Review

Das Beste kommt zum Schluss!!!!!

Und das bezieht sich nicht auf diesen Artikel, sondern auf das "Remake " Evil Dead. Vielleicht fand ich den Schluss auch nur deshalb so "gut", weil der Rest davor so laaaaaaaaaaaaaaaangweilig daher kam.

Die Grundidee des Films finde ich sehr gelungen. Eine Gruppe fährt in den Wald, um einem Mädel aus ihrer Mitte beim Entzug zu helfen. Die einsame Hütte im tiefen Wald ist dafür auch eine coole Location, in der sich das Drogenopfer seinem inneren Dämon stellen kann. Der Keller als das (böse) Unterbewusste des Menschen passt da auch wunderbar und wurde in der Filmgeschichte mehrfach dafür eingesetzt. Und schon wäre eine nette Metaebene für einen rasanten Dämonen-Splatterfilm vorhanden, der ein wenig mehr bieten möchte als Einheitskost. Hätte, hätte Fahrradkette. So clean wie das schmutzige Overstyled-Set wirkt, so clean ist der Entzug. Und weil dieser nicht konsequent in die Handlung mit eingebunden wird, wirkt er sehr bemüht, wie ein Vehikel, um genügend Abstand zum Original zu gewinnen. Zwar versucht Evil Dead den Subtext der Drogensucht mit der Besseneheit der Dämonen in Einklang zu bringen, aber es glingt ihm in meinen Augen einfach nicht glaubwürdig. Es wirkt einfach so oberflächlich wie der Schwur zu Beginn, den Drogen zu entsagen. Genauso unglaubwürdig wirkt der Plot des Familiendramas, den die (Dämonen-)Schwester nutzt, um ihren Bruder auseinanderzunehemen.

Der Einstieg:

Bereits mit dem Anfang zeigen die Macher: Wir wollen ein Remake sein, aber auch ein eigenständiger Film, der saubrutal ist. Hier war der Wunsch der Vater des Gedanken. Denn etwas Eigenständiges hat das Remake nun wirklich nicht. Zu Beginn wirkt er wie ein Backwwod-Slasher-Torture-Porn mit ein bisserl Exorzist und ein wenig Voodoo. Und den Exorzisten wird der Film nicht mehr los. Tja, und hier zeigt sich sofort eine große Schwäche des Films: Er klaut, wo es nur geht. Und er stürzt den Zuschauer mit einem schwachen Prolog direkt in sein Genre und nimmt so dem Folgenden die Überraschung. Die Motivation der Gruppe, jemandem beim Entzug zu helfen, wird hier bereits als jenes Vehikel entlarvt, denn eigentlich weiß der Zuschauer von Beginn an, dass der Film eine andere Richtung einschlagen wird. Zugegeben, bei dem Titel ahnt das wohl jeder im Zuschauerraum. Trotzdem: Das Spiel mit der falschen Fährte hätte dem Remake gut gestanden. Der Entzugsplot hätte dafür das Potenzial gehabt.

Die Figuren:

Aaaaaaaaaaaalglatt wirken die Figuren. Da gibt es den bebrillten Nerd, der mit seiner Klugscheißerei einfach nur nervt (er hatte aber die beste Dämonenmaske und bekam es wirklich derbe eingeschenkt), dann die Quotenschwarze, die zunächst das Sagen hat, aber nur Blubberblasen von sich gibt (sie hat aber eine schmerzhafte Selbstverstümmelung), das Quotenblondie, das zu 90 Prozent nur in der Gegend rumsteht (hat aber ein ziemlich coole Szene mit einem Brotmesser), das Junkiegirl, das erst in der Schlusssequenz wirklich in Fahrt kommt, sowie der Bruder, dessen Rolle im Grunde die überflüssigste war. Tja, irgendwie hatte ich das Gefühl, die Figuren waren nur dazu da, um irgendwann im Film als Splattereffekt wieder zu verschwinden, irgendeiner muss ja sterben. An wirklicher Tiefe war nichts zu spüren, keine Entwicklung, kein Witz, kein Arschloch, kein null Komma nix. Das findet man in vielen Horrorfilmen der 80er. Aber von denen versuchte auch keiner ein Drogendrama mit einzubauen. Auch im Original ließen die Figuren und Raimis Schauspielerführung zu wünschen übrig. Und wahrscheinlich ist es auch nur Campbells Talent zur Komik zu verdanken, dass das Original im Bereich des Schauspiels durchaus originell war. Aber Raimi hat diese Gelegenheit wenigstens genutzt.

