Review

Bei Genre-Beiträgen aus Spanien kann man meistens nicht viel verkehrt machen. Auch wenn sie eher spärlich vertreten sind, kommt sehr oft ein guter Film dabei heraus. Dies kann man von "Afterparty" nicht behaupten. Mit einem Slasher feiert der Regisseur Miguel Larraya sein Debüt und wenn nichts schief läuft, dürften wir von dem guten Mann  so schnell nicht mehr was zu sehen bekommen.


Carlos (Luis Fernandez) ist durch die Fernsehserie "Mystery Camp" in ganz Spanien berühmt geworden. Von seinen weiblichen Fans und Verehrerinnen wird er liebevoll "El Capi" genannt. Um seinen hohen Sexappeal weiß Carlos bestens Bescheid. Denn er lässt keine Gelegenheit aus, einen Groupie mit auf´s Hotelzimmer zu nehmen. Diese Charaktereigenschaft soll ihm zum Verhängnis werden. Bevor er sich auf die Reise nach Amerika begibt und seinen Durchbruch in Hollywood startet, besucht er vorher noch eine exzessive Party, bei der er unfreiwillig übernachtet und am nächsten Morgen verkatert mit drei Mädchen aufwacht, die er auf der Party kennengelernt hat. Schnell stellen sie fest, dass die großräumige Villa komplett verriegelt wurde und es keinen Ausgang gibt. Als sie sich auf die Suche nach einem Ausweg begeben, bemerken sie, dass sich noch eine weitere Person im Haus befindet, die wie der Killer in Carlos´ Serie verkleidet ist und sich auch dementsprechend verhält...


"Afterparty" beginnt mit einer feinen Slasher-Szene, bei der direkt Erinnerungen an die guten alten "Scream"-Zeiten hochkommen. Das Kostüm des Killers ist nahezu identisch, bis auf die Maske: Diese hat man leicht in Richtung Elchkuh abgeändert, was jedoch immer noch ausreicht, um furchteinflößend zu wirken. Aber danach stellt sich heraus, dass dies nur eine fiktive Szene aus Carlos´ Serie war, die ihm einen "Justin Bieber"-Status verschaffte (soweit ich weiß, hat das bis heute nur Andreas Elsholz geschafft - spielt der eigentlich noch in GZSZ mit?). In ganz Spanien sind ihm die Mädchen unter Zwanzig verfallen, was von gezeigten Internetclips verstärkt wird. "El Capi" weiß, dies auszunutzen, denn der Hosengürtel wird schnell locker gemacht, sobald sich die Möglichkeit ergibt, einen weiblichen Fan zu vernaschen.

Hier ist schon der erste fatale  Knackpunkt. Denn man kann sich (zumindest ich) nicht mit so einem Softie von Womanizer identifizieren, geschweige denn mitfiebern, dessen Privat- sowie Sexleben dermaßen unsympathisch gezeigt wird.
Die Party, die ja nur zum Übergang für den Hauptplot herhalten muss, kann man negativerweise schon als Höhepunkt bezeichnen ("Höhepunkte" der etwas anderen Art gibt es da schon häufiger): Die üblichen Drogen-, Sauf-, Sex- und Rumzüngelei-Spielchen haben Regisseur Miguel Larraya scheinbar nicht gereicht, so dass man aus der Villa Kunterbunt schon beinahe eine Arena gezaubert hat. Neben BMX-Fahrern, die durch die Wohnung und Menschenmenge in Zeitlupe cruisen (cool), gibt es im Garten  neben dem obligatorischen Swimmingpool natürlich auch eine Skaterbahn, bei der man als Zuschauer immerhin ein paar ansehnliche Tony Hawk-Tricks begutachten darf (obercool). Um das Tollhaus zu komplettieren, darf eine marode Außenwand nicht fehlen, damit sich die typischen Kapuzenpulli-Heinis richtig dolle mit Graffitis austoben können. Larraya lässt es hier ganz schön krachen.

