Der Teufel tanzt wieder – trotzdem geil!
(Achtung: Kommt leider nicht ohne ein paar kleinere SPOILER aus!)
Die einen haben es herbei gesehnt. Die anderen meinten, ein Remake könne nur in die Hose gehen. Nur wenige haben es für machbar gehalten, und doch ist „es“, die Neuverfilmung von TANZ DER TEUFEL, dieser feuchte Traum jedes Horrorfans, nun leibhaftig vor uns. Mit Sam Raimi und Bruce Campbell, den Urvätern und Erfindern des Originals, die sich mit der 17-Millionen-Dollar-Verwirklichung [im Vergleich: EVIL DEAD (1981) 375.000 Dollar] wohl so etwas wie einen kleinen Kindheitstraum erfüllt haben, in der Produzentenrolle – Wow! Alle, denen vor Vorfreude nicht bereits seit Verlautbarung der Realisierung der Geilheitsschaum aus der Futterluke tropft, haben definitiv eine Schraube locker. „Wow“ zum Zweiten. Und es soll gewiss nicht das letzte „Wow“ bleiben.
EVIL DEAD [2013] beinhaltet diverse klassische Elemente aus dem Original-TANZ DER TEUFEL, wie da wären die Hütte im Wald (aus CABIN IN THE WOODS), die Baumvergewaltigung (wenn auch verharmlost), die eingestürzte bzw. überflutete Brücke, der Dämon unter der Falltür, die Treppe mit der morschen Stufe, Ego-Perspektive-Kamerafahrten aus dem Wald heraus und ganz, ganz viel Schmodder, soviel sei schon mal gewiss.
Das Remake kommt aber auch mit ein paar dezenten Neuerungen daher. Zum einen kreist die Story um die durch den Tod der Mutter traumatisierte und drogensüchtige Mia (Jane Levy). Als Art radikale Entziehungskur verschanzt sie sich mit Freunden, einem Rudel Twentysomethings, und ihrem Bruder David (Shiloh Fernandez) in der abgelegenen Holzhütte. Diese war einst Schauplatz der Verbrennung eines besessenen Mädchens, wie uns der Vorspann erklärt. Neben dem in Menschenhaut gebundenem, mit Blut geschriebenen und dieses Mal sogar mit Stacheldraht (huhu!) umwickelten Necronomicon, dem Buch, dass das Böse in den Wäldern erwecken kann, hängen im Keller zusätzlich unzählige tote Katzen von der Decke – weiß der Geier wieso! Nachdem ein nerdiger Bücherwurm ein paar Phrasen aus dem Buch liest, erheben sich im Wald böse Mächte. In Besitz genommen wird als erste die labile Mia. Sie verbreitet die Dämonenseuche, so dass am Ende nur ein armes Menschlein übrig bleibt.
Soweit wenig Neues. Einen „Ash“, sprich einen Trottel, der zum Helden mutiert und sogar seiner besessenen Freundin mit der Schaufel den Schädel abschlägt, bietet der Film nicht wirklich. Mias Bruder David ist zwar irgendwann allein auf weiter Flur. Dessen Charisma, Heroik und Leidensweg können einem Ash, dem Kultcharakter von Bruce Campbell, aber nicht mal ansatzweise das Wasser reichen. Diesbezüglich schwächelt der Film arg.
Zu Dämonen werden wie im Original zuerst alle Damen. Diese legen dann – zum Leidwesen aller Zartbesaiteten und zur Freude aller Gorehound – eine Vorliebe für extreme Selbstverstümmelungen an den Tag. MARTYRS lässt schön grüßen. Die Dämonenweiber führen sich auf wie Borderlinerinnen auf Engelstrompeten-Tee, schlitzen sich Zunge und Gesicht auf. Weiblichkeit wird hier eindeutig harscher diabolisiert als im Original. Frauen sind böse – ja, eh klar! Manchmal vergisst man aber beinahe die Dämonenthematik, da die Girls mehr „Exorzist“ als „Demoni“ ausfallen. Sobald besessen werfen die Mädels ihre gute Kinderstube über Bord und brabbeln Gossensprache und versautes Nuttenhochdeutsch, was mitunter auch zum Schmunzeln anregt. Bruderherz wird zum Blasen in den Keller zitiert, das F-Wort (die Vulgärform des weiblichen Geschlechtsorgans) fällt auffallend oft und sogar im Neconomicon steht das Wort „Motherfucker“ gekritzelt – oh behave! Das bekannte „Your Mother Sucks Cocks In Hell!“ diente hier wohl als Leitfaden.
