Der taubstumme Müllmann Shigeru findet bei einer seiner Fahrten ein ramponiertes Surfbrett und beschließt daraufhin, das Surfen zu lernen. Zusammen mit seiner ebenfalls stummen Freundin begibt er sich also täglich an den Strand, um zu üben…
Takeshi Kitanos dritte Regiearbeit nach VIOLENT COP und BOILING POINT sollte sich als wegweisend für den markanten Erzählstil erweisen, mit dem es der japanische Regisseur im Folgenden zu Weltruhm brachte. Statische Kameraeinstellungen, wenig Bewegung, wenig bis keine Dialoge, bedeutungsschwangere Gesprächspausen, sanfte Mimik – das ist Kitano in Reinform und zeichnet seine Meisterwerke aus.
Vermengte Kitano diese friedliche, meditative Omm-Ästhetik in einigen seiner Werke (SONATINE, HANA-BI) mit brutalen Yakuza-Gewaltausbrüchen, hat der Meister der feinen Klänge doch ein paar wenige Filme geschaffen, in denen er wirklich ausschließlich zum Besinnen und Meditieren einlädt. Beispiele hierfür sind KIKUJIROS SOMMER und A SCENE AT THE SEA, um den es in diesem Review gehen soll.
Die Geschichte ist schnell erzählt: ein taubstummer Müllmann beschließt Surfer zu werden, übt fleißig, muss sich anfangs den Spott der erfahrenen Surfer einholen, nimmt dann am Ende aber sogar an Wettkämpfen teil. So schlicht die Story klingt, ist sie beinahe ebenso nebensächlich. Im Zentrum der Darstellung steht nämlich eigentlich die zerbrechliche, filigrane, überaus liebevolle Beziehung zwischen den beiden taubstummen Protagonisten, welche in Postkarten reifen Bildern und transportiert wird. Untermalt wird das filmische Stillleben von besänftigenden Pianoklängen von Joe Hisaishi, dem Komponist, der Kitano ab A SCENE AT THE SEA zehn Jahre lang die Treue halten und der auch für die perfekten Untermalungen in seinen Yakuza-Dramen verantwortlich sein sollte. Überaus schade, dass diese erfolgreiche Zusammenarbeit mit DOLLS zu Ende ging.
Vergleicht man den Film mit BROTHER oder SONATINE wirkt A SCENE AT THE SEA relativ inhaltsleer und zahm. Doch auch KIKUJIRO, der ja auch komplett ohne Gewalt auskam, wusste besser zu fesseln. So erscheint A SCENE AT THE SEA wie eine Übungsarbeit von Kitano, rückblickend betrachtet zwar eine sehr wegweisende, dennoch aber ein Film, der noch so manche Macken aufweist. Dennoch aber ein Film, der auf die spätere Perfektion des Meisters der Melancholie hindeutet. Das Meer – eines von Kitanos absoluten Leitmotiven – kommt beinahe in keinem seiner Werke tragender zum Vorschein.
Fazit:
Kitano übt noch. Zwar ein überaus besinnliches Erlebnis und auch so ungefähr der untypischste Surfer- bzw. Sportfilm der Filmgeschichte, in vielerlei Punkten, wie Ästhetik und Dramaturgie, zeigte Meister Kitano aber im späteren Karriereverlauf, dass er es besser kann.
Japaner starren aufs Meer hinaus. Muss man trotzdem als gelungen bezeichnen.