Immer mal wieder treten zwei inhaltlich ähnlich geartete Hollywoodprojekte gegeneinander an, wie die Vulkanreißer „Dante’s Peak“ und „Volcano“ oder die Kometenspektakel „Deep Impact“ und „Armageddon“. Beim „Stirb langsam“-im-Weißen-Haus-Wettbewerb geht Antoine Fuquas „Olympus Has Fallen“ als erster an den Start, vor Roland Emmerichs „White House Down“.
Winterliche Idylle in Camp David: Mike Banning (Gerard Butler), hohes Tier beim Secret Service und Bodyguard des Präsidenten Benjamin Asher (Aaron Eckhart) ist nicht nur hervorragend in seinem Job, sondern auch enger Vertrauter der Präsidentenfamilie. Sparring mit dem Präsi, Gespräche mit ihm und der First Lady Margaret (Ashley Judd), Betreuung des Sohnes Connor (Finley Jacobsen). Doch dann ein schwerer Autounfall bei einer Kolonnenfahrt, Mike rettet dem Präsidenten das Leben, kann dabei allerdings nichts mehr für Margaret tun, die stirbt. Einfach und simpel, aber effektiv erzählt Fuqua wie es zum Bruch zwischen dem ergebenen Patrioten Mike und dem Präsi kommt.
18 Monate später: Mike arbeitet im Büro des Schatzamtes, in der Nähe des Weißen Hauses, wo der Präsident eine Delegation aus Südkorea empfängt. Doch Terroristen befinden sich unter diesen, die Teil einer koordinierten Attacke auf das Weiße Haus sind, die von innen wie außen geführt wird. Und diese ist das Herzstück des Films: Hemmungslose derbe und politisch inkorrekt bebildert Fuqua die Erstürmung des Weißen Hauses, Terroristen, Bodyguards und Unbeteiligte sterben wie die Fliegen und mit dicken Einschusslöchern. Es sind 10 bis 15 Minuten purer Exzess, trotz (für Hollywood-Verhältnisse) kostengünstiger CGI-Trickserei hartes, packendes Actionkino, das zum Frontalangriff bläst, konsequent in seiner Rücksichtslosigkeit.
Mike greift in das Getümmel ein und kann sich während der Attacke in das Weiße Haus einschleichen, welches von den Terroristen besetzt wird ehe die Streitkräfte eintreffen. Von innen heraus startet Mike seinen Privatkrieg gegen die gut vorbereiteten Terroristen…
„Olympus Has Fallen“ bietet eine exzellente Besetzung derer, die es in Hollywood nicht ganz geschafft haben. Trotz solcher Erfolge wie „300“ ist Gerard Butler immer noch kein Superstar, beweist aber hier erneut feine Actiondarstellerqualitäten als harte, einsilbige, aber auch etwas eindimensionale Kampfsau. Aaron Eckhart als Präsident supportet gelungen, Rick Yune als Chef-Villain bleibt leider etwas blass. Morgen Freeman gibt den Regierungssprecher, darf aber später mal wieder Präsi spielen und macht das routiniert, während in den Nebenrollen so einige leicht in Vergessenheit geratene Gesichter zu sehen sind. Ashley Judd darf sich kurz als First Lady zeigen, Angela Bassett schaut als Mikes Chefin vorbei, Dylan McDermott, Melissa Leo, Robert Forster und Cole Hauser wissen in Nebenrollen zu gefallen, während Radha Mitchell, trotz solcher Erfolge wie „Pitch Black“ und „Man on Fire“ nie zur Oberklasse aufgestiegen, als Mikes Freundin einen Standardpart bekommt, diesen aber mit Leben füllen kann.
