Knallhart und patriotisch. So präsentiert sich Antoine Fuquas (u.a. "Training Day", "Shooter") filmgewordene Ballerorgie. Ja, da war es wieder, das Wort "patriotisch". Da kann der Film noch so gut sein, manche Allergiker reagieren bei Patriotismus mit Ausschlag und Punktabzügen in den Bewertungen. Ich sage immer: Lasse nur machen, die Amerikaner. Einen Happen Nationalstolz kann man ihnen ruhig durchgehen lassen.
In Fuqua´s neustem Streich überfallen unter der Führung von Kang (Rick Yune) nordkoreanische Terroristen das Weiße Haus und nehmen den Präsidenten Benjamin Asher (Aaron Eckhart) und seinen Stab als Geiseln. Rettung naht in Person von Ex-Secret Service-Mann Mike Banning (Gerard Butler), der sich in bester "Stirb Langsam"-Manier durch die Gänge ballert und einen Gegner nach dem anderen ausschaltet...
Man kann dieses Erlebnis "Olympus Has Fallen" in einem Satz ausdrücken: Dieser Film bietet dem Actionfan genau das, was er von "Stirb langsam 5" (und in meinen Augen auch Teil 4 davon) erwartet hätte. Der Vergleich zur Die Hard-Reihe wird hier noch öfters fallen, denn neben furiosen Actionszenen im Außenbereich erwartet den Zuschauer die typische, unzerstörbare Ein-Mann-Armee, die auf den Gängen rumschleicht und dreihundert Terroristen im Alleingang meuchelt.
Nach dem dramatischen, packenden Einspieler, in dem wir sehen, was für Buddies der Präsident und Benjamin einmal waren, erinnert der stark in Szene gesetzte Unfall mit dem Tod der First Lady (Ashley Judd) an das Finale von dem exzellenten Thriller "Breakdown" mit Kurt Russel (Ui, wird Zeit das ich den auch mal wieder schaue.)
Nach dem tragischen Unfall kommt ein Zeitsprung von 18 Monaten, wobei man sieht, wie sich das einst gute Verhältnis zwischen dem Präsidenten und seinem besten Mann verändert hat. Benjamin wurde zur Schreibtischarbeit degradiert und führt durch den Job bedingt, in dem er sich völlig unwohl fühlt, eine unbefriedigende Beziehung mit seiner Freundin Leah (Radha Mitchell), da die Narben von damals immer noch nicht verheilt sind. Wann immer Benjamin kann, zieht er sich zurück in seine eigenen vier Wände, meidet privat Menschen sowie Parties von Freunden.
Hier kommen auch wieder Parallelen zu Willis´ Charakter. Während John McLane bis Teil 3 immer völlig verkatert und mit einer Stange Zigaretten die Welt retten musste, leidet Butler´s Charakter unter einem ähnlichen Schicksal, wobei sich die Auswirkungen des "kaputten Menschen" hier eher in der Psyche zeigen.
Präsident Asher hat ebenfalls den Tod seiner Frau noch nicht verkraftet, aber auch für Mr. President heißt es: The Show must go on.
So trifft er sich mit dem südkoreanischen Außenminister zum Kaffee trinken und Bong rauchen, der natürlich auch seinen Stab und seine Security-Leute dabei hat. Die entpuppen sich jedoch als Terroristen und erobern mit anderen Leuten aus ihrem Clan, die aus der Luft per Hightech-Flugzeug angreifen und Leuten, die vor dem weißen Haus mit allerlei Waffen ausgerüstet sind, innerhalb von dreizehn Minuten das komplette Gebäude.
Spätestens ab dieser Stelle saß ich da mit offener Kauleiste da und konnte nicht glauben, was ich da sah. Alles was man in "Die Hard 4 & 5" versaubeutelt hatte, hat Regisseur Fuqua hier alles um Längen besser hinbekommen. Die Action erinnert eben an die Oldschool-Filme, gepaart mit der Tricktechnik von heute. Jedoch wirkt das alles wie aus einem Guss und nicht übertrieben unrealistisch wie in den Möchtegern-Die Hards für Arme.
