Was tun, wenn’s brennt ?
Auf diese Frage gibt die norwegische TV-Miniserie „Hellfjord“ in einer Szene eine besonders skurrile Antwort, die sich nahtlos in das Gesamt-Erscheinungsbild dieses kleinen nordischen TV-Juwels einreiht.
Weil der Polizist Salmander (Zahid Ali) während der Parade zum Nationalfeiertag sein Dienstpferd Gunnar vor den Augen von Hunderten Schaulustigen unter Zuhilfenahme von Dienstwaffe, Tuba als stumpfem Hiebgegenstand und Zivilistenauto von seinem offensichtlich gesundheitsbedingtem Leiden erlösen wollte, ist er für die Osloer Polizei aus Imagegründen nicht mehr haltbar. Da eine dreimonatige Kündigungsfrist besteht, wird er für den Rest seiner Dienstzeit in das abgelegene Hellfjord strafversetzt. Hier hat er laut Meinung seiner Vorgesetzten weder die Möglichkeit, größeren Schaden anzurichten, noch die Chance, in der Ausübung seines Dienstes zu glänzen. Doch die Ereignisse in dem verschlafenen Fischerort überschlagen sich mit seiner Ankunft…
Als eine Melange aus David Lynchs Kult-Serie „Twin Peaks“ und Edgar Wrights britischer Crime-Comedy „Hot Fuzz“ beworben, trägt die norwegische TV-Produktion „Hellfjord“ die schwere Bürde hoher Erwartungshaltungen mit sich und meistert diese erstaunlicherweise mit Bravour. Die Vergleiche mit den zuvor genannten Vorbildern sind zwar relativ weit hergeholt, wenngleich einige wenige Parallelen durchaus zu entdecken sind, doch Tommy Wirkola (Regisseur von „Dead Snow“) und Stig Frode Henriksen (Darsteller in „Dead Snow“) haben es geschafft, ihrer komischen, mystisch angehauchten Krimi-Mini-Serie einen ganz besonderen Charme zu verleihen. Zugegeben: diesen Charme erkennen sicherlich nur Freunde skurriler Figuren und zutiefst schwarzhumoriger Komödien auf Anhieb. Wer sich jedoch zu dieser Zielgruppe zählt, wird bereits in den ersten Minuten der Pilotfolge erfreut feststellen, dass er hier auf ein besonderes Stück (typisch) skandinavischer Fernsehunterhaltung gestoßen ist.
Zahid Ali ist zwar in seiner Rolle des geschassten Polizisten Salmander die zentrale Figur der 7teiligen Serie, bleibt jedoch weitestgehend blass. Dies liegt sicherlich auch daran, dass seiner Figur keinerlei Facetten verliehen wurden, die dem Zuschauer einen geeigneten Zugang zu Salmander verschaffen. Der Star dieser Serie ist zweifelsohne Stig Frode Henriksen in der Rolle von Salmanders Assistenten Kobba, der aus dem verschrobenen Hinterwäldler vor allen Dingen durch das von ihm ausgehende Stakkato an absurd-komischen Aktionen und zitierwürdigen Aussagen auf skurrilste Art und Weise einen Sympathieträger macht, den es in dieser Form selten (wenn nicht sogar noch nie) in der Fernsehgeschichte gab. Die übrigen Einwohner von „Hellfjord“ reihen sich mit ihren verschiedenen Eigenarten wunderbar in das Gesamtbild der Serie ein und es gibt einige Charaktere, die durch hohen Sympathiefaktor punkten können (beispielsweise die Journalistin Johanne (Ingrid Bolsø Berdal) oder Kobbas finnische Katalog-Braut Riina (Pihla Viitala)), doch es sind mit zunehmender Dauer die Auftritte von Kobba, auf die der Zuschauer brennend wartet.
So ist es auch für den Zuschauer, der es über die erste Folge hinaus geschafft und „Hellfjord“ nicht in erster Linie als Krimi-Serie betrachtet hat, leicht zu verschmerzen, dass die das Grundgerüst bildende Crime-Story nicht sonderlich tiefgründig und nur wenig sorgfältig ausgearbeitet erscheint. „Hellfjord“ lebt in erster Linie von seinem pechschwarzen Humor, der teilweise in Fäkal- und Holzhammer-Humor ausartet, und seinen herrlich skurril gezeichneten Charakteren.
Wer sich darauf einlassen kann und will, und wer beispielsweise am Humor der britischen Kult-Serie „Little Britain“ (gewisse humoristische Parallelen sind unverkennbar) Gefallen findet, darf im kleinen norwegischen Fischerdorf „Hellfjord“ 200 Zwerchfell strapazierende Minuten verleben. Allen anderen bleibt der Griff zur ebenso hervorragenden, ebenfalls mit einigen schrägen Charakteren gespickten, aber deutlich ruhigeren Serie „Lilyhammer“.
„Hellfjord“ eignet sich aufgrund seines absurden Humors und der angenehm kurzen Laufzeit hervorragend für einen feucht-fröhlichen (Männer-)Abend, bei dessen Vorbereitung selbstverständlich Kobba das letzte Wort haben sollte:
„Es gibt nur eine einzige Regel… Wenn Du Dir etwas aus dem Kühlschrank nimmst… Egal ob klein oder groß… Schließe immer die Kühlschranktür!!!“