Wir als Zuschauer lechzen jetzt trotzdem auf den Slasher-Teil - denn immerhin haben wir ja "Afterparty" nicht in den DVD-Player geworfen, um eine wilde Party zu sehen, die so nur in Hollywoodscripten vorkommen kann.
Was danach jedoch folgt, kommt einer Bankrotterklärung gleich und bricht dem Film das Genick.
Nachdem sämtliche Rolläden scheinbar per Zeitschaltuhr runtergefahren werden, wacht der verkaterte Carlos mit drei Hühnern auf. Dachte man anfangs noch, dass Carlos die Spitze des Eisbergs darstellt, was die Antipathie betrifft, wird man eines besseren belehrt: Die drei Frauen Maria (Úrsula Corberó), Ana (Andrea Dueso) und Carla (Alicia Sanz) sind die typischen Möchtegern-It-Girls: Schöne Hülle, keinen Schulabschluss, nur Stroh im Hirn und das Leben lediglich auf Sex reduziert.
Selbst wenn ich jetzt den Punkt mit der Logik außen vor lasse und einfach akzeptiere, dass sämtliche Rollläden und Holztüren scheinbar mit der neuesten Nano-Technologie angefertigt worden sind (dabei ist es gar nicht schwer: Beispielsweise "Saw 2" und "House of Nine" haben diese kinderleichte Aufgabe der völligen Isolation in einem Haus auf einfache Art und Weise dargestellt) haben wir hier so ziemlich das dämlichste und unsympathischste Quartett, dass mir jemals in einem Hochglanzstreifen untergekommen ist.
Zum Glück stolpert noch der mit Nickelbrille versehene Nobody Nico (David Seijo) in die illustre Runde, der auch bei der Party anwesend war und scheinbar bei einer Überdosis Kiff zusammengeklappt und in Fötus-Stellung dort eingepennt ist. So kann man immerhin behaupten, dass zumindest ein Charakter dabei ist, dem man nicht den schnellen Filmtod wünscht - und das jedoch nur, weil dies scheinbar der einzige Mensch im ganzen Film ist, der scheinbar nicht jeden Tag mit drei unterschiedlichen Personen in die Kiste hüpft. Nico darf dann für ein so altes Filmklischee herhalten, dem ich überhaupt nicht abkann (selbst wenn es neu wäre).

Natürlich läuft dann auch irgendwann mal der Killer rum, natürlich kommt alles anders, als man denkt. Aber der Weg bis zum relativ früh gelüfteten Plottwist ist spannungsfrei, unlogisch und blutarm ausgefallen, dass selbst die Wendung (die in meinen Augen zum Haare raufen ist) "Afterparty" nicht mehr vor´m Absaufen retten kann. Auch der kleiner Schlenker am Schluss reiht sich nahtlos in die vorhandene Glaubwürdigkeit und Qualität ein. Hinzu kommt, je mehr "El Capi" handelt, desto unglaubwürdiger wirkt seine Rolle. Mit dem Milchgesicht Luis Fernandez ist die Rolle definitiv mal fehlbesetzt.

Wer den Film nur auf blutige Szenen reduziert, geht auch leer aus. Bis auf ein paar (nicht einmal drastisch gezeigte) Stiche in den Oberkörper wahlweise mit einem Messer oder einer Glasscherbe ist schon das Höchste der Gefühle. So dürfte der Film wohl nur ganz knapp an der FSK12-Freigabe gescheitert sein.

Fazit:
Die Story hört sich vor dem Ansehen gut an und auch die Hochglanzoptik spricht anfangs noch dafür, dass wir es hier mit einem handelsüblichen Slasher zu tun haben, der einfach nur unterhalten will. Doch die Umsetzung der Geschichte stellt sich als reine Katastrophe raus, die Charaktere haben mich dermaßen durch den Bildschirm angewidert dass ich Plaque auf die Zähne bekommen habe. Wer mich kennt, weiß, dass ich nicht sonderlich viel Ansprüche stelle, wenn es um einen Slasherfilm geht. Die 75 Minuten Laufzeit kamen mir unendlich lange vor und man kann schon behaupten, dass hier viel Budget komplett in den Sand gesetzt wurde. "Afterparty" schrammt nahe am Abgrund vorbei und dürfte seit mindestens fünf Jahren den schlechtesten Beitrag darstellen, der mir aus Spanien vor die Latz geknallt wurde.

3/10

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