Gewalt war in TANZ DER TEUFEL groß geschrieben, auch wenn der Plot nie einzig und allein auf die Zurschaustellung grober Gewalt ausgelegt war. So auch im Remake, welches packend bis ins Mark ausfällt und im Grunde auch ohne Gore angemessen unterhalten würde. Keine Bange – trotzdem wird gesplattert bis der Arzt kommt. Eine Zunge wird mit dem Teppichmesser gespalten, ein Arm mit dem Tranchiergerät bzw. dem elektrischen Brotmesser abgeschnitten (Anlehnung an EVIL DEAD 2 [1987]). Zum Einsatz kommen Nagelpistole, Schrotflinte und Kettensäge. Ein Kerl wird mit dem Brecheisen verprügelt, eine Injektionsnadel landet fast(!) im Auge und eine Tussi kotzt fontänenartig Blut. Der Gore ist hart und, durch die vermehrte Gewalt gegen Frauen, echt mies. Es fehlt die comichafte Übersteuertheit des Originals. Dennoch wirkt mancher Gewaltexzess wahnhaft krass und übertrieben. Allein der Showdown ist so episch brutal und ein einziger Blutreigen, dass einem buchstäblich die Spucke wegbleibt. Wie mit so viel brachialer Gewalt umgehen? Bei dieser Vorführung [Sneak im Cinemurxx] brach das Publikum [pickelige Dumpfbeutel, die vom Original keinen blassen Dunst hatten] z.B. in lauthalses Gelächter aus als einer der Protagonisten auf einem Stück Gesichtshaut ausrutschte. War im Grunde nicht wirklich witzig, spiegelt aber wider, wie unbeholfen man manchmal mit übertriebener Visualisierung umgeht.
Gepaart ist der Gore mit saftigen, sitzenden Schocks, die einen bei den Eiern packen, meist aber vorhersehbar sind und immer nach dem altbekannten Prinzip ablaufen: Musik schwillt an, bricht ab, Stille, dann: BUH! Zum Freundinärgern oder Kitzeln sanfterer Gemüter, während man sich selbst entspannt im Kinosessel zurücklehnt und die Reaktionen abwartet, taugt der Film also allemal.
Das EVIL DEAD-Remake scheint so manches richtig zu machen und zünftigen Popcorn-Horror zu bieten. Über ein paar Schwächen kommt es aber leider nicht hinaus. Die Schauspieler sind junge Hupfer zum Reinprügeln, die platte und ausdruckslose Charaktere abgeben. Die Story macht nicht immer Sinn. Was soll das für ein seltsames Viech sein, das sich im Showdown aus dem Morast erhebt? Der Belzebub? Marilyn Manson? Oder kehren just die Toten zurück? Wenn ja, dann warum nur einer? Und was sollte bitteschön diese Rettung und Ent-Demonifizierung einer Besessenen mittels zehnsekündigen Begrabenseins in lockerer Erde. Was für ein Fuck! Das Finale, in dem es im Original noch mal ordentlich scheppert und kracht, wurde hier leider etwas verhunzt. Da fühlt man sich als TANZ DER TEUFEL- Fan der ersten Stunde (bin ich nicht, aber egal) echt ein bisschen verarscht. Eine Tussi wird tatsächlich erfolgreich von ihrem Dämonenzustand befreit – so was hat es in keinem Teil der Reihe gegeben! Einzig Ash, der sich rettet, indem er sich die Hand absäbelt. Naja, sei’s drum… Etwas später regnet es Blut (wörtlich gemeint) und eine überaus krude Kettensägenszene versöhnt einem den Showdown.
Summa summarum:
EVIL DEAD [2013] ist Popcornkino und doch wieder nicht, da viel zu brutal. Das Remake ist die Teeniehorror-Variante des Originals. Eine massentaugliche Version sozusagen. Klingt beschissen, ist im Grunde aber doch sehr gelungen und fällt in die Kategorie der besseren Neuverfilmungen wie auch TEXAS CHAINSAW MASSACRE [2003] oder DAWN OF THE DEAD [2004]. Als Fan muss man sagen, dass vielleicht doch noch ein bisschen mehr drin gewesen wäre. So war das Original einfach um ein vielfaches böser und niederträchtiger, zudem aber auch schlüssiger und flotter erzählt. Eine Kombination, die der Neuinterpretation nicht gelingt. Das Remake kränkelt an manchen Stellen an seiner Teenie-Doofheit. Dies ist zu verschmerzen, zumal der Streifen echt Spaß macht, von Anfang bis Ende unterhält und jedem Splatterfreak einen Dauerständer verpassen dürfte. Unterm Strich ergibt das Resultat aber einfach keinen so großartigen und einprägsamen Horrorfilm wie es TANZ DER TEUFEL war. Aber das war eigentlich zu erwarten.
"Ich werde mich an deiner Seele weiden!"
- "Weide dich hieran, Schwanzlutscherin!" *RRROOOARRR* *SPLATTER* *SPRITZ*
Fazit:
Rockt, das Original bleibt aber natürlich unübertroffen. Trotzdem geil!