Grusel/Sound:
Tja, der war einfach nicht vorhanden. Der Film nimmt sich nicht die Zeit dafür, diesen überhaupt entstehen zu lassen. Wovor gruseln wir uns? Vor dem, was wir nicht kennen. Das hatte Raimi im Original meisterhaft inszeniert. Das Böse wurde angedeutet - durch Kamerafahrten, umstürzende Bäume, eine subjektive Kamera, die die Opfer beobachtet, und den Sound. Wenn Ash und seine Freunde in den Wald einbiegen und nahezu geräuschlos zur Hütte fahren, wirkt dies sehr befremdlich. Oder die Bank, die ständig an die Wand der Hütte schlägt, bis Scott die Tür öffnet. Genial. Im Remake ist nichts davon zu sehen. Der Prolog verrät bereits, worum es geht, die Kamera ist absolut konservativ und zeigt keine Innovation und die Spannung wird auf dem Altar einiger Schreckmomente geopfert. Denn das Böse wird uns leider allzu deutlich und viel zu oft bis zum Erbrechen gezeigt. Und das in einer Form, die wir bereits aus unzähligen RING-Verschnitten kennen: Ein weiß gekleidetes Mädchen mit dunklen Haaren, das ein bissjen evil aussieht. Wer soll sich davor heute noch fürchten?????? Dieses Böse ist uns all zu bekannt. Und zu laut ist der Film auch. Im Original hat Raimi erkannt: Der Wald ist gruselig, weil er sehr ruhig ist. Ab und an knackt und raschelt es und wir bekommen Angst, weil wir nicht erkennen, was das Geräusch verursacht hat. All dies geht in dem viel zu lauten Soundtrack des Remakes völlig unter.

Effekte:
Raimi wusste seinerzeit: Mit dem Budget bekomme ich keine glaubhaften Splattereffekte hin. Also hat er sie mit viel (Selbst-)Ironie inszeniert. Er bedient sich unterschiedlicher Techniken, um die Splattereffekte umzusetzen - etwas Stop-Motion(?), wenn sich die Dämonen am Ende auflösen. So zeigt Raimi deutlich: Es sind Effekte, es ist Kino, wir machen nur Spaß. Die Macher des Remakes waren sich sicher: Unsere Effekte werden hyperreal aussehen. Und das tun sie auch. Das Zerschneiden der Zunge, die Brotmesserszene, all das sieht druchaus real aus. Auch das Zersägen des Dämons mit der Kettensäge sieht cool aus, ist so überzogen, dass das Remake einen Hauch der Ironie des Originals versprüht. ABER: Man hat dem Film auch angemerkt, dass er für ein größeres Publikum gemacht wurde. Denn es hätte mehr Gore liefern müssen, um eine wahrhafte Splattergranate zu sein. Doch dies wurde wohl dem publikumsträchtigeren Rating geopfert. Und die Effekte wirken schon fast zu perfekt, wieder zu clean inszeniert, sie schockieren einfach nicht. Sie sind handwerklich perfekt. Aber ... naja ... sonst auch nix.

Fazit:
Ich glaube, das Remake von "Evil Dead" kommt einfach zu spät. "Tucker and Dale vs evil" hat das Subgenre der Dämonenhütte bereits ironsich sehr gelungen umgesetzt. "Cabin in the Woods" hat (für viele Fans) demThema bereits ein kleines "filmhistorisches Denkmal" gesetzt. Viele brutale Splatterfilme der Vergangenheit haben die Gewaltschraube derart angezogen, dass EVIL DEAD einige Schippen hätte drauflegen müssen, um ein würdiger EVIL DEAD 2013 sein zu können. Nur dann hätte man ihn einem breiteren Publikum aufgrund der Zensur wohl nicht zugänglich machen können. Bedauerlich ist auch, dass eben jener Raimi, der das innovative Original schuf, auch am Remake beteiligt war. Davon hätte ich mir mehr versprochen.

So bleibt insgesamt ein 08/15-Horrorfilm für die Twilight-Generation, die sich zumindest im Kinosaal einige Male erschrocken haben dürfte. Aber wirklich gefesselt schien keiner gewesen zu sein, dafür war die Geräuschkulisse einfach zu vermurmelt.

2,5/10

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