anfühlt, indem beispielsweise Nacktfilme über sämtliche Fernseher eines Kaufhauses laufen oder geheime Videos plötzlich an sämtliche Handys der Studenten gesendet werden, was trotz NSA und fiesen Trojanern beileibe nicht ohne Fragezeichen abzuwickeln ist.
Doch davon abgesehen ist das Tempo nahezu konstant hoch, die Mimen performen mindestens solide, der Score treibt passabel an und auch der Rest des Handwerks geht völlig in Ordnung. Storytechnisch gibt es zwar gegen Showdown ein paar Unwahrscheinlichkeiten zu überwinden, doch es ist definitiv Suspense im Spiel, wenn es um eine Hatz auf einem Hochhausdach geht oder ein isoliertes Hallenbad binnen kurzer Zeit zur Todesfalle werden könnte.
Zwar wirken die technischen Mutationen phasenweise recht willkürlich, da von wahrsagerischen Elementen bis zu fehlgeschalteten Ampeln und eigenwilligen Fahrstühlen alles möglich erscheint, doch Protagonistin Anna versucht wahrlich alles, um zu retten, was zu retten ist. Und das macht auch Regisseur Boermans mit einem relativ geringen Budget, indem er seinen Streifen verhältnismäßig schick, jedoch schnörkellos aussehen lässt, eine simple Story recht gradlinig erzählt und in Sachen Vernetzung der jungen Menschen zumindest soviel Kritik einbaut, dass man seinen Computer zwischenzeitlich neu bespielen möchte...
6,5 von 10