Review

Alles in allem enttäuschend

Jedes ungerade Jahr darf ich mich seit 2007 nun auf einen neuen Zack Snyder-Film im Blockbuster-Format freuen. Und wurde bislang nicht enttäuscht, auch wenn "Watchmen" gegenüber der Vorlage einiges zu wünschen übrig ließ und zuletzt nur "Sucker Punch" ein wirklich außergewöhnlicher Film war - Snyder ist in jedem Fall ein Visionär wie ihn diese Industrie in dem Format sonst leider nicht hat. Sein Talent offensiv-provozierende Wunderwelten mit nietzscheanischem Anstrich zu entwerfen, und damit ein Überwältigungskino ästhetisch zu beflügeln, scheint ungebrochen, nur hier leider doch etwas gefesselt - dabei verlangt gerade Superman einen Entfesselungskünstler. Schade.
Doch was war dafür eigentlich Schuld - wäre sonst alles da für eine postmodern gelungene Superhelden-Biografie: der Film ist einerseits richtig groß, andererseits sehr assoziativ und entsprechend widersprüchlich. Der Schnitt mit besonders kurzatmigen Szenen das eindeutige Highlight - geschickt werden ständig Clark Kent's Lebenserfahrungen auf der Erde abgeklappert, genau so dass sie ein stimmungsvolles Ganzes ergeben. Selbst dann nachdem der Film eigentlich schon fast vorbei ist fügt sich noch ein kleines Puzzleteil im Daily Planet hinzu. Sämtlicher Superman-Ballast existiert in "Man of Steel" nicht: Lex Luthor wird konsequent auf den Namen seiner Firma mit explodierenden Fahrzeugen reduziert.
War es die Ehrfurcht vor der Vorlage? Mit einiger Begründung ja DER amerikanischen Mythologie?
Nein, das ist kein ellenlang gehaltenes Epos wie die "Dark Knight"-Trilogie: die zweieinhalb Stunden vergehen selbst wie im Fluge. Die Kampfszenen setzen auf schnelle Kombinationen - und einem ebensolchen Spiel mit der Zeit - wie es etwa die "Arkham"-Videospiele um Batman vorgemacht haben. Also der ausbreitende Einfluss David S. Goyer's und Christopher Nolan's kann es so keineswegs gewesen sein, denn beide sind in diesem Film demnach kaum zu spüren. Selbst Hans Zimmers Score passt sich dem üblichen Snyder-Treiben an.
Bleibt der aufgedrängt wirkende Supporting-Cast in Form von Russel Crowe, Kevin Costner, Diane Lane und Laurence Fishburne als Perry White. Costner ist einfach schon zu alt für diese verjüngte Vaterrolle gewesen, auch Mutter Lane wirkte nur aufgesetzt auf mich. Während Crowe im Brando-Part wie in einem seiner üblichen Vehikel eingeführt wird, um dann den ganzen Film hindurch als technisierter Geist immer wieder zu erscheinen. Später funktioniert sein Part auch irgendwie, nur kann es halt nicht zwei Supermen in einem Film geben.
Zumal der Sohn seine Sache wirklich gut macht: erstmals fühlt sich ein Darsteller im Film wirklich wie ein überlegner Blitz an, der mehr mit sich selbst als für die Welt oder gegen Widerstände darin kämpft. Wobei Michael Shannon sowieso ein vorbildlicher Villain General Zod ist - keiner kann rechtschaffen-böse Charaktere besser spielen als er. Das hat er in "Boardwalk Empire" mehr als einmal bewiesen. Bemerkenswert ebenfalls sein weiblicher Sidekick - die deutsche Antje Traue.

Dafür erinnerte mich Krypton, das offenbar ein Highlight des Films sein soll, wieder unangenehm an das Videospiel "Lair": Fantasy mit Drachen würde ich dort nunmal nicht erwarten. Auch ist es für mich nicht nachvollziehbar wie diese dermaßen fortschrittliche Gesellschaft mit ihrer originell plastischen Medientechnik dermaßen kurzsichtig-selbstzerstörerisch hätte enden sollen. Fast kommt es mir so vor als solle die ökologistische Botschaft des Films "Noah" vorbereiten. Beinahe beschämend.
Schließlich agiert der "Mann aus Stahl", der den ganzen Film hindurch nie direkt als "Superman" angesprochen wird, dermaßen rücksichtslos auf Stadt und Land seiner neuen Heimat, dass selbst der für das sich schon ankündigende Sequel kommende Batman Ben Affleck praktisch nur den Kopf schütteln kann. Einige Szenen erinnern dabei an CGI-Varianten von Eindrücken aus "Superman IV".

Seis drum: die Psychologie welche Bryan Singer bloß angedeutet hat kommt hier voll zur Geltung. Und dieser Film distanziert sich auch erstmals deutlich von der modernen Originalverfilmung Richard Donners.
Schließlich ist Amy Adams die beste Lois Lane die ich je gesehen habe. Sie schlägt sogar Anne Heche in der "Superman: Doomsday"-Verfilmung unter der Dialogregie von Andrea Romano. Und das will für dieses Hollywood schon was heißen -

Rating 7.0

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