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Ohne den japanischen Regisseur Hideo Nakata hätte es im Bereich der Geisterfilme möglicherweise eine Weile Stillstand gegeben, denn seine Werke "Ring - Das Original", "Ring 2", aber auch "Dark Water" haben das Subgenre maßgeblich beeinflusst und für unzählige Nachahmer gesorgt. Mittlerweile scheint Nakata jedoch nicht mehr viel einzufallen, denn er beginnt seine eigenen Muster zu kopieren.

Azuka macht eine Ausbildung als Krankenschwester und ist soeben mit ihren Eltern und dem jüngeren Bruder in ein heruntergekommenes Apartment in einen Vorort von Tokio gezogen. Schon bald hört sie merkwürdige Kratzgeräusche aus der Nachbarwohnung. Als Azuka dort nachsieht, übertrifft der Anblick ihre schlimmsten Erwartungen...

Um die Jahrtausendwende wäre der Streifen wahrscheinlich eingeschlagen wie eine Bombe, doch seither gab es dermaßen viele Geister - und Spukfilme in ähnlicher Aufmachung, dass "The Complex" innerhalb dieser Riege völlig untergeht.
Die Figurenzeichnungen sind schwach bis gar nicht vorhanden, bis zum ersten Spukeffekt vergeht eine gefühlte Ewigkeit und darüber hinaus ist das Geschehen viel zu zäh aufgezogen.

Zwar punkten Teile der Kulisse wie die heruntergekommene Nachbarwohnung oder der Anblick der wenig einladende Betonklötze des Wohnkomplexes, welcher stets wie menschenleer aussieht, doch inhaltlich tut sich da zu wenig. Interessant ist allenfalls Asukas Egosicht, welche ab und an im Beisein ihrer Familie eingebaut wird und im Verlauf eine clevere Begründung erfährt, doch mit Kratzgeräuschen, Legenden über ein totes Ehepaar oder einem im Sand spielenden Jungen löst man keine Gänsehaut mehr aus.

Zudem ist der Verlauf für jeden Zuschauer, der einigermaßen mit dem Subgenre vertraut ist vorhersehbar, zumal einige Szenen im Vorfeld bereits andeuten, welche Wendungen sich da noch einstellen mögen. So geht es nach einem kleinen inhaltlichen Break um stark gewichtete Dramenanteile, in denen Schuldgefühle, Realitätsverlust und Eigenverantwortung eine Rolle spielen, lediglich das etwas schwammige Ende versöhnt wieder ein wenig und appelliert an die Fantasie des Zuschauers.

Ein anderes Manko des Streifens sind seine überwiegend stocksteif agierenden Mimen. Atsuko Maeda in der Hauptrolle und Hiroki Narimiya als ihr helfender Bekannte bleiben nicht nur aufgrund der Schminke ein wenig blass und punkten allenfalls, wenn sie nichts sagen und ein paar starre Blicke in Nahaufnahme eingefangen werden. Demgegenüber liefert die Kamera ein paar gelungene Perspektiven, welche die triste Grundatmosphäre gut einfangen und auch Score und Sounduntermalung arbeiten ordentlich.

Ein paar Effekte wie ein Greis mit weißen Pupillen, Risse in Wand und Boden oder Alptraumbilder mit einer bunten Kaleidoskopkugel sind zwar nett anzuschauen, doch der Reiz geht trotz der Wendung im Mittelteil verloren, da man alles bereits tausendfach effizienter gesehen hat. Mit rund 106 Minuten ist der Streifen zudem viel zu lang ausgefallen und nur wer sich an japanischen Geisterfilmchen rein gar nicht satt sehen kann, könnte einen sehr vorsichtigen Blick riskieren.
Knapp
4 von 10

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