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Kinogroßerfolg aus Südkorea, mit über 7 Millionen Zuschauern ein durchschlagender Publikumsmagnet, der das Bedürfnis des einheimischen Marktes mit Starbesetzung, Aufwand, Handwerk und auch Internationalität im Schnitt regelrecht entspricht. Ein Bestehenkönnen mit ausländischen, sprich westlichen Produktionen aus Amerika, Großbritannien usw. wird auch hier im formalen Milieu und materiell mit einem Konglomerat aus gängigen Zutaten des Spionage- und Actionfilmes erreicht, wobei der im Grunde fremde Blick ohne großartige filmhistorische Kenntnisse und so das Nachzeichnen anderweitiger Belange noch mit das größte Interesse abseits der fortschrittlichen Schießereien, Nahkämpfe und waghalsigen Verfolgungsjagden in jeweils aufschlussreicher Inszenierung erreicht. Willkommen zurück im Kalten Krieg und Vaters Illusionskintopp der Siebziger, Achtziger und Co., plus im Morgengrauen ein Heroic Bloodshed Kugelballett:

Nach einem gescheiterten Waffendeal im Berliner Westin Hotel zwischen den Russen, den Arabern und den Nordkoreanern in Form des entsandten Agenten Pyo Jong-sung [ Ha Jeong-u ] wird nicht nur der südkoreanische Geheimdienst unter Jeong Jin-su [ Han Seok-gyu ] im Auftrag des Botschafters Ri Hak-su [ Lee Gyeong-yeong ], sondern auch der aus Pjöngjang angereiste Dong Myung-su [ Ryu Seung-beom ] als geplante Wachablösung aktiv. Pyo hat neben der Konkurrenz aus den eigenen Reihen und denen vom benachbarten Feindesstaat allerdings noch weitere Probleme, schließt sich der rasch steigernden Hetzjagd doch noch der CIA und der Mossad an, und gerät seine eigene Frau, die Dolmetscherin Ryun Jong-hui [ Jun Ji-hyun ], wegen Verdachts des Überlaufens nicht nur in den Fokus der Geheimdienste, sondern wird auch sein eigenes Misstrauen durch die Entfremdung und die Heimlichkeiten geweckt. Ein erbittertes Kesseltreiben in der Deutschen Hauptstadt entbrennt.

Nur teilweise gedreht in Berlin, mit diesem Pfund nicht nur im Titel, sondern auch dem Marketing für die ausländischen Verkäufe gewuchert und die Umstände der ehemals getrennten Stadt gleich für seine Analogien für Nord- und Südkoreanische Belange und Verfeindungen benutzend, wird die deutsche Metropole hier als Hort des grauen Schreckens und trüber Konspiration gezeichnet. Postkartenbilder für die Touristen und freundliche Urlaubsgrüße kann die Szenerie auch bei der realen Betrachtung bei Tag und Nacht nicht bieten, wird hier aber noch zusätzlich eine Asbest-Endzeitstimmung wie zum Ausgang kurz vor '89 porträtiert, die bestenfalls noch im braunen Farbambiente, schlechterdings im nassen graunen Schmutz, einer abstoßenden Palette aus düsteren Tönen jedenfalls versinkt. Selbst Wahrzeichen wie das Brandenburger Tor und andere Insignien des stetig im Bau und Verkehr versinkenden Schauplatzes werden hier eher als Abschreckung den zum Anlocken für die mit Fotoapparat und Reiseführer ausgestatteten Reisenden aus aller Herren Länder eingefangen, hinzu kommen noch Wohnungen im DDR-Putz aus dem Armutsmilieu und aus der Zeit gefallen und Hinterhöfe, die vom Wiederaufbau und Wiedervereinigung noch nie etwas gehört, geschweige denn davon profitiert haben.

Sowieso ist das ganze Konstrukt um Überläufer, Vaterlandsverräter, Doppelagenten, Scheinehen, Geheimtüren, Koffern voller Waffen und/oder voller Geld, Fluchten über Dächer und durch U-Bahnschächte usw., auch wenn heutigentags gedreht, wie von Anno Dazumal gehalten, was dem ansonsten eher generischen Plot mit leichten Startschwierigkeiten den ganz speziellen Schliff verleiht. Treffen der diversen ausländischen Parteien und ihrer Ausübenden und Mitläufer werden im finsteren Eichenholzbüro wie aus dem Antiquitätenhandel oder gleich im Waschsalon abgewickelt, dort auch symptomatisch für das ganze Weltbild hier John le Carrés "The Spy Who Came in from the Cold" (geschrieben '63, verfilmt '65) als Inbild der Quellen und seiner verwendeten und aufgegossenen Ideen und der Irrationalität des Begehrens in die Kamera gezeigt. Ein vergilbtes Hirngespinst, wie die Ausstattung eher der Nostalgie entsprechend und dramaturgischer Aufbau samt kinetischen Showdown als phantastisches Traumgeschehen.

Ernstnehmen kann man das hier benutze Instrumentarium trotz aktuellen Produktionsdatums und entsprechend natürlich auch den Verwicklungen von Geheimdiensten aus Seoul und Pjöngjang und der medientechnisch hochgekochten Spannungen, die Verwendung finden jedenfalls nicht. Inszeniert wird zwar mit manch stilleren Momenten – die die Paranoia selbst unter Eheleuten, die nicht nur beruflich, sondern auch privat Alles teilen und keine Geheimnisse voreinander haben sollten, aber trotzdem im Misstrauen gefangen und in der Zweisamkeit korrumpiert sind – wird aber dennoch die wahre Aufmerksamkeit nur mit dem seltsam aus der Zeit gefallenen Perspektive auf ein ungewohntes Genre und den Drehort fern der Heimat, sowie den Mitteln des modernen Spannungs- und Aktionskinos erreicht. In dessen Präzisierungen vertraut, erschafft Autor und Regisseur Ryoo Seung-wan, der sich zuvor mit The Unjust (2010) zumindest in der Theorie besser auskannte, hier aber vermehrt auf blendend choreographierte und montierte Show- und Stunteinsätze auf teils engsten Raum Wert legt, ein wenigstens der flotten Unterhaltung dienendes Produkt. Kommunisten, Imperialisten und Fundamentalisten, denen im Grunde alle nur der eigene Gewinn, gerne auch in Barauszahlung am liebsten ist, und eine Armee von Befehlsempfängern, die Körper, Würde und oft auch Identität nahezu alle an den Meistbietenden verkauft haben, bekriegen sich im engen Raum, die Treppen hinauf, durch die Zimmer hindurch und die schrägen Dächer wieder hinab. Blut und Schweiß statt Realität und Emotionalität; ein heruntergekommenes Geschäft aus nassforschen physischen Auseinandersetzungen und dem schnellen Klang und Einprall ganzer Munitionsbestände.

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