Review

kurz angerissen*

Amerikanischer geht’s nimmer: Wenn die Kamera uns durch die Notrufzentrale lotst, die von oben betrachtet einem wuselnden Ameisenhaufen gleicht, fühlt man sich in eine Werbedoku versetzt, und zum Abspann erwartet man ein Schild mit der Aufschrift „Danke an all die tapferen TelefonistInnen – ihr rettet Leben!“. Ein wissbegieriger, jedoch äußerst dümmliche Fragen stellender Azubi steht beim Rundgang über seinen zukünftigen Arbeitsplatz ganz im Dienste desjenigen Zuschauers mit der geringsten Aufmerksamkeitsspanne, Fragen stellend, die sich ohnehin bereits durch den Kontext erschließen, doch muss es eben wenigstens einmal ausgesprochen werden, damit Halle Berry eine pathostrunkene Antwort geben kann.

Der Schlussteil des Films ist nicht minder amerikanisch, jedoch auf eine andere, filmbezogenere Art: Abigail Breslin ist längst vom Opfer zum Final Girl mutiert und bedient alle Klischees des phantastisch angehauchten Terrorkinos, wobei ihr Halle Berrys Telefonistin nur allzu gern behilflich ist - was aus der rationalen Perspektive ihre beruflichen Kompetenzen in Frage stellt. Dazwischen liegt die Verwandlung einer realistischen Ausgangskonstellation in ein eskapistisch verstiegenes Filmkorsett, eine Mutation des Vorstellbaren in die allseits beliebte Rachephantasie, mit der Menschen gemeinhin real empfundenes Leid verarbeiten.

Effektivität lässt Brad Andersons Regiearbeit im Mittelteil nicht vermissen; zumal das Gesicht des Psychopathen nicht etwa versteckt wird, so wie es die Exposition noch andeutet, sondern sein hass- und angstzerfressenes, ansonsten aber kaum personalisiertes Antlitz nur allzu deutlich in die Kamera hält, bekommt der Zuschauer die Projektionsfläche für seine Emotionen auf dem Silbertablett serviert.

Wo der Film rein mechanisch aber funktioniert und die an „Final Call“ (2004) angelegte, dadurch etwas langweilig anmutende Prämisse mit unerwartet hartem Thrill kontert, stellt er sich bei der Zusammensetzung aus Anfangs- und Schlussteil als manipulative Chose heraus, die bald unter „ferner liefen“ abgehakt werden kann.

*weitere Informationen: siehe Profil

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