Henry Cavill spielt Clark Kent alias Superman. Als Kind von seinem Vater, gespielt von Russell Crowe vom sterbenden Heimatplaneten zur Erde geschickt und dort von einem Farmer, gespielt von Kevin Costner, aufgezogen, holt ihn die Vergangenheit wieder ein. Der Mann, der seinen Vater tötete, gespielt von Michael Shannon, erfährt, dass sich der verlorene Sohn auf der Erde befindet und ein Objekt bei sich hat, das den Fortbestand der eigenen Art sichern könnte.
Hohe Erwartungen haben ihre Vor- und Nachteile. Sie erregen viel Aufmerksamkeit und garantieren damit hohe Einspielergebnisse. Sie sind aber auch nicht einfach zu erfüllen. Und im Fall von “Man of Steel“ waren sie enorm hoch. Christopher Nolan, der momentan wohl beste und erfolgreichste Regisseur und Autor, den Hollywood zu bieten hat, war als Autor und Produzent beteiligt, nachdem er bereits dem dunklen Ritter mit “Batman Begins“, “The Dark Knight“ und “The Dark Knight Rises“ ein furioses Reboot verpasst hatte. Ebenfalls am Drehbuch beteiligt war David S. Goyer, der sich etwa mit “Dark City“ einen Namen machen konnte und darüber hinaus an den Büchern zur “Batman“-Trilogie mitgewirkt hatte. Dazu ein namenhafter Cast, Zack Snyder, der “300“ und “Watchmen“ inszenierte, auf dem Regiestuhl, Musik von Hans Zimmer, das volle Programm eben.
Dem Film sieht man jedenfalls an, dass seine Macher hier ein ähnliches Meisterwerk wie “The Dark Knight“ auf die Leinwand zaubern wollten, so wirkt der Film bemüht, mitunter ein wenig zu bemüht. Deswegen, oder dennoch, ist “Man of Steel“ letztlich ein guter Film geworden, vielleicht sogar ein sehr guter. Fraglich ist nur, ob ihn das rettet, wenn das Publikum einen überragenden erwartet.
Überraschend ist besonders, wie schwach das Drehbuch geworden ist, zweifelsohne Nolans schlechteste Arbeit. Es ist nicht schlecht, aber mittelmäßig, kaum zu glauben, dass es vom Autor von “Memento“ und “Inception“ stammen soll. Nolan deutet zwar den einen oder anderen inneren Konflikt rund um seine Hauptfigur an, die sich etwa fragen muss, wie die Menschheit auf sie und ihre Fähigkeiten reagieren wird, zumal der leibliche Vater und der Ziehvater hier unterschiedliche Standpunkte vertreten. Soll er seine Kräfte öffentlich zeigen, den Menschen helfen, oder werden diese vielleicht Angst vor ihm haben? Gut ausgearbeitet wird der Konflikt dann aber nicht, Superman ist ein Held, nicht mehr und nicht weniger, sein Gegner ist ein rücksichtsloser Schurke. Bei “Batman“ war Nolan noch bestrebt, seinen Figuren Tiefe zu verleihen, Helden und Schurken mit Ecken und Kanten zu zeigen, auch Helden, die zu Schurken werden. Damit hat er sich mitunter sehr weit von der Comic-Vorlage entfernt. Hier geht Nolan leider keinen Schritt weiter, er entfernt sich nicht weit genug von den Figuren der Vorlage, um ihnen Tiefe einzuhauchen.
Der Plot ist dagegen etwas besser ausgearbeitet. Besonders die Rückblenden in die Kindheit des Helden sind ganz gut gewählt, weil sie so ins laufende Geschehen einfließen und den Auftakt nicht allzu sehr in die Länge ziehen, wenngleich die Geburt des Helden sehr vorhersehbar verläuft, man kennt dies schließlich alles bereits mehr oder weniger aus den Vorgängern. Es kommt aber letztlich zu keinen Brüchen und die Figuren gewinnen an Profil, aber eben nicht wirklich an Tiefe. Zum Ende hin versackt der Film dann ärgerlicherweise allzu sehr in den bekannten Handlungsbahnen des Genres, doch für viele Schwächen entschädigt Snyders Inszenierung.
Snyder liefert eine visuell ausgesprochen eindrucksvolle Arbeit ab. Bereits der Auftakt auf dem Heimatplaneten des Helden kann sich sehen lassen, was Effekte, Design und Action-Sequenzen angeht und auch im weiteren Verlauf des Films wird für hervorragende Schauwerte gesorgt. Die Schauplätze sind stets gut gewählt, die Bilder perfekt durchkombiniert. Qualitativ wie quantitativ ist “Man of Steel“ was die Action-Sequenzen angeht kaum zu übertreffen, reines Überwältigungskino, wenngleich man das Ganze in 3D nicht unbedingt gebraucht hätte. Hinzu kommen viel Pathos, viel Ernst und wenig Eigenironie sowie der mitunter allzu pompöse Score von Hans Zimmer. Das kann man dem Film übel nehmen, oder aber auch nicht, bei der Bilderflut, die hier abgeliefert wird. Gerade das Finale, das ein wenig an “Matrix Revolutions“ erinnert, ist besonders beeindruckend geworden und entschädigt für einiges. Und wem sollte das Pathos sonst gut stehen, wenn nicht Superman?
Hinzu kommt ein hervorragender Cast. Henry Cavill spielt die Hauptrolle ordentlich, hat das nötige Charisma und die Präsenz, die er für die Rolle benötigt. Daneben sind zahlreiche gute (Laurence Fishburne, Diane Lane, Kevin Kostner) und auch sehr gute (Amy Adams, Russel Crowe, Michael Shannon) Nebendarsteller zu sehen. Besonders Amy Adams stellt dabei in einer eigentlich recht eindimensionalen Rolle ihre ganze Klasse unter Beweis und zeigt, wie schon zuletzt in “The Fighter“, dass sie zu den momentan besten Darstellerinnen Hollywoods gehört.
Fazit:
Anders als bei “Batman“, entfernt sich Nolans und Snyders “Superman“-Reboot nicht allzu weit vom Kern der alten Filme. Der Held hat keine Ecken und Kanten, allgemein erreicht der Film nicht die Tiefe von Nolans “Dark Knight“ oder Snyders “Watchmen“, stattdessen gibt es hier, wie bei den Klassikern, viel Pathos und eine kalkulierbare Handlung. Dennoch ist “Man of Steel“ ein guter Film geworden, visuell beeindruckend, durchweg unterhaltsam und gut gespielt. Einen Nolan hätte man dafür jedoch nicht gebraucht.
79%