Währen man bei "Die Hard" das PG13-Rating anstrebte und dafür sämtliche Gewaltszenen stutzen und Schimpfwörter entfernen musste (zum Glück hatte das Label Erbarmen mit den mündigen Bürgern und bot schließlich die Heimmedien als "Extended Cut" an), legt man bei "Olympus Has Fallen" darauf einen dicken Haufen auf den nicht zu unterschätzenden "Familien-Erlebnis-Faktor", der natürlich viel Geld einbringt und somit geht es hier dementsprechend relativ heftig ab. Bei jedem Körpertreffer oder Kopfschuss sprießt das Blut in Mengen. Das richtig Erstaunliche an der Sache ist jedoch, dass dieser Film mit diesen grafisch brutalen Szenen dennoch eine Freigabe ab 16 Jahren ergattert hat.
Schon alleine dieser kleine, aber in meinen Augen sehr wichtige Aspekt wäre schon ein Kinobesuch oder später eben der Erwerb der Blu Ray/DVD es wert, um Hollywood ein Signal zu senden, dass wir Filmfans in diesem Genre keine weichgespülten Filme haben wollen.
Während zunächst einmal draußen die Uschi rockt und sich das Visuelle wie ein richtig harter Blockbuster anfühlt, spielt sich gut drei Viertel des restlichen Szenarios im zerstörten Weißen Haus ab, bei dem man auf altbewährte Oldschool-Action setzt, die neben Shoot Outs auch ein paar gut choreographierten Kämpfe sowie Messerstiche (vornehmlich in den Kopf) begutachten darf.
Morgan Freeman greift relativ spät ins Geschehen ein, kann aber als einer von vielen Nebendarstellern (ja, mehr ist er nicht) keine nennenswerte Akzente setzen und somit wirkt seine Rolle verheizt.
Während Anführer Kang mit seinen Leuten und den übrigen Geiseln im Luftbunkerraum aufhalten, gibt es noch einen dritten Nebenplot, der mir im Vorfeld schon etwas Kopfweh bereitet hat. Connor (Finley Jacobsen), der Sohnemann des Präsidenten hält sich irgendwo im Weißen Haus versteckt. Sowohl die Terroristen als auch Mike suchen nach ihm. Zum Glück kann ich nur sagen, wird dieser Punkt in einem relativ kurzem Intermezzo ad acta gelegt, so dass man hier keine nervende Erwachsener-mit-Kind-Kombo ertragen muss.
Kritikpunkte bleiben nur wenig übrig. Neben Patriotismus, zu viel Dunkelheit im gesamten Film und politischem Reaktionismus (alles drei sind Punkte, die bei mir nicht schwer ins Gewicht fallen) stört mich nur der anfängliche Angriff auf das Weiße Haus. Alles, was bewaffnet ist und für die Verteidigung des Weißen Hauses steht, ist lediglich Kanonenfutter, wobei jeder wie ein Lemming in die offenen Mündungsfeuer reinrennt. Somit liegt die gefühlte Opferquote bei der Army, Polizei und dem Secret Service bei guten 99,9 Prozent, während kaum Terroristen in diesem Gemetzel sterben. Und wenn, dann durch die Hand oder Waffe von Gerard Butler. An dieser Stelle arbeitet man zu sehr mit dem Kopf durch die Wand an diese Ein-Mann-Armee heran, was man auch mit Sicherheit auch eleganter hätte lösen können. Zudem haben mir persönlich echte Oneliner gefehlt, die solch einem Film erst das Salz in der Suppe geben. Nichtmals eine Handvoll an coolen Sprüchen bekommt man zusammen. Schade.
Also, wer keine Probleme mit Patriotismus hat, kann bedenkenlos zugreifen. Alle, die auf Filme wie "Stirb Langsam 1-3" oder "Alarmstufe Rot" stehen, werden hartes, gutes Actionkino erleben, bei dem Oldschool mit der heutigen Technik gut harmoniert und vom Anfang bis zum Ende die Spannung hochhält.
9/10