Wenn Engländer einen Film mit deutschen Wehrmachtssoldaten inszenieren ist Vorsicht angesagt. Vorurteile noch und nöcher sind hinlänglich bekannt, machen daher auch vor diesem Film nicht halt. Doch bevor verurteilt wird, muss man man erstmal das Licht dimmen (oder am besten ganz ausschalten) und die Anlage voll aufdrehen. Überhaupt wird so ein Film erst nachts bei völliger Dunkelheit genießbar, wenn man auch als Zuschauer zusammen mit den Soldaten den Bunker betreten kann. Ohne eigene Mithilfe hat der Film nämlich nur eine geringfügige Wirkung auf TV-Niveau und entfaltet sich weder optisch noch audiotechnisch.
Da krackseln drei Soldaten in einem merkwürdigen, schlecht beleuchteten Stollen herum, versuchen hastig ein Loch zu vernageln und flüchten dann doch vor dieser undurchdringlichen Dunkelheit auf der anderen Seite, von der (so spürt man) irgendwas Bedrohliches und Unheimliches ausgeht. Über weiteres wird man erstmal im Dunkeln gelassen, denn vier Monate später tobt der Krieg in Europa, was zu einer Flucht von einer Handvoll Wehrmachtssoldaten in genau diesen Bunker führt, den derzeit Reservisten besetzen, die sich stärker kaum voneinander unterscheiden hätten können: Ein alter desillusionierter Veteran und ein Jungspund direkt aus der Hitlerjugend.
Bevor nun aber in dem unterirdischen Labyrinth gestorben, gemeuchelt und halluziniert wird, darf sich jeder Charakter vorstellen. Da ist für jeden was dabei: Der großkotzige Oberleutnant, der alte Haudege ("Steiner" lässt grüßen), ein Angsthase, ein überhitzter Heißsporn und ein scheinbar vernünftiger Unteroffizier, der einen Fehler begangen hat. Der Rest ist nur Support, um den Zuschauer möglichst schnell Leichen und Tote zu präsentieren. Sieht man von ein paar bescheuerten Handlungen (Ballern auf nicht sichtbare Gegner was geht, obwohl die Mun doch arg am Sperrbestand nagt) ab, darf jeder jeden ankeifen, wobei dem Zuschauer gleich noch der Bunker und eine dicke Stahltür, die in die Tunnel führt, vorgestelltwird. Man merkt: Es ist Zunder im Bunker, der durch eine düstere Legende noch verfeinert wird! Nur will dabei keine Figur so richtig in den Vordergrund treten, oder schlimmer noch sympathisch erscheinen, was zum Fehlen der Identifikationsfigur führt.
Nach allerbester Geisterhaus murmelt oder flüstert es im Bunker in der Nacht und Musi wird gespielt. Das bringt die erste Unvorsichtige auf den Plan, die glauben in einer Todesfall zu sitzen und lieber flüchten möchten, da es angeblich einen Geheimausgang gibt. THE TUNNELS ARE OPEN!
Und hier gibt es dann genau das, worauf man sich die ganze Zeit gefreut hat:subtile Gänsehautatmosphäre, wie ich sie seit "The Ring" nicht mehr erlebt habe. Das Labyrinth von Gängen ist düster, Licht ist kaum vorhanden, geheimnisvolle Schattenspiele und Kratzen, Klaustrophobie en masse, Flüstern, Bassbrummen, was die tiefe Tonleiter hergibt. Verschlossene, mit Ketten gesicherte Tore, werden aufzubrechen versucht und eine böse Legende bewahrheitet sich.
Kein Wunder, dass die Soldaten, die nach die Schicksale ihre beiden vorweggestapften Kameraden auskundschaften, von rätselhaften Halluzinationen, Wahnvorstellungen und alptraumhaften Rückblicken auf ein zurückliegendes Kriegsereignis (das später erklärt wird) geplagt werden und aufeinander losgehen. Gezeigt wird dabei nicht,was nun eigentlich die Tunnel beherrscht sondern nur minimal angedeutet. Den Rest reimen sich die Phantasien der Soldaten und des Zuschauers zusammen, die in hübscher Reihenfolge dahinsiechen. Dafür wird alles Reelle in aller Ausführlichkeit visualisiert: Ob erstochen, erschossen oder erschlagen: Ohne Blut geht nirgends zu. Besonders eindrucksvoll geriet diesbezüglich das Ende des alten Mannes im Stacheldraht.
Bis dahin bleibt der Film ein hübsch atmosphärisches Gruselwerk, von dem sich so manche Bigbudgetproduktion eine Scheibe abschneiden könnte, doch als fast alle Soldaten "aufgebraucht" worden sind, lässt der Regisseur einen der Soldaten zum psychopathischen Killer mit überzogener Vaterlandsliebe mutieren. Und von da an wird es lächerlich, denn man verpasst ihm mittels Verbrennungen das Aussehen eines billigen, degenerierten Killers, der alle töten will.
Hinzu kommt eine überflüssige Message und Aufklärung, die aber zumindest ansatzweise die Hallus in den Gängen erklärt und sich in Form von Rückblicken schon den gesamten Film über angedeutet hat, mich aber nicht interessiert. Müssen Gruselfilme denn immer logisch sein und erklärt werden? Nein! Jedenfalls wird klar, warum in dem Tunnel deutsche und keine britischen Soldaten sitzen, die nie zu diesem Verbrechen (??) fähig gewesen (Achtung, Sarkasmus) wären. Über das finale Schwingen mit der Moralkeule schweige ich mich an dieser Stelle im übrigen aus, wirkt sie doch zu aufgesetzt und schlicht und einfach überflüssig.
Fazit:
"The Bunker" beginnt dialoglastig, farblos und Klischeecharakteren, baut in den Tunneln aber eine sehr spannende und beklemmende Atmosphäre auf, die seinesgleichen sucht. Das Fehlen einer Identifikationsfigur (man kann in den Tunneln die Soldaten nicht auseinanderhalten) und das zwanghafte Erklären des Übernatürlichen und Unerklärlichen zerstört aber genauso viel, wie die Moralkeule und das Finale in der Leichengrube. Potenzial verschenkt, aber darauf kann man aufbauen!