Doch hinter dieser geballten Darstellerpower steht dann ein recht einfach gestricktes Drehbuch für ein Reißbrett-„Die Hard“, das vor allem bei seinen beiden wichtigsten Figuren ein wenig schwächelt: Dem Helden und dem Bösewicht. Mike wird dabei immerhin mit groben Strichen gezeichnet, ein ultraharter Diener seines Landes, was dann neben seiner Freundschaft zum Präsidenten genug Motivation für den Folgefilm sein muss, indem er nicht in die Gefahr hineingerät, sondern sie regelrecht sucht. Er bekommt mit Leah (Radha Mitchell) eine Freundin, doch wirklich viel sagt dieser Subplot nicht über ihn aus. Noch schwächer sieht das Bild bei Kang (Rick Yune) aus: Eine beinahe lachhafte Motivation (der Verlust Angehöriger durch eine amerikanische Landmine) wird kurz erwähnt und soll seinen Hass auf die USA erklären, das war es dann auch. Hauptsache fies, aber politisch als relativ unabhängiger Terrorist gezeichnet, damit zwar die Nordkorea-Kontroverse zwar ein bisschen anpackt, aber bloß keinen so wirklich verärgert.
Natürlich sind die Sympathien, trotz fehlender Bezüge zur Realität, klar verteilt: Terroristen böse, Amerika gut. Damit das klar wird, fährt der Score das volle Inventar an Patriotismusklängen auf, nach der Eroberung des Weißen Hauses wird die amerikanische Fahne in Zeitlupe abgenommen und in Zeitlupe vom Dach geworfen, ehe sie in Zeitlupe in den Dreck fällt. Im Epilog haut der Film dann auch noch mal reichlich Stolz fürs Vaterland raus und weil diese Szenen noch nicht einmal besonders packend sind, wird „Olympus Has Fallen“ an diesen Stellen schon recht schwer genießbar.
Bei den Autocrashs und Flugszenen fallen die etwas kostengünstigen CGI-Effekte auf, doch sie stören im Endeffekt nicht allzu sehr, da Antoine Fuqua inszenatorisch sehr viel richtig macht. Fuqua tritt in die Lücke, die Regisseure wie John McTiernan, Renny Harlin oder Walter Hill (trotz vereinzelter Filmausstöße) im Mainstreamkino hinterlassen haben, serviert seinen Film als klassisches Männerkino mit herrlich altmodischen 1990er-Feeling, erinnert das skrupellose Vorgehen Kangs doch oft an Figuren wie Joshua Foss aus „Sudden Death“. Auch die Schnitzer des Drehbuchs und die vorhandenen Logikschwächen (wie z.B. können die Terroristen so einfach in den Luftraum über Washington eindringen und werden von den Abfangjägern nicht früher angegangen, warum fragt Kang nicht sofort nach allen drei Zugangscodes zum Atomwaffenarsenal usw.) übertüncht Fuqua durch hohes Tempo und viel Flair, was dem Film gut bekommt.
Allerdings bleibt die Erstürmungssequenz der Höhepunkt des Films. Danach dominieren Scharmützel, in denen Mike seine Gegner dank Special-Forces-Fähigkeiten meist schnell und schnörkellos, bisweilen aber auch leicht unspektakulär ausschaltet. Hin und wieder setzt Fuqua hier noch kleine Glanzlichter wie den Kampf gegen einen Verräter, den Helikopterangriff oder den Showdown Mike vs. Kang, doch trotz gelungener Choreographie und hohem Härtegrad kann keine dieser Szenen auch nur ansatzweise an die Erstürmung herankommen, an deren Niveau der Rest des Films leider nie anschließen kann. Das nagt an dem insgesamt positiven Eindruck, ebenso wie die Unterbringung des leicht nervigen Dreikäsehoch-Sohns von Asher.
„Olympus Has Fallen“ ist kein schlechter Actionfilm, der schnörkellosen Inszenierung Fuquas und der erfreulich harten, politisch wenig korrekten Action sei Dank. Doch das nicht immer saubere Reißbrett-Drehbuch und das Fehlen von Charakterzeichnung verhindern dann, das der Film mehr wird als solider Genrekrawall, von dem einfachen, eher patriotischen Weltbild ganz zu schweigen, das man notfalls noch als im Genrestandard rechtfertigen. Aber die Erstürmungssequenz, die ist ein echter Burner und rechtfertigt das Ansehen von „Olympus Has Fallen“ fast schon allein – schade nur, dass der Rest des Films nie wieder dieses Niveau erreicht.